Der frühere UBS-Händler Kweku Adoboli, der mit Fehlspekulationen 2011 die Schweizer Grossbank in eine tiefe Krise stürzte und dafür im Gefängnis sass, reagiert auf einen Artikel von finews.ch.

finews.ch porträtierte am (heutigen) Dienstag den UBS-Auditor Georges Gamma, der Mitglied des Untersuchungsteams war, nachdem der UBS-Händler Kweku Adoboli 2011 den grössten Bankbetrug der Geschichte Grossbritanniens begangen hatte.

Gamma ging in seinem kürzlichen Referat vor der CFA Society Switzerland in Zürich der Frage nach, wie jemand zu einem Finanzkriminellen – auf Englisch «Rogue Trader» – mutieren könne. Dabei kam der Bankmanager zum Schluss, dass es oftmals nicht nur Gier sei, die manche Leute zu betrügerischen Handlungen verleite, sondern ebenso die Sucht nach Adrenalin und Anerkennung.

Altmodisch und fehlgeleitet

Sie seien schlau und könnten jede Lücke im Sicherheitsnetz des Risikomanagements und der Kontrollfunktionen ausnützen, sagte Gamma mit Bezug auf sogenannte Rogue Traders. Er nannte Adoboli allerdings nicht explizit.

Meist sei es auch ein Versagen einer ganzen Sicherheitskette, die illegale Praktiken in Handelsräumen erst ermögliche, fuhr Gamma fort, vielfach versage die Kommunikation zwischen den einzelnen Einheiten im Backoffice, in den Operations-Bereichen und in der Finanzkontrolle.

Hier hakte nun Adoboli ein und erklärte gegenüber finews.ch, das allein sei ein altmodisches und fehlgeleitetes Denken, das auf der Annahme beruhe, schlechte Menschen würden schlechte Dinge begehen. «So zu denken, ist engstirnig und kurzsichtig, insbesondere vor dem Hintergrund neuer Untersuchungen etwa von Margaret Heffernan und Maryam Kouchaki», sagte Adoboli.

Systematische Manipulationen

Die genannten Forscherinnen gehen unter anderem der Frage nach, wie der Umgang mit Geld die Menschen verändert, und wie wichtig vor diesem Hintergrund die Kultur in einem Unternehmen sei.

«Die Zunahme kultureller und systematischer Manipulationen in allen Bereichen unserer Gesellschaft ist vor allem auf fehlgeleitete Ansprüche zurückzuführen, überambitionierte Ziele zu erreichen», sagt Adoboli. «Das allein sollte uns Warnung genug sein, das viele Betrügereien nicht bloss das Problem einiger weniger Menschen sind», so der frühere UBS-Händler weiter.

Wegen guter Führung vorzeitig entlassen

Adoboli wurde im November 2012 in erster Instanz wegen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Er legte Ende 2012 Berufung gegen das Urteil ein, scheiterte am Londoner Berufungsgericht jedoch im Sommer 2014. Im Juni 2015 wurde er wegen guter Führung vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen.

«Viele Vergehen beruhen heute auf einer wachsenden Komplexität (unseres Alltags), einem Übermass an Konflikten sowie auf dem Druck, den manche Unternehmen und Institutionen (auf ihre Mitarbeiter) ausüben, um Erwartungen zu erfüllen, die in keiner Weise sozialverträglich sind», erklärt Adoboli.

Bloss Symptome behandelt

«Vielleicht durfte Georges Gamma bei seinen Nachforschungen die Kultur, die in der Bank vorherrschte, nicht genauer untersuchen. Damit erhärtet sich der Eindruck, dass auch hier bloss Symptome behandelt wurden, anstatt dem eigentlichen Übel auf den Grund zu gehen. Das macht mir Angst», so Adoboli weiter.

«Wir haben zweifelsohne noch einen weiten Weg vor uns, wenn wir negative Auswüchse vermeiden und stattdessen bessere Institutionen entwickeln wollen, die einen Mehrwert für unsere Gesellschaft erzielen», sagte Adoboli.

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