Die Banken kommen ihren Kunden immer näher, heisst es. Eigentlich vor allem ihrem Portemonnaie, findet IFZ-Dozent und Finanzexperte Nils Hafner.

Dr. Nils Hafner ist internationaler Experte für den Auf- und Ausbau profitabler Kundenbeziehungen.

Es scheint das Mantra der Banken zu sein, um aus der Krise heraus zu wachsen: Kundenorientierung. Aber offenbar ist eine konsequente Orientierung auf Kunden und ihre Bedürfnisse häufig nur ein Lippenbekenntnis.

Jedenfalls hat keine Schweizer Bank einen Chief Customer Officer. einen CCO. Kein Wunder, dass kundenorientiertem Wachstum hierzulande enge Grenzen gesetzt sind.

Hafner.159Taten statt Worte

Die Einrichtung eines Chief Customer Officers wäre ein konsequenter Schritt hin zu einer kundenorientierten konfliktreduzierten Organisation im Banking.

Mit seiner Ernennung als Mitglied der Geschäftsleitung positioniert sich das Unternehmen. Der CCO komplettiert den schon bekannten Reigen von Leitungsfunktionen im Unternehmen: CEO, CFO,  CRO, CIO, CTO usw. Dabei wird die Problematik der Matrix, die häufig in den Banken mit mehreren Segmenten herrscht, aufgehoben und durch eine streng vertikale Führung im Kundenbereich ersetzt.

Advokat des Kunden


Der Chief Customer Officer fungiert als Advokat des Kunden in der Geschäftsleitung.. Es geht bei der Ausgestaltung dieser Aufgabe darum, die grundsätzlichen Interessen des Kunden zu erkennen umzusetzen und auch langfristig zu wahren. Aus Unternehmenssicht hat der CCO damit vier übergeordnete Ziele:

  • Die Erzielung von Umsätzen und Gewinnen durch den aktiven Verkauf von Produkten und Dienstleistungen einer Bank sicherzustellen.
  • Das ideale Verhältnis der Investitionen in Kundenakquisition und Kundenbindung zu finden und sicherzustellen.
  • Den notwendigen unternehmerischen Wandel hin zu einer kundenorientierten Unternehmung anhand der Kundenbedürfnisse und des Kundenwerts zu fördern und zu treiben.
  • Auswirkungen einzelner Massnahmen der Gesamtbank im Hinblick auf Wachstum und Kosteneffizienz auf die wahrgenommene Kundenorientierung der Bank aufzuzeigen und ggf. zu beeinflussen.

Um diese Ziele erreichen zu können, sollte der CCO auch über die entsprechenden organisatorischen Kompetenzen verfügen. Im Idealfall unterstehen ihm die Bereiche Marketing, Vertrieb und Beratung. Er verfügt zusätzlich über eine Schnittstelle einerseits in den Bereich der Operations und hat andererseits eine starke Schnittstelle zum Risk Management – idealerweise zum  Chief Risk Officer , um die wichtigsten Reputationsrisiken der Bank frühzeitig zu erkennen und steuern zu können, da diese die Zielerreichung massiv beeinflussen können.

Vielfältiger Job

Der CCO trägt die Verantwortung für die strukturierte Aufnahme der Kundenbedürfnisse an die Bank: Das gilt für alle Kundensegmente. Hierin liegt die Abgrenzung zu den heute üblichen Segmentsverantwortlichen einer Bank in der Geschäftsleitung.

Zwar kennen die Verantwortlichen für Retail Banking, Private Banking, Geschäftskunden und Investment Banking in der Regel die Anforderungen ihrer jeweiligen Kunden gut. Jedoch werden diese Anforderungen nicht oder zu wenig auf Geschäftsleitungsebene konsolidiert und sind daher häufig Spielfeld machtpolitischer Aktivitäten im Unternehmen.

Die Segmentskoordination und die Segmentsdurchlässigkeit zwischen den Segmenten des Retail Banking, Private Banking und Corporate Banking sollte daher im Verantwortungsbereich einer übergeordneten Instanz wie der des CCO liegen.

Er trägt die Verantwortung für die Erfüllung der Kundenbedürfnisse. Das bedeutet, dass der CCO für die Zielsetzung und Zielerreichung in den Bereichen Marketing, Vertrieb/Beratung und Service zuständig ist. Dies stellt primär Anforderungen an die Übersetzung von Kundenbedürfnissen auf die Produktentwicklung.

Andererseits müssen die Prozesse in Marketing und Vertrieb sowie im Service der Bank ebenfalls überprüft werden. Wichtig dafür ist aber auch, dass alle Mitarbeiter der Bank im Kundenkontakt das Markenversprechen kennen und zu ihrer Erfüllung beitragen können und wollen.

Ansprechpartner


Der CCO Ansprechpartner ist in Krisen, in denen die Geschäftsbeziehung mit Kunden gefährdet sind, beispielsweise bei Beschwerden, Konflikten oder Meinungsdifferenzen mit potentiell besonders wertvollen Kunden. Damit ist der CCO kraft seiner Position Visitenkarte der Bank. Die gilt vor allem dann, wenn die Bank beispielsweise in irgendeiner Form Fehler gemacht hat, die die Reputation der Bank in den Augen der Kunden gefährden können.

Es gilt dabei für den CCO Risiken zu erkennen, in der Geschäftsleitung auf die Konsequenzen für die Beurteilung durch die Kunden der Bank hinzuweisen und zur systematischen Beseitigung der zugrunde liegenden Ursachen gezielte Vorschläge zu machen.

«Customer focussed Change»

Er ist Auftraggeber der wichtigsten Entwicklungsprojekte zum Thema «Customer focussed Change» und sorgt dafür, dass in diesem Bereich Ressourcen freigegeben werden können.  Er bildet dabei ein Gegengewicht zum Finanz- oder Controllingverantwortlichen des Unternehmens, der aufgrund seiner Rolle die Kostensenkung und Effizienz fokussieren sollte.

Dabei liegt es in der gemeinsamen Verantwortung von CCO und Controlling mit einem modernen Instrumentarium zur Berechnung des Kundenwerts diese Zielkonflikte sachlich lösen zu können und aufzuzeigen, in welche Potentialkunden – trotz aller Anstrengungen die Gesamtkosten der Bank zu senken – investiert werden sollte.

Diese Aufgabenfelder stellen hohe Anforderungen an die Person des CCO: Er muss in der Lage sein, die vielfältigen Schnittstellen zu managen. Jedoch sollte er auch die operativ tätigen Einheiten führen und motivieren können.

Kommunikationsfähigkeiten, Durchsetzungsvermögen in der Führung, Methodensicherheit, Erfahrung und ein konsequenter Perspektivwechsel, um aus der Kundensicht denken zu können, sind Grundlagenanforderungen an eine derartige Stelle.

Ein (Aus-)Bildungsproblem

Das zur Zeit vorherrschende Problem bei der Umsetzung der CCO Aufgaben in die Praxis im Banking in der Schweiz liegt dabei massgeblich in der Ausbildung der Banker – vielleicht auch in der Einsicht der Bankführung.

Die Studienrichtungen «Banking&Finance» der meisten Universitäten und Fachhochschulen adressieren die Ausbildung kundenfokussierter Themen sowie die damit verbundenen Anforderungen an das Management und die Schnittstellen nicht oder nicht stark genug.

Das IFZ Institut für Finanzdienstleistungen Zug bietet das das Zertifikatsstudium «Customer Focus für Banken und Versicherungen» an.

Nils Hafner leitet das CAS «Customer Focus» am Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ. In seinem Blog «Hafner on CRM» beleuchtet er die interessanten, spannenden, schönen und skurrilen Seiten des Themas.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.79%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.31%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    15.49%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    45.63%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.78%
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