Hinter Begriffen wie Social Banking, Community Banking oder New Business Solutions stehen nach wie vor eher diffuse Vorstellungen. Worum geht es wirklich?

Dirk_Elsner_150Dirk Elsner war mehrere Jahre Banker, er ist heute Unternehmensberater und betreibt den «Blick Log», einen Weblog über Wirtschaft, Finanzen, Management und mehr. Er schreibt ab heute auch für finews.ch.

Hinter diesen Buzz-Worten versteckt sich eine nicht mehr ganz brandneue Philosophie im Banking, deren Merkmale etwa offene und gleichberechtigte Kommunikation, hohe Transparenz über Leistungen und Gegenleistungen und vor allem kooperative Informations- und Leistungsergänzung auszeichnen.

Nichts mit Banking 2.0 hat es aber zu tun, wenn eine Bank per Twitter oder Facebook lediglich ihre Kommunikationskanäle erweitert. Immerhin könnte der Versuch schon als Fortschritt bewertet werden.

Lediglich vom Zeitgeist getrieben?

Den Protagoisten der neuen Szene, die wie Smava, Fidor, Noa, Sharewise, Investor oder Seedmatch die Landschaft mit neuen Produkten bereichern, wird unterschwellig nachgesagt, ihren materiellen Umsetzungen des Banking 2.0 mangele es noch an ökonomischer Durchschlagskraft.

Daher werden diese Entwicklungen, wie alle Technologie getriebenen Neuentwicklungen, mit Skepsis und Vorurteilen begleitet. So bewertete jüngst ein Unternehmensberater die «Geschäftsmodelle als lediglich vom Zeitgeist getrieben».

Viel zu unsicher

Solche Sätze erinnern freilich an die Zeit, als das Internet-Banking Anfang der neunziger Jahre in den USA startete und man in Deutschland den Kontoauszugsdrucker als bahnbrechende Innovation feierte. Onlinebanking per Internet dagegen sei viel zu unsicher und würde sich nicht durchsetzen, hieß es damals in vielen Fachbeiträgen und Gesprächen.

Einige Vertreter des klassischen Bankings mögen gern der Aussage des oben zitierten Unternehmensberaters folgen. Sie liefert nämlich eine ausgezeichnete Rechtfertigung, sich nicht mit neuen Entwicklungen im Finanzwesen und den stark sich ändernden Kundenbedürfnissen befassen zu müssen.

Guter Überblick

Banking 2.0 packt man in eine «Nerd-Ecke» und hofft auf die Bewahrung bestehender Geschäftsmodelle. Wenn man könnte, würde man wohl auch noch Briefe auf einer mechanischen Schreibmaschine tippen und mit Lochkarten buchen, weil die nicht «abstürzen» und Daten nicht versehentlich gelöscht und gehackt werden können.

Wem die zu kurz gesprungen ist, dem bieten sich unterschiedlichste Wege der Kenntnisanreichung an. Für einen gut strukturierten Überblick neuer Entwicklungen sorgt Lothar Lochmaier mit seinem hier schon häufiger erwähnten Buch: Die Bank sind wir: Chancen und Perspektiven von Social Banking.

Evangelium der Finanzwelt

Es liefert einen fundierten Überblick der neuen Entwicklungslinien vor allem im Retailgeschäft. Dabei unterliegt er übrigens im Gegensatz zu manchem Web 2.0-Guru nicht der Versuchung, Hype-2.0 zum neuen, allein glücklich machenden Evangelium der Finanzwelt auszurufen.

Lochmaier durchleuchtet zahlreiche Ansätze vieler bis Ende 2009 entstandener Konzepte. Wer sich aktueller halten will, der wird in seinem Blog Social Banking 2.0 fündig (weitere lesenswerte deutschsprachige Quellen Finance 2.0 und Peer-to-Peer-Kredite.

Bleiben Sie dort stehen, wo die Jungen sind

Noch spannender als die Lektüre von Buch- und Blogbeiträge, finde ich den Denkansatz des für das Privatkundengeschäfts zuständigen Vorstandsmitglieds der Kreissparkasse Hannover, Axel Dankert.

Dankert hat auf einem Diskussionsrunde auf der Cebit den anwesenden Vertretern der Sparkassen einen Tipp gegeben: «Gehen Sie hier einmal durch die Hallen der CeBIT und lassen sich ein wenig treiben. Bleiben Sie dann dort stehen, wo es voll ist und sich viele junge Leute aufhalten. Schauen Sie, wofür die sich interessieren und überlegen dann, was das für Ihr Geschäft bedeutet.»

Permanentes Work in Progress

Ich weiss nicht, ob und in welchem Umfang die Sparkasse Hannover diese Entwicklung tatsächlich umsetzt, aber Herr Dankert hat Recht, denn mit der digitalen Generation wachsen ganz andere Erwartungen an die Geschäftsmodelle der Banken heran.

Mit Mr. Fidor, Matthias Kröner, philosophierte ich unlängst darüber, dass viele Banker, wenn sie Banking 2.0 hören, gern eine Definition wünschen und ein abgeschlossenes Geschäftsmodell mit konkreten Produkten sehen wollen.

Wir waren uns darüber einig, dass es so etwas nicht geben kann und auch der 2.0-Philosophie selbst widerspricht. Banking 2.0 ist ein permantes Work in Progress und entzieht sich mindestens den klassischen Produktdefinitionen im Bankgeschäft. Aber Herrn Dankerts Vorschlag enthält mehr 2.0-Philosophie, als er möglicherweise ahnt.

 

 

 

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