Der Schweizer Lukas Ruflin ist die Antwort auf die abgehobenen Banker. Die Anerkennung hat er indes noch nicht. Der Vizechef von EFG International muss erst noch liefern, wie er gegenüber finews.ch einräumt.

Lukas_Ruflin_500Eigentlich war Lukas Ruflin (Bild links) schon immer ein Exot. Der Ostschweizer Arztsohn kam im afrikanischen Lesotho zur Welt. Von daher stammt auch sein zweiter – exotischer – Vorname Thabo. Später verbrachte er einen Teil seiner Kindheit in Kamerun, wo seine Eltern ein Spital leiteten, und wo man ihn einfach «Le Blanc» nannte.

Nach der Matur in St. Gallen bewarb er sich bei der Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers um eine Praktikumsstelle – in Moskau. So sammelte er erneut höchst aussergewöhnliche Erfahrungen. Russisch spricht er noch heute fliessend.

120-Stunden-Woche

Diese Bereitschaft, in immer neue Welten einzutauchen und sich mit Herz und Seele einer Sache zu verschreiben, zieht sich wie ein roter Faden durch Ruflins Werdegang. Auch nach dem Wirtschaftsstudium an der Hochschule St. Gallen, als er ins Bankfach wechselt. Für J.P. Morgan und Lehman Brothers schuftet er manchmal bis zu 120 Stunden die Woche.

Doch die Abgehobenheit der Investmentbanker geht ihm eindeutig ab. Bis heute wirkt er allzu geerdet, nüchtern und aufmerksam. Ein Exot ist der 36-Jährige trotzdem geblieben; heute, als stellvertretender Chef in dem international bunt zusammen gewürfelten Top-Management von EFG International.

Aggressive Abwerbung

EFG_FrontWenngleich das Unternehmen zu den grössten Vermögensverwaltungsbanken der Schweiz zählt, ist es hierzulande wenig bekannt. Das mag an der internationalen Ausrichtung des Hauses liegen oder an der Tatsache, dass der grösste Aktionär mit 49 Prozent eine luxemburgische Holding ist, die von der griechischstämmigen, heute aber schweizerischen Milliardärsfamilie Latsis kontrolliert wird.

Für Aufmerksamkeit sorgte die Bank zunächst 2005, als sie an die Schweizer Börse ging und sich rasch in den Olymp der Hochfinanz katapultierte. Gleichzeitig schuf sie sich in der Branche durch die aggressive Abwerbung von Kundenberatern bei der Konkurrenz mehr Feinde als Freunde. In die Schlagzeilen kam EFG dann nochmals im Sog der Finanzkrise, als die Firma erhebliche Probleme bekundete, an denen sie noch heute leidet.

Verlust und Abschreibungen

Vor allem auf Grund einer allzu forcierten Expansionsstrategie im hoch volatilen Hedge-Fund-Sektor erlitt das Unternehmen allein im letzten Jahr nach Abschreibungen von mehr als 850 Millionen Franken einen Verlust von 721,8 Millionen Franken. Und erst vor zwei Wochen signalisierte das Unternehmen, dass die aktuelle Gewinnentwicklung als Folge des starken Schweizer Franken hinter dem Ziel eines Jahresergebnisses von 200 Millionen Franken zurückliege.

Hier rächt sich der Umstand, dass die Bank 95 Prozent ihrer Erträge in Fremdwährungen erzielt, aber 40 Prozent der Kosten in Franken anfallen. Kein Wunder dümpelt der Kurs der EFG-Aktie lustlos auf 13 Franken vor sich hin. In den besten Zeiten notierte das Papier stolze 60 Franken.

Fragen wegen Griechenland

«Wenn ich zu ausschweifend werde, unterbrechen Sie mich einfach», bittet der noch immer jungenhaft wirkende Ruflin und diagnostiziert eine Vertrauenskrise, seit die Investorenwelt dem einstigen Börsenstar EFG International die Liebe entzogen hat. Denn im Verlauf der Finanzkrise reduzierten tatsächlich viele Anleger ihre Erwartungen bei Wachstumsunternehmen im Bankensektor.

Anlass zu Fragen gibt aber immer auch die Tatsache, dass EFG International von einer ursprünglich griechisch-stämmigen Familie kontrolliert wird, die ihrerseits namhafte Beteiligungen in Griechenland hält, etwa an einer hellenischen Bank sowie im Erdölsektor.

Kampf den Steuerflüchtlingen

Vor diesem Hintergrund befürchten manche Anleger, dass bei anhaltenden Turbulenzen oder tief greifenden Restrukturierungsschritten in Griechenland auch EFG International betroffen sein könnte. Diese Ängste erhalten nun noch zusätzlich Nahrung: Die griechische Regierung hat Steuerflüchtlingen den Kampf angesagt und deshalb direkt Verhandlungen mit der Schweiz aufgenommen, um hier griechische Vermögensanlagen zu überwachen.

Das Gros der Klientel von EFG International seien nicht Griechen, sondern europäische, lateinamerikanische sowie asiatische Kunden, kontert Ruflin. EFG sei eine Schweizer Bankgengruppe ohne Verbindung zu Griechenland und juristisch absolut unabhängig von anderen Latsis-Gesellschaften.

Keinerlei Unregelmässigkeiten

Und selber beschränkten sich die Engagements von EFG International in Griechenland auf gerade einmal ein halbes Prozent der gesamten Bilanzsumme von 21 Milliarden Franken, hält Ruflin fest.

Bei der schweizerischen Finanzmarktaufsicht Finma gibt es keinen Anhaltspunkt bezüglich irgendwelcher Unregelmässigkeiten wie etwa Geldwäscherei bei EFG International. So wird Ruflin nicht müde, zu betonen, sei EFG International eine Schweizer Bankgengruppe ohne Verbindung zu Griechenland und juristisch absolut unabhängig von anderen Latsis-Gesellschaften.

Bis zu 50 Kundenberater gesucht

«Es liegt an uns, das Vertrauen der Anleger zurückzugewinnen. Das ist uns bewusst», sagt Ruflin. Immerhin, so fährt er fort, gebe es auch positive Anzeichen. Seit dem Börsengang hätten sich die weltweit verwalteten Vermögen von 36 Milliarden Franken auf 85 Milliarden Franken erhöht. Der Neugeld-Zufluss sei auch in den letzten zwölf Monaten mit einem Plus von 13 Prozent oder 11 Milliarden Franken stets zweistellig geblieben.

Zudem sei die Bank solide kapitalisiert. Und mit der Anwerbung von 25 bis 50 weiteren Kundenberatern im laufenden Jahr halte man an der eingeschlagenen Wachstumsstrategie mit wohlhabenden Privatkunden rund um den Globus fest.

Unaufgeregt, etwas bedächtig, hoch intelligent

Lonnie_HowellBislang ist es dem Unternehmen aber nicht gelungen, die Vorbehalte der Investoren zu entkräften. Gemeinsam mit Konzernchef Lawrence «Lonnie» Howell (Bild links) ist das nun Ruflins Job, wobei ihm diese Aufgabe vor allem hierzulande zufällt. Denn wenn einer in der kosmopolitischen EFG-Geschäftsleitung die Swissness verkörpert, die sich die Bank so gerne auf die Fahne schreibt, dann ist es Ruflin.

Unaufgeregt, etwas bedächtig, aber hoch intelligent und klar argumentierend: Ohne Zweifel zählt er neben Julius-Bär-CEO Boris Collardi oder Vontobel-Chef Zeno Staub zu den Leuchtgestalten einer neuen Generation von Swiss Bankern.

Ein anderes Selbstverständnis

Es sind Leute, die ihr Metier mit einem anderen Selbstverständnis angehen – ohne jegliche Pfründen aus der Vergangenheit, dafür leistungsorientiert, doch mit einem guten Mass an No-Nonsense-Attitude. Und es sind auch keine Karrieristen, die dank ihrer familiären Herkunft oder im Hors-Sol-Klima einer Schweizer Grossbank noch oben gespült worden sind. Sie machen ihren Weg dank Beharrlichkeit, Interesse an der Sache und mit grossem persönlichem Engagement.

Kein Zweifel, die Herausforderung für Ruflin ist enorm; nicht zuletzt auch wegen des Geschäftsmodells von EFG International, wo alle Kundenberater als «Partner» eingestellt werden und ihnen die Bank die Infrastruktur zur Betreuung der Klientel zur Verfügung stellt.

Neider monieren

Unter diesen Prämissen ist das Unternehmen in den letzten Jahren vor allem im Ausland, namentlich in Südamerika und in Asien rasant gewachsen. Zu rasant, wie manche Neider monieren. Sie behaupten, dass EFG aus puren Wachstumsüberlegungen die notwendigen Vorabklärungen bezüglich der Herkunft der akquirierten Gelder nicht immer sachgemäss getroffen habe. Ruflin weist dies klar zurück.

Als börsenkotierte Schweizer Privatbank, die der schweizerischen Finanzmarktaufsicht (Finma) unterstellt sei, könne man es sich nicht leisten, geltende Bestimmungen zu missachten, betont er.

Interessen über den Tellerrand hinaus

Auch hier schimmert das veränderte Selbstbewusstsein der neuen Banker-Generation durch. Für Ruflin ist das Bankgeheimnis nicht mehr ein sakrosanktes, in Stein gemeisseltes Gut des Schweizer Finanzwesens und auch kein Werkzeug zur Steuerumgehung, sondern eine Einrichtung zum Schutz der finanziellen Privatsphäre; ein Wettbewerbsvorteil für die hiesigen Banken, genauso aber wie Zuverlässigkeit, Service und Performance.

Das sind neue Töne in einer einst so erfolgsverwöhnten Branche, die sich nun umso mehr in der grössten Selbstfindungsphase ihrer ganzen Geschichte bewegt. Das muss indessen nicht allzu sehr verwundern. Denn noch etwas zeichnet Banker wie Ruflin aus. Sie haben noch andere Interessen, die über den Tellerrand hinaus reichen.

Haus auf Stromboli

Der EFG-Vize spielt in seiner Freizeit Gitarre, liest leidenschaftlich viel, von Klassikern der Weltliteratur bis zu Abenteuerromanen, und er renoviert ein Haus auf Stromboli, das er vor einiger Zeit gekauft hat. Er gesteht auch: «Die 120-Stunden-Wochen als Investmentbanker möchte ich mir nicht mehr antun.»

So stellt sich unweigerlich die Frage, ob er im Bankwesen die letzte Herausforderung sieht. Ruflin zuckt mit den Schultern, überlegt, sagt dann: «Ich habe einen spannenden Job, und ich muss noch liefern. Das bin ich EFG schuldig, wo man mir eine grossartige Karriere ermöglicht hat. Ein Wechsel ist also kein Thema.»

Einmal Gärtner sein

«Wenn schon», fügt er nach einer weiteren Pause aber an, «würde ich wohl ausserhalb der Finanzbranche etwas machen wollen, vielleicht einmal in einer Gärtnerei arbeiten», sagt Ruflin mit der ihm eigenen Selbstverständlichkeit. Er wäre auch da wieder ein Exot.


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