Die Führung der Raiffeisen Gruppe erkennt in der Kooperation mit Vontobel ein wachsendes Ausfallsrisiko – nicht nur für sich selber, sondern auch für die Kunden.

Die Kooperation der Raiffeisen Gruppe mit der Bank Vontobel steht auf dem Prüfstand. Den neusten Ausdruck finden die Streitigkeiten im Wort «Klumpenrisiko».

Die Genossenschaftsbank bestätigt gegenüber finews.ch, dass die zahlreichen, von Vontobel emittierten und garantierten strukturierten Produkte, die sich mittlerweile in den Depots der Raiffeisen-Kunden häufen, tatsächlich ein Klumpenrisiko darstellen.

Bei Vontobel reagiert man verärgert

Ein Raiffeisen-Sprecher sagt im Gespräch mit finews.ch, dass das mit Vontobel als Emittent verbundene «Ausfallsrisiko» mittlerweile «wesentlich» sei.

Das verärgert die Leute bei Vontobel. Genaue Zahlen will jedoch keine Seite nennen. Gemäss Schätzung von finews.ch beläuft sich das Gesamtvolumen an Vontobel-Produkten in Raiffeisen-Depots auf über 20 Milliarden Franken:

  • 2010 wies Raiffeisen das Zeichnungsvolumen an strukturierten Produkten letztmals mit 800 Millionen Franken aus. In Reaktion auf die Lehman-Pleite 2008 gab Raiffeisen erst damals bekannt, dass sie für eine breitere Diversifikation neu mit verschiedenen Emittenten zusammenarbeite. Das heisst: Bis 2010 wurden alle verkauften Produkte allein durch Vontobel garantiert. Und: Nach dem Konkurs von Lehman war der Verkauf drastisch eingebrochen.
  • Für 2009 kommunizierte Raiffeisen, dass Vontobel für Kapitalschutzprodukte im Wert von 350 Millionen garantiert habe. Zudem: Der Gesamtbestand an strukturierten Produkten sei um 2 Prozent gestiegen. Hätte Raiffeisen nur Kapitalschutzprodukte und keine anderen Produkte von Vontobel an ihre Kunden verkauft, liesse dieser Betrag allein auf einen Gesamtbestand an strukturierten Produkten in ihren Kunden-Depots von 17,5 Milliarden Franken schliessen.
  • Für das Boomjahr 2007 bezifferte Raiffeisen das Verkaufsvolumen der strukturierten Raiffeisen-und-Bank-Vontobel-Produkte auf 4,1 Milliarden Franken.

Anfang vom Ende der Zusammenarbeit?

In diesem Zusammenhang fällt die Werbung der seit neustem zur Raiffeisen-Gruppe gehörende Privatbank Notenstein auf. In einseitigen, vierfarbigen Anzeigen bewirbt sie derzeit ein «Tracker-Zertifikat». Als Emissionsbank ist Julius Bär aufgeführt.

Per umfangreichen Kooperationsvertrag ist die Raiffeisen Gruppe allerdings seit 2004 in der Produkteentwicklung, im Vertrieb und in der Wertschriftenverwaltung an die Vontobel Gruppe gebunden. Der Vertrag gilt bis 2017.

Das ist Öl ins Feuer gegossen

Die Interessenskonflikte sind offenkundig, seit sich die Raiffeisen Gruppe mit Notenstein vor knapp einem Monat eine eigene Privatbank mit eigener Produkteentwicklung einverleibt hat. Sie werden auch von beiden Seiten bestätigt (siehe Dossier: «Der Fall Wegelin»).  

  • Auf Seiten Notenstein gibt man sich unbekümmert: «Aktuell evaluieren wir mögliche Kooperationsfelder zwischen Notenstein und Raiffeisen; auch im Produktebereich.» Bei der Wahl des Emittenten zur Herausgabe der garantierten Produkte, fühlen sich die Notenstein-Leute völlig ungebunden.
  • Auf Seiten Vontobel sieht man das anders: Für die Zürcher Bank falle Notenstein als Tochter der Raiffeisen Gruppe unter den umfangreichen Kooperationsvertrag und pocht auf seine Erfüllung. Der schreibe bis 2017 vor, in welchen Bereichen die Raiffeisen zwingend mit Vontobel kooperieren müsse. Die Details wurden aber nie veröffentlicht.

Vontobel will deeskalieren

Dabei wird mit harten Bandagen gekämpft, wie am vergangenen Wochende mit Pauken und Trompeten via Sonntagspresse angekündigte Rücktritt von Raiffeisenchef Pierin Vincenz aus dem Vontobel-Verwaltungsrat vermuten lässt.

Herbert_ScheidtBei Vontobel warnt man davor, den persönlichen Konflikt zwischen VR-Präsident Herbert Scheidt (Bild links oben) und Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz (Bild links unten) hoch zu stilisieren: «Es mag Dissonanzen geben. Die sind aber auf operativer Ebene nicht von Bedeutung», sagt ein Vontobel-Sprecher.

Klar ist, Raiffeisen und Vontobel müssen sich neu finden. Offen bleibt, wie:

  • «Die Zusammenarbeit muss neu definiert werden», heisst es bei Vontobel. Das sei allerdings «nicht über Nacht zu machen».
  • vincenz_HandeAuf Seiten Raiffeisen heisst es: «Das Verhältnis Raiffeisen, Notenstein und Vontobel muss sich weiter entwickeln. Wir sind noch nicht am Ende.»

Klar ist zudem, dass sich Vontobel gegen eine weitere Schwächung ihres grössten Ertragspfeilers, des Investmentbanking, wehrt.

Und klar ist nicht zuletzt ebenfalls, dass sich Raiffeisen mit einer Schädigung von Vontobel auch selber schaden würde. Besitzt sie doch eine Beteiligung von 12,5 Prozent plus Option auf mehr.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.08%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.76%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.46%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.47%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.23%
pixel