Der Schweizer Privatbankier Eric Syz ist einer der eigenwilligsten Vertreter seiner Zunft. Er kann es sich leisten, wie sich im Interview mit finews.ch zeigt.


Eric Syz 11

Herr Syz, mit dem Druck auf die Margen, dem rückläufigen Offshore-Geschäft und den Angriffen aus den USA präsentiert sich die Situation für die Schweizer Geldhäuser alles andere als rosig. Wo steht die Bank Syz?

Unser Verkaufsargument ist weder das Bankgeheimnis, noch der starke Franken. Wir bieten Expertise. Das war schon immer unsere Devise.

Das müssen Sie genauer erklären.

Das Bankgeheimnis, der harte Franken sowie die politische und juristische Sicherheit, das alles garantiert mir der Staat. Wenn ich mich als Bank profilieren will, muss ich etwas Zusätzliches, Standortunabhängiges bieten. Allein auf dem Bankgeheimnis kann kein langfristiges Geschäftsmodell mehr beruhen.

Welchen Mehrwert bietet die Bank Syz?

Wir sind eine Multi-Asset-Management-Boutique. Das heisst, wir sind auf eine Vielzahl von Investmentstrategien spezialisiert, mit denen wir aktiv Gelder verwalten. Dafür wollen wir entlöhnt werden und nicht, weil es ein Bankgeheimnis gibt. Die Bank Syz ist eine der wenigen Banken, die allen Kunden eine Performance-abhängige Entlöhnung anbietet.

Sind Sie von der Offshore-Thematik nicht betroffen?

Bestenfalls schwach davon tangiert. Von den 25 Milliarden Franken, die wir verwalten, sind nur etwa zehn Prozent private Offshore-Gelder, und davon ist ein geringer Teil unversteuert.


«Wir halten Ausschau nach Übernahmeobjekten»


Ein Grossteil unserer Depots stammt von institutionellen Kunden oder liegt in Fonds ohne Steuerproblematik.

Nicht alle Banken befinden sich in einer so beneidenswerten Lage. Wäre jetzt nicht ein günstiger Zeitpunkt, um ein anderes Institut zu übernehmen?

Natürlich halten wir Ausschau nach geeigneten Übernahmeobjekten. Doch eigentlich sind wir ein Asset Manager mit einer Banklizenz und nicht umgekehrt. Unsere Genetik ist in erster Linie die Vermögensverwaltung. Entsprechend suchen wir nicht primär eine Bank, bei der im schlimmsten Fall noch beträchtliche Mengen Schwarzgeld in den Tresoren schlummert, sondern Expertise im Investmentprozess. Solche Objekte gibt es in der Schweiz nicht sonderlich viele, und im Ausland dürften die Preise weiter sinken.

Viele Bankiers schwören auf Singapur. Ist der südostasiatische Stadtstaat die bessere Schweiz?

Wenn es nur darum geht, die «alte» Kundschaft aus steuerlichen Überlegungen von der Schweiz nach Singapur zu verlagern, dann sicherlich nicht.


«Der Aufwand in Singapur rechnet sich kaum»


Um jedoch die Märkte Indonesien, Taiwan, Thailand und Südkorea zu betreuen, kann Singapur durchaus als Einfallstor dienen. Allerdings setzt eine solche Strategie einen sehr langen Atem voraus. Ich glaube nicht, dass viele Schweizer Banken in Südostasien wirklich erfolgreich sind. Da wird ein enormer Aufwand betrieben, der sich kaum rechnet.

Mit anderen Worten, Singapur ist für die Bank Syz keine Option?

Wir haben bereits eine kleine Vertretung in Hongkong für die Vermarktung unserer Fonds in Asien. Ausserdem betreuen wir ein paar Einzelmandate für institutionelle Kunden. Derzeit klären wir ab, ob wir noch ein Advisory für Privatkunden anbieten sollten.

Was ist das?

Vor allem die Chinesen sind überaus aktive Anleger.. Entsprechend vergeben sie weniger Vermögensverwaltungsmandate. Um diese Klientel gleichwohl anzusprechen, haben wir vor, unsere Analysen und unsere Investment-Ideen aktiver zu vermarkten. Das verstehe ich unter Advisory.


«Wir sind von der US-Steuerthematik nicht tangiert»


In der Regel ist das Investment-Research nicht besonders originell oder innovativ. Hier möchten wir in die Bresche springen und interessanten Content bieten.

Betreuen Sie auch amerikanische Kunden?

Ja. Wir haben eine US-Lizenz und sind mit unseren deklarierten Kunden von der ganzen Steuerthematik mit den USA entsprechend nicht tangiert.

Seit dem Wahlsieg von François Hollande zieht es angeblich viele reiche Franzosen in die Schweiz. Hat sich diese Zuwanderung auch in ihrer Bank bereits bemerkbar gemacht?

Es gibt eine Menge Ammenmärchen, genauso wie es etwa heisst, in der Schweiz zahle man keine Steuern. Dabei sind wir ein Hochsteuerland.

Wie bitte?

Französische Unternehmer unterliegen zum Beispiel nicht der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung. Ihre Firmen gelten vielmehr als Arbeitsutensil, das nicht unter die Vermögenssteuer fällt – im Gegensatz zur Schweiz. Entsprechend konnte ich bis jetzt auch nicht feststellen, dass ein grosser Schwung Franzosen nach Genf gezogen wäre.


«Vom grossen Exodus haben wir nichts bemerkt»


Es bleibt auch abzuwarten, ob François Hollande sein Wahlversprechen einlöst, die Einkommensmillionäre mit 75 Prozent zu besteuern. Ich bin eher skeptisch. Wenn eine solche Abgabe kommt, dann so verwässert, dass nur wenige davon betroffen sind. Vom grossen Exodus aus Frankreich in die Schweiz ist zurzeit noch nichts zu bemerken.

Können Sie in der aktuellen Situation noch personell ausbauen?

Letztes Jahr haben wir aufgestockt. Als nicht-kotiertes Unternehmen können wir es uns leisten, langfristig zu investieren. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten wie jetzt kann es interessant sein, Kapital in die Hand zu nehmen und gute Leute anzuwerben.

Ein Börsengang der Bank Syz steht folglich nicht zur Diskussion?

Eigentlich nicht. Mit einer Publikumsöffnung werden Sie gezwungen, Dinge zu tun, die sich kurzfristig auf den Aktienkurs auswirken, aber langfristig nicht unbedingt Sinn machen respektive dem Unternehmen und seinen Aktionären nützen. Sie werden zum Sklaven der Börse.


«Ich sagte mir, eines Tages will ich eine eigene Bank haben»


Wieso sind Sie überhaupt Banker geworden?

Zahlen und die Börse haben mich immer interessiert. Nach meiner Schulzeit war ich ein Jahr lang bei der Zürcher Bank Guyerzeller tätig, bevor ich für nur einen Tag an die Universität nach London gegangen bin. Doch die Arbeit hat mir so gut gefallen, dass ich mir gesagt habe, eines Tages will ich eine eigene Bank haben.

Sie haben Anfang der achtziger Jahre über längere Zeit als Investmentbanker an der Wall Street gearbeitet. Finden Sie, dass sich die Schweizer Grossbanken heute von diesem volatilen und riskanten Geschäft trennen sollten ?

Investmentbanking und Vermögensverwaltung sind keine idealen Weggefährten. Die Erfolge in der Vermögensverwaltung haben es den beiden Grossbanken überhaupt ermöglicht, ins Investmentbanking einzusteigen. Aber es ist klar, dass es zwischen den beiden Sparten zu viele Interessenskonflikte gibt.

Was wäre die beste Lösung für unsere Grossbanken?

Entweder sie trennen die beiden Sparten voneinander, oder sie fahren das Investmentbanking herunter und betreiben bloss noch klassisches Advisory. Das heisst, sie beraten Firmen bei Kapitalmarkttransaktionen, Fusionen und Übernahmen. Dazu benötigen sie kaum Kapital.


«Mit einem Private Banker würde sich bald etwas ändern»


Es ist übrigens interessant, dass in den USA inzwischen einige Banken erwägen, Leute aus der Vermögensverwaltung an die Spitze zu befördern. Das deutet auf einen Meinungsumschwung hin.

Ein Trend, der die Schweiz aber noch nicht erreicht hat.

Dass die Schweizer Grossbanken in den letzten Jahrzehnten so Investmentbanking-lastig wurden, hat damit zu tun, dass ihre obersten Chefs aus diesem Bereich kamen respektive noch immer kommen. Wenn man einen Private Banker an die Spitze der UBS oder CS setzte, würde sich die Struktur bald ändern.

Verdienen die Top-Shots wirklich, was sie verdienen?

Diese grossen Lohnunterschiede sind fragwürdig. Es ist auch ein Unterschied, ob jemand Angestellter oder Besitzer eines Unternehmens ist. Wenn Sie selber Geld in die Hand nehmen und Risiken eingehen, ist es normal, dass Sie den Gewinn und die Dividenden einkassieren.


«Das führte zu einer massiven Selbstüberschätzung»


In den letzten Jahren gab es jedoch etliche CEOs, die sich ebenfalls als Besitzer gefühlt haben. Das führte zu einer massiven Selbstüberschätzung. Nun schlägt das Pendel zurück.

Würden Sie wieder Banker werden wollen?

Ja, weil es ein intellektuell anspruchsvoller und faszinierender Job ist.


Eric_Syz_2Der 55-jährige Eric Syz ist Co-Gründer und Managing Partner Bank Syz. Im Jahr 1975 machte er ein Bankpraktikum bei der Zürcher Bank Guyerzeller, bevor er von 1977 bis 1979 bei SG Warburg in London tätig war. Zwischen 1981 und 1984 arbeitete er als Investmentbanker beim amerikanischen Finanzkonzern Paine Webber an der Wall Street.

In der Folge kehrte er in die Schweiz zurück, wo er von 1984 bis 1995 für die Privatbank Lombard Odier tätig war. Im Jahr 1996 gründete er zusammen mit Alfredo Piacentini und Paolo Luban die in Genf domizilierte Banque Syz & Co.

Eric Syz hält knapp 70 Prozent an dem Unternehmen. Die Bank beschäftigt rund 450 Mitarbeiter und hat sich auf drei Geschäftsbereiche spezialisiert: Private Banking, institutionelle Vermögensverwaltung und Anlagefonds (Oyster). Insgesamt verwaltet sie rund 25 Milliarden Franken an Kundengeldern.

 

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.36%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.8%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.84%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.36%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.63%
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