Der zum Versicherungspräsidenten mutierte Grossbanker Josef Ackermann redet den Top-Managern ins Gewissen: Manche hätten die Bodenhaftung verloren.

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Die Frage sei berechtigt, ob die Finanzinstitute vor der Krise nicht zu modellgläubig geworden seien, sagte Josef Ackermann am Donnerstagabend bei seiner Rede vor der Zürcher Volkswirtschaftlichen Gesellschaft in Zürich.

Man habe Risiken modelliert und dabei den Unterschied zwischen Risiko und Unsicherheit übersehen. Das sei zu Lasten des gesunden Menschenverstands und zu Lasten einer breit abgestützten Beurteilung des Umfelds gegangen, erklärte der frühere Chef der Deutschen Bank, der seit Juni letzten Jahres Präsident des Verwaltungsrats der Zurich Insurance Group ist.

Der Souverän will keine Exzesse

Daraus nun zu schliessen, die Strategien der Finanzinstitute seien auf einfachere Geschäftsmodelle zu limitieren, scheint Ackermann jedoch falsch zu sein. Einer erfolgreichen Fortentwicklung werde es dienlicher sein, wenn die Finanzinstitute ihre Strategie der Risikotragfähigkeit anpassen.

«Dem ist hinzuzufügen, dass man auch in den Konzernspitzen stärker den gesunden Menschenverstand walten lassen sollte. Am einen oder anderen Ort hat man offensichtlich die Bodenhaftung verloren», so Ackermann weiter. Am wuchtigen Ja zur «Minder-Initiative» gebe es nichts herum zu deuten. «Der Souverän will keine Exzesse bei der Vergütung», betonte der frühere Chef der Deutschen Bank.

Weit verbreitetes Unbehagen

Bei genauerem Hinsehen entdecke man hinter der Entrüstung darüber auch ein weit verbreitetes Unbehagen an der marktwirtschaftlichen Ordnung», sagte Ackermann. «Von Raubtierkapitalismus ist die Rede. Die Gewinnerzielung wird verteufelt. Und es heisst, Markt und Moral seien unvereinbar. Die Signale sind unmissverständlich – der Markt soll an die Zügel gebunden werden.»

Ackermann scheint allerdings, das Pendel schlage zu weit aus: «Wir dürfen den Teufel nicht mit dem Beelzebuben austreiben.»

Soziale Ungerechtigkeit

Für den Zurich-Präsidenten ist nun die grösste Herausforderung, den Konsens über die Rolle der Wirtschaft in unserer Gesellschaft wieder zu finden. Laut Meinungsumfragen glaube rund die Hälfte der Bevölkerung, die Marktwirtschaft führe automatisch zu sozialer Ungerechtigkeit. Vor dem Hintergrund dieses Vertrauensverlusts reiche es daher nicht, bei den Spitzen der Wirtschaft mehr Bodenhaftung anzumahnen.

«Wir müssen der Gesellschaft vielmehr glaubwürdig vermitteln, worauf die Grundlagen unserer Prosperität bauen. Wir müssen wieder Vertrauen schaffen, damit die Marktwirtschaft nicht zum Auslaufmodell wird», so Ackermann weiter.

Mit gutem Beispiel voran gehen

Die Wende sei allerdings nicht per Dekret zu haben. Werte müssten vorgelebt werden. Die Führung müsse mit gutem Beispiel voran gehen – «We must walk the talk», unterstrich Ackermann. «Wenn das geschieht, dann darf sich auch Leistung wieder lohnen.»

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