Aktien gegen Obligationen, Zykliker gegen Defensive, Europa gegen USA. Martin Jetzer, Chefökonom von Bellecapital, erörtert für finews.ch die Unterschiede.

Herr Jetzer, Sie empfehlen einen Wechsel weg von festverzinslichen Wertpapieren, hin zu Aktien. Halten Sie trotz der jüngsten Aktienbaisse an dieser Strategie fest?

Ausschlaggebend ist bei meinen Investitionsentscheiden immer die lange Frist. Grundlage meiner Allokationsstrategie ist die Überzeugung, dass wir am Anfang einer grossen Rotation raus aus Bonds, hin zu Aktien stehen.

Ich glaube, die meisten Investoren haben nach wie vor eine zu pessimistische Erwartungshaltung bezüglich globalen Wachstums und unterschätzen die Risiken ihrer «Safe-Heaven»-Investitionen.

«Korrekturen sind unausweichlich»

Die frühe Phase eines Bärenmarkts in den Obligationen wird oft begleitet von hohen Volatilitäten an den Aktienmärkten, wie wir sie zurzeit beobachten. Korrekturen hie und da sind unausweichlich. Aber ich habe mich klar gegen Hedging entschieden und bevorzuge es, die momentane Schwäche zu nutzen, um eine Re-Allokation in zyklischere Werte voranzutreiben.

Das müssen Sie uns genauer erklären.

International aufgestellte, Dividenden zahlende Grossunternehmen mit nicht-zyklischem Geschäftsmodell handeln heute bei einem Kurs-Gewinn-Verhältnis zwischen 18 und 20 – oder höher. Diese Titel sind sensitiv gegenüber steigenden Zinsen, welche mit einer wirtschaftlichen Erholung einhergehen.

«Exposure zu Gunsten Europas erhöht»

Natürlich rentieren sie immer noch weit mehr als die 2 Prozent von «sicheren» Staatsanleihen. Aber warum sollte man 50 mal den Coupon eines hoch verschuldeten Staats bezahlen, wenn man einen Strauss an US-Technologieunternehmen (wie Microsoft, Google, Qualcomm) für durchschnittliche 13 mal den Gewinn kaufen kann?

Ich beobachte seit geraumer Zeit eine relative Outperformance zyklischer gegenüber defensiver Werte und bin überzeugt, dass dieser Trend weiter gehen wird.

Bevorzugen Sie also Investitionen in den USA?

Nein, im Gegenteil. Nebst einer Rotation hin zu zyklischeren Werten, bin ich daran, mein Exposure gegenüber Europa auf Kosten der USA zu erhöhen. Gewinnmargen in Amerika haben seit 2003 stetig zugelegt, mit Ausnahme eines Unterbruchs durch die 2008 Rezession.

«Es findet eine Normalisierung statt»

Ich glaube, die Spitze ist erreicht und eine Normalisierung wird stattfinden. Obwohl immer noch relativ günstig bewertete Firmen zu haben sind, wie im erwähnten Tech-Sektor, ist der Gesamtmarkt nicht mehr billig.

Im Gegensatz dazu befindet sich Europa in einem früheren Stadium innerhalb des Gewinn-Zyklusses und hat nach wie vor eine Fülle an qualitativ starken Unternehmen, die zu einem deutlichen Abschlag zu ihren US-Konkurrenten handeln.

«Es sind weitere Kräfte am Werk»

Jüngste Aussagen der amerikanischen Notenbank sorgen für Verunsicherung. Befürchten Sie, ein verfrühtes Ende des Quantitative Easing könnte Ihre Strategie gefährden?

Wären die Märkte rein liquiditätsgetrieben, wie viele zu glauben scheinen, sähen wir steigende Aktienkurse in den Schwellenländern und eine Verteuerung von Gold und industrieller Rohstoffe.

Dies ist nicht der Fall; es müssen weitere Kräfte am Werk sein. Hohe Profitabilität und zunehmender Business-Optimismus sind ebenso gewichtige Treiber.


Martin Jetzer ist Chefökonom des Zürcher Vermögensverwalters Bellecapital und trägt als Chief Investment Officer die Verantwortung für die Anlagestrategie. Zuvor war er während 25 Jahren Chief Economist der HSBC Guyerzeller Bank und während vielen Jahren Mitglied der Geschäftsleitung.

Jetzer war Mitbegründer und Herausgeber der Schweizer Finanzmarktpublikation «Finanzmarkt und Portfolio Management» und ist Mitglied einer amerikanischen Expertenkommission.

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