Führt der Bundesrat im Rahmen seiner Finanzplatzstrategie den automatischen Informationsaustausch ein, findet im Swiss Private Banking die Zeitenwende statt. Das wären die Veränderungen.

 

1. Diskretion bröckelt

Kommt der automatische Informationsaustausch, der im Prinzip mit den USA längst Realität ist, auch in Europa, fällt selbst das letzte bisschen Bankgeheimnis weg, das es noch gibt. Mit anderen Worten: Der Schweizer Diskretionsschutz ist dann definitiv kein Argument mehr für ausländische Kunden, ihr Geld hierzulande zu deponieren.

2. «Mikro-Akteure» massiv gefährdet
Besonders betroffenen von den Veränderungen dürften die unabhängigen Vermögensverwalter sein. Sie müssen ihre Geschäftsmodelle weitgehendst überdenken, da viele von ihnen in der Vergangenheit vor allem auf Vermögen aus Westeuropa setzten, die nun teilweise wegfallen werden.

Wer von diesen «Mikro-Akteuren» nicht mindestens 250 Millionen Franken an Kundendepots betreut, wird nicht zuletzt auch angesichts der gestiegenen Regulierungsdichte seinen Laden schliessen müssen.

3. Reisen als Risiko
Immer mehr Private Banker werden sich dreimal überlegen müssen, in welche Länder und Märkte sie reisen. Denn mittlerweile ist das Risiko enorm, irgendwo verhaftet oder zumindest aufgehalten zu werden.

Selbst wenn es im Steuerstreit mit den USA zu einer baldigen Lösung käme, dürften andere Staaten ihre Begehrlichkeiten anmelden und dabei – dem Beispiel der Amerikanern folgend – mit den Schweizer Banken und Bankmitarbeitern unzimperlich umgehen.

4. Totale Kakaphonie
Nicht ändern wird sich bis auf weiteres die Kakaphonie auf dem Schweizer Finanzplatz. Kein Tag vergeht mehr, ohne dass nicht mehrere Experten völlig gegensätzliche Statements von sich geben. Beispiel: Für die einen ist die «Lex USA» der einzige gangbare Weg, für die anderen ein Deal, den es um jeden Preis abzulehnen gilt.

Auch beim automatischen Informationsaustausch divergieren die Meinungen extrem. Dadurch wird es für Private Banker umso schwieriger im Dialog mit ihren Kunden einen vertrauensbildenden Standpunkt zu vertreten.

5. Kantonalbanken im Kreuzfeuer
Den grössten Veränderungen dürften zweifelsohne jene Kantonalbanken ausgesetzt sein, die bislang vermögende Kunden aus dem Ausland betreut haben. Sie könnten damit könnten zu einem Risiko für die Schweiz – wie sich dies im Fall des US-Steuerstreits am Beispiel der Zürcher und der Basler Kantonalbank abzeichnet. Diese beiden Institute könnten von den amerikanischen Behörden angeklagt und so massiv unter Druck gesetzt werden – wenn es ganz schlimm läuft.

Bereits fordern denn auch verschiedene Politiker, dass sich die Kantonalbanken künftig wieder auf das Geschäft in der Schweiz konzentrieren und ihre Ambitionen im Ausland fallen lassen. Das dürfte kommen.

6. Politische Polarisierung
Mit dem Abschied vom Bankgeheimnis wie wir es gekannt haben, kommen auf die Schweiz Jahre der politischen Polarisierung zu. Der Weg, denn die offizielle Schweiz in den nächsten Monaten gehen wird, widerspricht dem jahrhundertealten Schweizer Selbstverständnis in der Bevölkerung. Das Vorgehen weckt Ängste vor dem Überwachungsstaat mit seinen gläsernen Bürgern. Diese Bedrohungskulisse schafft eine perfekte politische Arena für entschlossene bürgerliche Politiker. Sie realisieren, dass der Hang zu noch mehr Transparenz und Offenlegung für Unbehagen sorgt.

Darum beispielsweise wollen SVP, FDP und CVP das Bankgeheimnis für Schweizerinnen und Schweizer in der Verfassung verankern. Ein politisches Vorhaben, für das sich mit Thomas Matter sogar ein Banker stark macht und damit an eine Tradition in der Schweiz anknüpft, die in den letzten Jahren verloren ging: Politische Engagements von Vertretern aus der Finanzbranche. Der Vorstoss hat gute Chancen - wie andere politische Motionen in den nächsten Jahren, welche die Privatsphäre, persönliche Daten oder das Eigentum schützen wollen.

7. Köpfe rollen
Die Zeitenwende in der Finanzbranche wird zu einem Generationenwechsel im Swiss Banking führen, da die alten Protagonisten verbraucht, unglaubwürdig und unbelehrbar geworden sind. Sie können nicht mehr umdenken. Manche Köpfe werden rollen.

Unter diesen Prämissen befindet sich die Branche im grössten Transformationsprozess aller Zeiten. Geschäftsabläufe werden gestrafft, verschlankt und industrialisiert. Damit wird das Banking der Zukunft deutlich weniger personalintensiv, dafür aber technologiegetrieben sein. Die Kundenberater werden nicht nur effizienter sein müssen, sondern auch viel mehr wissen – über Ökonomie, Szenariotechnik, politische Trends und Finanzinstrumente. Ausserdem ist jede Menge Empathie nötig, sonst ist der Kunde schon morgen weg.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.58%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.51%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.33%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.24%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.34%
pixel