Mit Spracherkennungs-Systemen lassen sich Kundenwünsche komplett automatisieren, erklärt IBM-Bankenexperte Olaf Klein.

Von Olaf Klein, IBM Banking Leader

Die klassische Anlageberatung und das Asset Management beruhen auf allseits bekannten Grundlagen: Die Anlagestrategie legt die Gewichtung von Anlagen in verschiedene Asset-Klassen, den zugehörigen Zeithorizont und die Zielsetzung hinsichtlich des anzulegenden Vermögens fest.

Darauf aufbauend analysiert man, welche Anlageprodukte für diese Anlagestrategie zu wählen sind und beobachtet regelmässig die Veränderungen am Markt. Auf Grund dessen versucht man dann, die gewünschte Performance zu erzielen.

Neu zeigen uns Siri und ähnliche Spracherkennungs- und Analysesysteme, wie weit nicht nur die sprecherunabhängige Spracherkennung ist, sondern wie es heute bereits möglich ist, den Inhalt einer Aussage in den entsprechenden Kontext zu setzen.

Wie kann das Asset Management nun davon profitieren?

Das zeigt anschaulich folgendes Video über «Watson» als Beispiel von «Cognitive Computing». Dieses System kann mit strukturierten und unstrukturierten Daten umgehen. Für den Menschen ist das kein Problem, aber für eine Maschine war dies bisher nicht möglich.

Watson ist als erster Computer in der Lage, die menschliche Sprache zu verstehen und innerhalb von Sekunden eine vernünftige Antwort zu geben. Medienwirksam wurde dies in einer der beliebtesten TV-Quiz-Shows in den USA demonstriert:



Was ist das besondere an diesem Spiel? Es zeigt auf, dass die Antwort (in diesem Falle die Frage zu der Antwort) abgeleitet wird aus den zur Verfügung stehenden Informationen, Hypothesen über mögliche Ergebnisse und die Bewertung der Hypothesen aufgrund von bekanntem Wissen.

Wie spielt das nun mit dem Asset Management zusammen?

Nehmen wir als Beispiel einen typischen Sachverhalt aus dem Private Banking: Ein Kunde möchte in eine bestimmte Aktie investieren und bittet seinen Kundenberater um Rat: «Ich möchte gerne Aktien der Firma Pharma Inc erwerben oder entsprechende Aktien anderer Firmen, welche CETP Arzneien in der Pipeline haben.»

Sein Investmentberater analysiert nun anhand folgender Kriterien das Potential in diesem Markt:

  • Marktdaten: Medizinische Studien, Nachrichten, regulatorisches Umfeld
  • Wachstumspotential: Verkaufspotential, Verkaufs- und Entwicklungspipeline
  • Nachhaltiges Einnahmenpotenzial: Gewinnmarge, Genauigkeit der Voraussage, Sondereffekte
  • Mitarbeiterpotential, Umgebung, Marktauftritt und -zugang

Ein Analyst wird diese Kriterien nacheinander untersuchen und dann basierend auf einer Bewertung eine entsprechend fundierte Anlageempfehlung für ein Investment im Bereich von CETPs respektive verwandter Pharmafirmen vorschlagen.

Mittels der Watson-Technologie lassen sich diese Analysen komplett automatisieren und die abgeleiteten Bewertungen bezüglich relevanter Investitionen einem «intelligenten» System übertragen.

Dieses System kann selbständig Thesen in den Raum stellen, deren Gültigkeit durch die Auswertung strukturierter und unstrukturierter Daten ableiten lässt und daraus Vorhersagen mit entsprechenden Wahrscheinlichkeiten für die Richtigkeit bestimmter Thesen treffen.

Aus diesem Beispiel lässt sich folgendes ableiten:

1. Standardisierte Analysearbeiten, welche Bewertungen mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeiten beinhalten, werden sich mehr und mehr automatisieren lassen. Dadurch werden sich diverse Bereiche im Banking wandeln und bestimmte Berufsbilder, wie Anlageberater, Research, Portfoliomanager ändern.

2. Bewertungen (von Anlageempfehlungen) werden operationalisierbar, da sie auf formal deduktierbarem Vorgehen ermittelt werden. Somit lassen sich Anlageziele operationalisieren. Erfolgsmessung wird plan- und messbar.

3. Die durch die Einführung von Quants in Risikobewertungen erfolgte Mathematisierung des Bankings wird sich weiter in andere Bereiche ausbreiten und somit die Industrialisierung nicht nur hinsichtlich Arbeitsteilung, sondern auch hinsichtlich ingenieurhaftem Vorgehen weiter fortsetzen.

4. Mathematisches Grundverständnis, Umgang mit Wahrscheinlichkeiten und deren Modellen, Bewertungen von daraus gewonnenen Informationen und damit das intellektuelle Verständnis werden zunehmen.

Diese Tendenzen werden das Banking genauso technologielastig werden lassen wie die Telekommunikations-Industrie. Sie sind auch ein weiterer Schritt in Richtung Industrialisierung von Banking-Lösungen.


Olaf Klein 2Olaf Klein arbeitet seit 2011 bei der IBM und ist in der Marktregion Österreich/Schweiz dafür verantwortlich, bankspezifische Themen voranzutreiben.

Er studierte Physik und Betriebswirtschaft an der Justus-Liebig-Universität in Giessen und promovierte in physikalischer Chemie.

Danach arbeitete Klein für verschiedene, weltweit tätige Banken, wie Deutsche Bank oder Credit Suisse in verschiedener Projekt- oder Linienverantwortung.


 

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.31%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.8%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.91%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.36%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.62%
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