Über 3‘500 Jobs bietet die Finanzbranche online an. Chris Nokes, Initiant des Stellenportals JobDirectory, zu den Trends im Arbeitsmarkt. 

 Herr Nokes, JobDirectory.ch betreibt seit vier Jahren ein Stellenportal für die Finanzbranche. Was sind die grössten Veränderungen in diesem Zeitraum?

Der Markt für Jobs in der Finanzbranche ist zunehmend «normal» geworden. Vorbei sind die Exzesse – nach oben und nach unten –, die den Markt vor vier Jahren geprägt hatten.

Nach jedem Deal mit den USA meinte die Branche offenbar, die Probleme seien weg und sie könne wieder Vollgas geben. Dann kam die nächste Ernüchterung und überall wurden Entlassungen im grossen Stil angekündigt, die in der Regel von Einstellungsbremsen begleitet waren. Diese Schwankungen gibt es noch, aber deren Ausmass ist stets kleiner geworden.

Jetzt merkt man, dass es keinen Sinn hat, hochqualifiziertes Personal zu entlassen und es ein, zwei Jahre später wieder einzustellen. Lieber Mitarbeiter in schwierigen Zeiten halten als «hire-and-fire», heisst die Devise. So verstehe ich diesen Schritt in die Normalität.      


 «Zeichen einer zunehmenden Professionalisierung der Beratung»


Was hat sich bezüglich der Anforderungen an die Stellensuchenden geändert? 

Ganz klar: Die ausgeschriebenen Stellen zeigen einen anhaltenden Trend zu Profilen mit sehr spezifischen Anforderungen. Nicht nur werden Private Banker gesucht, sondern diejenigen mit Verbindungen zu und Erfahrungen mit bestimmten Ländern – sehr oft nach Osteuropa, Südamerika und dem Fernen Osten. Man merkt, man muss nicht nur auf Kunden warten, sondern neue Kunden suchen.

Dazu wird die Kundenbetreuung verstärkt. Es werden nicht nur Private-Banking-Assistentinnen gesucht, sondern Spezialisten, die die Private Banker im operativen Bereich begleiten. Hier werden neue Mitarbeiter gesucht, die in den Bereichen, Compliance, Risk Management und Reporting unterstützen. Das sind Zeichen einer zunehmenden Professionalität der von den Schweizer Banken angebotenen Beratung.  


«Guter Spiegel des Arbeitsmarkts»


Wie korrekt spiegeln die online präsentierten Stellen die Arbeitsmarktsituation in der Finanzbranche?

 Wir meinen, sehr gut. Man merkt, dass vor allem die Banken immer weniger auf Personalberatungen angewiesen sind – weil sie genügend gute Kandidaten über ihre eigene Website und Ausschreibungen auf Jobbörsen gewinnen.

Es gibt immer noch einige kleinere Banken, die online Ausschreibungen nicht optimal nützen, aber numerisch fallen diese kaum ins Gewicht. Das bedeutet, dass die von den Arbeitgebern online ausgeschriebenen Jobs die Arbeitsmarktsituation sehr gut spiegeln.

Und weil JobDirectory alle online Jobs von allen Arbeitgebern in der Finanzbranche erfasst, sind unsere Statistiken – auf denen der quartalsweise von finews.ch publizierte «Finews-Job-Directory-Index» basiert – , ziemlich genau.   

Stellen Sie Unterschiede im «Management» der Online-Angebote zwischen verschiedenen Instituten oder zwischen den verschiedenen Tätigkeitsbereichen oder verschiedenen Funktionen fest?

 Ja, das schon. In der Regel gilt: die grösser die Firma, desto weniger Management-Jobs. Auf JobDirectory werden nur Jobs zur Kategorie «Management» zugeordnet, wenn sie eine Führungsaufgabe explizit beinhalten. Was wir hier feststellen ist, dass die Grossinstitute Management-Positionen intern besetzen. Wenn sie eine solche Stelle ausschreiben, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es sich um eine Gruppenchef-Position im operativen Bereich handelt.  


«Personal-Marketing hat zu tiefen Stellenwert»


Was machen die Unternehmen oft falsch?

Als Betreiber von JobDirectory schauen wir in unserem Back-Office täglich bis zu hundert neue Jobs von Arbeitgebern in der Finanzbranche genau an. Am meisten fällt uns auf, dass die Titel dieser Jobs sehr unklar oder sogar irreführend formuliert sind. Stellensuchende sehen als Ergebnis einer Suchanfrage immer zuerst eine Liste mit dem Titel passender Jobs. Wenn ein Titel nicht präzis getextet ist, wird der Job von guten Kandidaten nicht gefunden. 

Auch wenn der Titel richtig ist, sehen viele online Stelleninserate wie interne Stellenbeschriebe aus. Das gilt insbesondere für die angelsächsischen Banken. 

Zusammengefasst: Bei vielen Arbeitgebern hat das Personal Marketing einen viel zu tiefen Stellenwert.  


«Pflege des Angebots lässt oft zu wünschen übrig»


Nehmen Sie Unterschiede in der Bedeutung wahr, die einzelne Unternehmen ihrem eigenen Online-Angebot schenken? Welche?

Diese Frage knüpft an die letzte nahtlos an. 

Nicht nur erhält das Personalmarketing oft zu wenig Gewicht, sondern die Pflege des eigenen Online-Jobangebots lässt zu wünschen übrig. Man findet oft, dass es während mehrerer Tage keine neue Ausschreibungen gibt und dann plötzlich viele neue Jobs vorhanden sind. Das erweckt den Eindruck, dass viele Firmen in der Finanzbranche die operativen Aspekte der Human Resources (noch) nicht im Griff ist.   

Gibt es spezifisch schweizerische Akzente in den Stellenangeboten? 

 Trotz der Schwachstellen in den Stelleninseraten gewisser Arbeitgeber geniesst in der Schweiz das Corporate Design oft einen hohen Stellenwert. In den USA findet man dies kaum – die Stelleninserate bestehen nur aus Text und meist in einer Schrift aus den ersten Tagen des Internets. Europa ist in der Regel viel besser, aber die Schweiz ist ein Musterland. Arbeitgeber setzten oft Software von spezialisierten Schweizer Firmen wie Prospective AG ein, damit die an Jobbörsen exportierten Stellenanzeigen viel besser aussehen als auf der eigenen Website!     

Verändern sich die «Laufzeiten» der Stellenangebote?

Nur wenig. Die durchschnittliche Laufzeit  der Stellenangebote ist sehr firmenspezifisch. Auf einen Nenner gebracht kann man sagen, dass kürzere Laufzeiten ein wichtiger Hinweis auf eine professionellere HR-Abteilung sind. Man merkt Verbesserungen, aber der Unterschied zwischen den besten und den schlechtesten ist – leider – sehr gross. 

JobDirectory.ch tritt unter anderem auch auf finews.ch mit einer Auswahl von Stellen in Erscheinung. Wie nehmen Sie die Selektion vor? 

Hier werden nur Jobs für den Export an finews.ch ausgewählt, die den Interessen der finews.ch-Besucher am besten entsprechen. Es stehen vor allem Jobs für Manager und Kader in der Deutschschweiz bei den Banken im Vordergrund. Dank der genauen Kategorisierung von Jobs auf JobDirectory sollten nur wenige Jobs den Weg zu finews finden, die nicht perfekt passen.  

Chris Nokes ist Partner der Fenom AG, die das Jobportal JobDirectory.ch betreibt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.73%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.38%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.51%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.39%
pixel