In einer neunteiligen Serie auf finews.ch zeigen Bankexperten, welche Veränderungen auf Grund der neuen, steuertransparenten Wealth-Management-Welt für die einzelnen Kundengruppen zu erwarten ist. (Teil 1)

Von David Fankhauser, Christoph Kley und Robert Fehr*

Jeder Private Banker kennt die gängigen Kundensegmentierungskriterien Retail, Affluent, High Networth Individual und die Königsklasse im Wealth Management: Ultra High Net-Worth-Individial oder Key Clients.

Jeder Private Banker weiss aber auch, dass sich innerhalb der einzelnen Segmente Kunden der unterschiedlichsten Couleur tummeln. Die Antwort auf die Frage «Wer ist eigentlich mein Kunde?» ist der Schlüssel für eine erfolgreiche und für alle Seiten gewinnbringende Beziehung.
Die isolierte Frage, ob das Vermögen versteuert wurde, schiesst eindeutig am Ziel vorbei.

Neues Wealth Management

Zusammen mit der geografischen Herkunft mag die Vermögensgrösse vielleicht bislang die sinnvollste Abgrenzung gewesen sein. Erfolgreiches Wealth Management der Neuzeit sieht anders aus.

Dieser Artikel ist der Beginn einer Serie mit dem Ziel, zusätzlich zu den herkömmlichen Segmentierungskriterien Unterscheidungsmerkmale herauszuschälen, die ein modernes Wealth Management im heutigen internationalen Umfeld mit grösserer Steuertransparenz, leeren Staatskassen und härterem Finanzmarkt-Wettbewerb erfolgreich Bestand haben lässt.

Zweck einer Segmentierung

Ein Vermögen an sich (oder die häufig zitierten Assets under Management, AuMs) sagt nicht viel über seinen Ursprung aus oder über welche Eigenschaften sein Besitzer/in verfügt oder welche Ziele damit verfolgt werden sollen. Verständnis für diese Themen ist aber notwendig, um eine nachhaltige Kundenbeziehung aufzubauen.

In diesem Zusammenhang ist es sinnvoll, sich den Zweck einer Segmentierung in Erinnerung zu rufen. Die Kundensegmentierung unterstützt das Kundenmanagement sowohl auf strategi-scher wie auch operativer Ebene.

Strategisch unterstützen Segmente die Entscheidungsfindung bezüglich Ausrichtung der Gesamtbank. Die Ressourcen werden auf diese Art fokussiert eingesetzt, und es können vertieft Kompetenzen aufgebaut werden.

Qualität einer Segmentierung

Die Unternehmensstruktur wie auch die internen Prozesse und Produktangebote werden ebenfalls auf die definierten Segmente ausgerichtet. Die Kunden kommen somit im operativen Bereich in den Genuss von stärker auf sie fokussierten Angeboten. Die Qualität einer Segmentierung ergibt sich aus der Effektivität des Services für die Kunden als auch der Effizienz der internen Leistungserbringung.

Die Schweizer Regularien verlangen für eine Kundenbeziehung die Angabe des Domizils des Kunden, was eine Aufteilung der geografischen Herkunft der Gelder als offensichtlich erscheinen lässt.

Gesonderter Bereich heute nötig

Je nach Grösse der Kundenvermögen reicht eine Onshore – Offshore-Aufteilung, meist kommt am Bankenstandort Zürich zum Segment «Schweizer Kunden» das Segment «Kunden Deutschland» hinzu, eventuell noch USA, England, Frankreich, Russland.

Den heutigen Anforderungen entsprechend gehört pro Segment ein gesonderter Bereich «Legal und Compliance», wo länderspezifisches Wissen und Kompetenzen gebündelt werden. Dieses Basiswissen wird im Rahmen der Mitarbeiterausbildung wiederum länderspezifisch weitergegeben in Teams, wo bereits entsprechende Sprachkenntnisse und Kulturverständnis vorausgesetzt werden.

Länderspezifische Definitionen

Selbstverständlich sind auch das Produktangebot und das Marketing länderspezifisch definiert: Produkt A darf zwar zum Beispiel in Deutschland verkauft werden, jedoch nicht in Frankreich und Spanien, in Holland nur mit entsprechender Kundeninformation.

Auch die Vermögensgrösse wird als Segmentierungsgrösse herangezogen, unter anderem da es einfach und zweifelsfrei zu messen ist. Die definierten Abgrenzungen variieren zwar von Bank zu Bank, aber im Grossen und Ganzen haben sich folgende Kriterien herauskristallisiert:

...und separate Gruppen

Als Retail- oder Mass-Affluent-Geschäft werden Kunden mit Vermögensgrössen bis 100'000 Franken bezeichnet, also die grosse Masse der Kleinkunden. Affluent, oder wohlhabend bezeichnet die Kundengruppe mit Vermögen bis 1 Millionen Franken.

High Net Worth Individuals sind Kunden mit Nettovermögen zwischen 1 und 50 Millionen Franken, und Ultra High Networth Individuals sind solche mit Nettovermögen grösser als 50 Millionen Franken.

Daneben gibt es noch die separate Gruppe der institutionellen Anleger wie Fonds, Pensionskassen, Firmen und Stiftungen.

Differenzierte Betreuungskonzepte

Die klassische Segmentierung stösst an ihre Grenzen, wenn es um differenzierte Betreuungskonzepte geht. Ein Vermögen kann über Jahrzehnte erarbeitet sein oder einen jungen Erben mehr oder weniger zugefallen sein.

Es ist klar, dass diese Besitzer sehr unterschiedlich sind und dies bei der Betreuung berück-sichtigt werden muss. Eine differenzierte Betreuung heisst nicht zwangsläufig, dass dies über eine sehr fein gegliederte Segmentierung hergestellt werden muss.

Kombinationen möglich

Letzteres könnten sich maximal nur sehr grosse Banken leisten, da sie die entsprechenden Kundenzahlen auch in kleinen Gruppen aufweisen. Wir nennen – in Abgrenzung zur Segmentierung – die feiner definierten Gruppen: Kundentypen.

Eine Grobsegmentierung mittels Vermögenshöhe und Domizil lässt sich grundsätzlich mit einer differenzierteren Kundentypologie kombinieren. Dies muss jedoch jede Bank für sich im Rahmen der Strategiefindung entscheiden.

Teilweise Überschneidungen

Es ist zu beachten, dass sich die Kriterien für die Bildung der Gruppen teilweise überschneiden. Einzelne Kunden sind in der Regel mehreren Kundentypen zuzuordnen. Daraus ergibt sich letztlich die Komplexität der individuellen Akquisitions- und Betreuungskonzepte und der daraus abgeleiteten Anlagelösungen.

  • Lesen Sie den 2. Teil dieser Serie am Montag, 21. Oktober 2013, auf finews.ch.

* David Fankhauser verfügt über weitreichende Erfahrung im internationalen Wealth Management. Er war in London, Hongkong, Frankfurt, Berlin sowie in der Schweiz tätig und hat langjährige Führungserfahrung. Dr. Christoph Kley ist Dozent für Banking & Finance sowie Projektleiter am Zentrum für Banking und Finance der ZHAW School of Management and Law. Robert Fehr ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am selben Zentrum.

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