Warum sollten Banken nicht wie Supermärkte denken? Es gebe keinerlei Gründe, die Kundendaten nicht aktiver zu nutzen, sagt IBM-Bankenexperte Olaf Klein.

Von Olaf Klein, Banking Leader Alps and Germany, IBM

Der gläserne Kunde ist Realität. Verschiedene Detailhändler nutzen bereits erfolgreich die Informationen, die ihnen der Kunde via Kundenkarte oder Online-Shopping zur Verfügung stellt.

Bei den meisten Banken sind die Hürden aber noch hoch, Kunden-Informationen in derselben Weise zu nutzen. Weshalb eigentlich? Und was sollten die Banken beachten, wenn sie ihre Angebote in diese Richtung weiterentwickeln wollen? Drei Thesen – drei Entgegnungen.

1. Der Bankenkunde will nicht gläsern sein.

Rein theoretisch wissen die Banken natürlich heute bereits Bescheid über Präferenzen und Investitionsverhalten ihrer Kunde. Nicht zuletzt basieren wesentliche Entscheidungen im Banking darauf. Systematisch wird eine Analyse in der Regel jedoch nicht durchgeführt, sondern erfolgt im Kontext einer Dienstleistung wie zum Beispiel bei der Beantragung eines Kleinkredites oder einer Hypothek.

Eine individualisierte Betreuung ist im Retailbanking mit einem Betreuungsverhältnis von bis zu 600 Kunden pro Relationship Manager auch gar nicht anders möglich. Im Private Banking hängt es vom Asset-Volumen ab, inwieweit der Kundenberater individuell auf den Kunden eingehen, Vorschläge einbringen und dessen Portfolio entsprechend optimieren kann.

Der Kunde ist sich somit durchaus bewusst, dass sein Verhalten Schlüsse zulässt, aber er ist sich ein proaktiveres Verhalten «seiner» Bank (noch) nicht gewohnt.

2. Gesetze verbieten es den Banken, Kundendaten zu nutzen.

Das Datenschutzgesetz regelt den Schutz personenbezogener Daten und sichert dem einzelnen Bürger eine informationelle Selbstbestimmung zu. Damit wird es der Bank im Einverständnis mit dem Kunden erlaubt, Informationen über ihn zu sammeln und auszuwerten.

Diese Zustimmung erfolgte bisher bei den Banken im Kontext eines konkreten Geschäftes (zum Beispiel Hypothekenprüfungen) und war in der Regel darauf limitiert. Weitergehender Service war oder ist bisher mandatsbezogen, zum Beispiel im Zusammenhang mit einem Vermögensverwaltungsmandat.

Will eine Bank die Daten weitergehend nutzen, müssten die AGBs entsprechend angepasst und den Kunden spezielle Rahmenverträge angeboten werden. Dies kann in Form von Paketen sein, welche ein bestimmtes Service- und Betreuungsangebot beinhalten und explizit die Verwendung von schützenswerten Personendaten durch den Kunden erlauben.

Dies würde einen Service ermöglichen, wie er sonst nur im Private Banking geläufig ist. Grundlage wäre jedoch, der Bank die Nutzung personenbezogenen Daten durch entsprechende Rahmenverträge zu erlauben.

3. Regulatoren verbieten den Einsatz.

Die Finma hat in ihrem letzten Rundschreiben «Operationelle Risiken Banken» den Umgang mit kundenidentifizierenden Daten geregelt. Ein wesentlicher Aspekt ist dabei das «Need to know-Prinzip»: Damit haben nur Mitarbeiter Zugriff auf Kundendaten, welche diese für die Ausübung einer bestimmen Aufgabe benötigen.

So können zum Beispiel Mitarbeiter, die Auswertungen über Kunden vornehmen, diese Daten nicht abändern. Somit ergeben sich daraus Vorgaben hinsichtlich der operationellen Struktur im Zusammenhang mit der Verarbeitung von personenbezogenen Daten.

Fazit: Ein «Private-Banking-Wohlfühlerlebnis»

Diese Ausführungen zeigen, dass es keinerlei Gründe gibt, die Kundendaten nicht aktiver zu nutzen. Warum also sollten Banken nicht wie Supermärkte denken?

Oder warum kann nicht auch der Retailkunde ein «Private-Banking-Wohlfühlerlebnis» mit entsprechend personalisierten Angebotspaketen erfahren, sozusagen eine «Retaillisierung» des Private-Banking-Ansatzes?

Nach all den Wirren der vergangenen Jahre

Allerdings müssen verschiedene operationelle und kundenbezogene Massnahmen ergriffen werden, damit die entsprechende Gesetze eingehalten werden.

Der Kunde kann dabei entsprechend betreut werden und muss weniger als Bittsteller gegenüber den Banken auftreten. Dies sollte zu einem besseren Umgang mit seiner Bank führen, was sich wiederum in Empfehlungen in sozialen Netzwerken niederschlagen kann.

Und was kann einer Bank besseres passieren nach all den Wirren der vergangenen Jahre?


Olaf Klein 3Olaf Klein arbeitet seit 2011 bei der IBM und ist in der Marktregion Österreich/Schweiz dafür verantwortlich, bankspezifische Themen voranzutreiben.

Er studierte Physik und Betriebswirtschaft an der Justus-Liebig-Universität in Giessen und promovierte in physikalischer Chemie.

Danach arbeitete Klein für verschiedene, weltweit tätige Banken, wie die Deutsche Bank und die Credit Suisse, in verschiedenen Projekt- und Linienfunktionen.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.64%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.49%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.29%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.15%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.44%
pixel