Von der Grossbank ins kalte Wasser: Die Credit-Suisse-Manager Bert-Jan van Essen und Dana Ritter wagten ein eigenes Unternehmen. Dragon Wealth soll das Verhältnis zwischen Banken und Wealth-Management-Kunden revolutionieren.


Bert-Jan van Essen arbeitete von 2001 bis 2012 für die Credit Suisse in Zürich und Singapur, zuletzt als CIO von Credit Suisse Private Banking Asia Pacific.
Dana Ritter arbeitete von 2005 bis Sommer letzten Jahres für die Credit Suisse in Zürich, New York und Singapur, unter anderem als Head of Advisory Systems und Spezialist für CRM-Systeme.
Dragon Wealth Asia Pte., ihr gemeinsames Unternehmen, wurde letztes Jahr gegründet. Der Neo-Finance-Anbieter hat Standorte in Singapur und Zürich.


Herr van Essen, Herr Ritter, wie kommt man dazu, einen guten Job bei der Credit Suisse für ein Startup aufzugeben?

Bert-Jan van Essen: Ich war durchaus glücklich bei der Credit Suisse, als CIO in Asien hatte ich ja auch eine hervorragende Stelle. Aber zugleich sah ich, dass die Welt um uns herum völlig neu entsteht. In meiner Position merkte ich zum Beispiel, dass sich die Kunden rasch anders zu verhalten begannen: Ihre Ansprüche veränderten sich drastisch. Da kamen wirklich ganz neue Tendenzen ans Licht. Und so bekam ich Lust, dabei mitzuwirken.

Dana Ritter: Bei mir war es ganz ähnlich. Der Markt und die Technologie bewegen sich mit enormem Tempo, und zugleich macht es die technische Entwicklung leicht, relativ rasch ein Unternehmen zu gründen und eine Idee auszuprobieren.

Van Essen: Es hatte auch mit der persönlichen Lage zu tun. Ich war um die 40, das war ein Punkt, wo ich mir sagte: Jetzt hast du etwas geschafft – aber du bist jung genug, um es noch einmal ganz neu zu versuchen. Wir waren damals auch in Singapur stationiert, und dort herrscht eine sehr unternehmerische Atmosphäre. So etwas motiviert natürlich auch.

Ritter: Und reizvoll war bei einer Neugründung, dass man im Gegensatz zu einem grossen Finanzinstitut sehr rasch sehr viel verändern und entscheiden kann.

Wie war die Reaktion bei Credit Suisse?

Van Essen: Sehr gut. Credit Suisse hat zwar nicht in Dragon Wealth investiert, aber es gab quasi eine offizielle Mithilfe. Wir erhielten Unterstützung und Coaching, oder wir konnten auch Auszeiten nehmen.

Gegründet haben Sie Ihr Unternehmen in Singapur. Warum dort?

Ritter: Wir sind sowohl in Singapur als auch in Zürich. Doch es ist schon so, dass man kaum irgendwo schneller ein Unternehmen starten kann als in Singapur – die Behörden sagen einem dort höchstens: «Tut uns leid wenn wir es nicht sofort schaffen, es dauert vielleicht eine Stunde länger.» Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind einfach hervorragend.

Sie haben nun eine Plattform entwickelt, auf der die Kunden ihre eigenen Portfolios mit Portfolios ähnlicher Anleger vergleichen können. Es gibt schon verschiedenste Arten von Social-Investing-Plattformen, ob Ayondo, Covestor, Betterment ... Was ist der entscheidende Punkt bei Dragon Wealth? Warum werden Sie Erfolg haben?

Ritter: Wir richten uns an die Banken. Dragon Wealth wird in die Online-Banking-Welt der Finanzinstitute eingebaut. Das heisst, hier können die Bankberater ihren Kunden zeigen, wie andere Leute investieren, Leite, die beispielsweise in einer ähnlichen Situation sind. Das erhöht die Glaubwürdigkeit der Anlagevorschläge der Bank.

«Die Bankberater können ihren Kunden zeigen, wie ähnliche Anleger investieren – und Erfolg haben»

Van Essen: Die Banken haben viel Vertrauen verloren. Heute hören Wealth-Management-Kunden nur noch sehr begrenzt auf die Ratschläge ihrer Bankberater. Denn viele vermuten, dass die Banken damit andere Interessen verfolgen. Das ist ein bekannter Trend, und es ist sicher sinnvoll, dass die Finanzinstitute darauf reagieren. Sie können das tun, indem sie ihren zweifelnden Kunden andere Portfolios von ähnlich strukturierten Gruppen zeigen.

Da stellt sich sofort die Frage nach der Anonymität, ja nach dem Bankgeheimnis.

Van Essen: Die Anonymität ist 100prozentig. Dragon Wealth bildet einfach Peer Groups ab, also zum Beispiel Unternehmer mit Interesse an China; oder Expats; oder Leute, die stark in der Finanzindustrie investieren; und so weiter. Die Bankberater können nun ihren Kunden zeigen, wie andere Leute dieses Typs investieren – und vor allem wie viel Erfolg sie damit haben.

Wollen die Banken das wirklich? Tatsache bleibt doch, dass sie ihre eigenen Interessen haben und zum Beispiel gewisse Produkte breit in die Portfolios drücken wollen. Da stört es doch nur, wenn die Kunden vergleichen können, wie andere Leute investieren.

Ritter: Jede Bank, die so etwas anbietet, hat eine höhere Glaubwürdigkeit. Die Kunden sind dadurch eher bereit, ihren Ratschlägen zu folgen. Und es ist natürlich so, dass die Portfolios bei derselben Bank sind, man also ähnliche Strukturen finden wird. Oder Strukturen, die ebenfalls auf den Vorschlägen dieser Bank basieren.

Nochmals zu anderen Social-Trading-Plattformen: Warum sollte ich mich als kritischer Anleger mit dem Dragon-Wealth-Tool bei meiner Bank informieren und nicht beispielsweise auf eToro, wo ich tausende unabhängige Anleger verfolgen kann?

Van Essen: Wir glauben, dass die Banken auch künftig noch eine wichtige Rolle spielen werden bei den Anlageentscheiden von Wealth-Management-Kunden. Die erwähnten Social-Investing-Sites spüren das ja auch: Die Kundengelder fliessen nicht zu ihnen, sie liegen immer noch auf den Banken. Wenn die Banken nun eine eigene Vergleichs-Plattform bieten, schaffen sie noch bessere Kundenbindung.

«Die Kundengelder fliessen nicht ab, sie liegen immer noch auf den Banken»

Ritter: Beide Seiten erhalten auf Dragon Wealth aufbereitete Informationen, die Relationship Manager wie die Bankkunden. Die Berater erhalten viele Vergleichsmöglichkeiten; wenn sie in das Depot eines Kunden blicken, sehen sie auch die Entwicklungen von ähnlichen Portfolios oder erhalten zugleich einen News-Dienst über die Themen, die hier wichtig sind. Die Kunden wiederum können von sich aus verfolgen, wie andere Personen investieren und welche Veränderungen sie vornehmen. Und auch sie erhalten einen laufenden News-Dienst auf ihrer persönlichen Seite. Plus stets einen Link: «Contact Relationship Manager».

Welche Banken sind Ihre ersten Kunden?

Van Essen: Das dürfen wir nicht sagen. Wir sind dabei, mit mehreren Banken in Europa und Asien Machbarkeitsstudien zu erarbeiten.


Wie steht dieser Kunde im Vergleich? Beispiel einer Ansicht eines Portfolios aus Sicht des Relationship Managers

Dragon Wealth Screensh


 

Präsentation von Dragon Wealth an der Finovate Asia, November 2013

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.32%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.77%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.84%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.43%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.63%
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