Hundert Jahre nach dem Ende des Goldstandards werden neue Rufe nach diesem disziplinierenden System laut. Doch wie gross ist die Chance, dass die Welt zu einem solchen Massstab zurückkehrt? Thomas Bachheimer, Präsident des Gold Standard Instituts Europa, liefert Hinweise.

Thomas Bachheimer (Bild) ist Präsident des Gold Standard Instituts Europa und Redakteur bei der Edelmetall-Fachwebsite Hartgeld.

Herr Bachheimer, Gold-Fans behaupten immer wieder: Die Golddeckung kommt zurück. In Zentralbank-Kreisen sieht man das anders. Hätte ein neuer Goldstandard überhaupt einen Sinn?

Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: Vertrauen ist das Rückgrat jeder Währung. Gold ist gespeicherte Arbeitsleistung und somit aggregiertes Vertrauen. Aber auch durch sein Stock-to-Flow-Verhältnis von 1:70 (jährlich gefördertes Gold im Verhältnis zur historischen Gesamtförderung) ist es Garant für Stabilität.


«Man manipuliert den einzigen Wertmassstab»


Daher führt an einer Wiedereinführung des Goldstandards kein Weg vorbei. Bislang ist noch jedes Papiergeld-Experiment gescheitert und wurde vom Goldstandard abgelöst.

Der Goldpreis wurde und wird manipuliert. Welchen Wert hätte ein Goldstandard in einem derart manipulativen Umfeld?

Der Goldpreis wurde und wird durch die Zentralbanken, allen voran die US-Notenbank und ihre Partnerinstitute, manipuliert. In einem Goldstandardsystem wäre zum einen die Macht der Zentralbanken äusserst eingeschränkt, zum anderen bräuchte man nichts zu manipulieren, da ja nichts aus dem Lot wäre.

Heute manipuliert man den einzig wahren und unverfälschbaren Wertmassstab, das Gold, um etwas nicht Werthaltigem – nämlich dem westlichen Währungssystem – einen künstlichen Wert beizumessen. Das alles wäre unter dem einzig echten und fairen Geldregime nicht nötig.

Wie müsste man sich denn die Einführung eines Goldstandards praktisch vorstellen – das geht ja eigentlich nur mit einem Crash, wenn alle Staaten so überschuldet sind...

Es ist mittlerweile klar, dass die Staaten ihre Schulden nie wieder werden zurückzahlen können. Es wird zum gleichzeitigen Zahlungsausfall vieler Staaten kommen, was eine historische Premiere wäre, da bisher immer nur Einzelstaaten in die Insolvenz geraten sind.


«Der Euro hat der Polit- und Bankenwelt genutzt»


Natürlich werden die herrschenden politischen Klassen zur Verantwortung gezogen, und danach muss mit der Neuerrichtung der wirtschaftlichen Strukturen begonnen werden. Dazu gehört neben Schuldenmoratorien und Fristverlängerungen auch die Einführung eines neuen Währungssystems.

Nach grossen Krisen war es bisher immer der Goldstandard, der den Papiergeld-Experimenten gefolgt ist, und auch diesmal wird es so sein. Seine Errichtung wird aber im Gegensatz zu früheren Währungsentstehungen (Euro) nicht mehr «top down» (Politik und Bankenwelt beschliessen eine Währung) erfolgen.

Sondern?

Geht man nach der berühmten «Cui bono»-Frage (Wem zum Vorteil?) vor, kann man ja besonders beim Euro erkennen, wem diese Währung eigentlich genutzt hat: der Polit- und Bankenwelt zu Lasten der real wirtschaftenden Akteure.


«Der Schaden ist eindeutig zu gross»


Um diesem Missbrauch beim neuen System vorzubeugen, wird die neue goldgedeckte Währung «bottom up» eingeführt, also von den wirtschaftlichen Akteuren unter der Anleitung von Experten und hoffentlich unter Ausschluss von Politik und Banken.

Ich bin zuversichtlich, dass dies so passieren wird. Der Schaden, den das derzeitige Währungssystem angerichtet hat, ist eindeutig zu gross, als dass das Volk so etwas nochmals zulassen würde.

Wo sitzen die Befürworter eines Goldstandards?

Sobald die Menschen richtig nachdenken (was zumeist in einer Krise passiert), wird jeder freiheitsliebende und leistungsbereite Bürger die Einführung eines fairen, nicht verfälschten Geldsystems befürworten.


«Bürger werden die Veränderung herbeiführen»


Im Moment ist die Gruppe der Einsichtigen noch recht überschaubar. Das ist den Regierenden und deren übergeordneten Instanzen nur recht. Aber wir vom Gold Standard Institut arbeiten an der Aufklärung der Bürger, damit diese die Veränderung gleich selber herbeiführen.

Wer sind die mächtigsten Gegner des Goldstandards?

Man kann sie in folgende Gruppen einteilen: Diejenigen, die anstelle selbstbewusster, eigenverantwortlicher Bürger willenlose Almosenempfänger wollen; also diejenigen politischen Gruppierungen, die derzeit an der Macht sind, samt ihrer Pseudo-Opposition, die kräftig am Kuchen mitnascht.

Und das wären?

Die Zentralbanken, die durch die derzeitige Politik Macht erhalten haben und mit fortlaufender Zeit immer weiter reichende Machtbefugnisse erhalten haben;


«Politiker sind Hofhunde der Banken»


Internationale Agenturen, die von Niemandem demokratisch legitimiert sind, aber immer mehr finanzielle Macht über ganze Kontinente hinweg ausüben. Dazu zähle ich IWF, BIZ, ESM und Weltbank.

Und nicht zuletzt die internationalen Grossbanken, die sich die Politiker als Haus- und Hofhunde halten, um so ihre Interessen auf dem Rücken der Steuerzahler durchzusetzen.


Das Interview ist in einer ausführlichen Fassung erstmals erschienen in den «Deutschen Wirtschafts Nachrichten»