Bei einer Annahme der Goldinitiative könnte dereinst die ganze Bilanzsumme der Schweizerischen Nationalbank aus Gold bestehen, warnt Ökonom Bruno Gisler.

Die Schweiz stimmt am 30. November über die Goldinitiative ab. Diese fordert von der Schweizerischen Nationalbank (SNB), 20 Prozent ihrer Bilanzsumme in Gold zu halten, kein weiteres Gold zu verkaufen und die Goldreserven, die im Ausland lagern, in die Schweiz zurück zu bringen.

Bruno Gisler (Bild), Chefökonom der Zürcher Finanzgruppe Aquila, skizziert die Folgen bei einer Annahme dieser Volksinitiative – und diese sind nicht unerheblich, wie sich zeigt.

  • Nach unseren Berechnungen müsste die SNB bei Annahme der Initiative Gold im Gegenwert von knapp 70 Milliarden Franken nachkaufen. Das entspräche immerhin etwa 70 Prozent einer Jahresproduktion des gelben Metalls. Die Berechenbarkeit der Goldkäufe wäre wohl trotz der im Initiativtext vorgesehenen Übergangsfrist eine Einladung an Marktteilnehmer, sich gegen die SNB zu positionieren.
  • Jede geldpolitische Aktion der SNB, die zu einer Erhöhung der Bilanzsumme führt, hätte bei Annahme der Initiative Goldkäufe zur Folge. Als die SNB von April 2012 bis September 2012 zur Verteidigung der Euro-/Franken-Untergrenze ihre Bilanzsumme um 170 Milliarden Franken erhöhte, hätte sie nach dem Initiativtext gleichzeitig Gold im Gegenwert von 34 Milliarden Franken kaufen müssen. Damit wäre die SNB in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt gewesen.
  • Seit 2008 erhöhte die SNB ihre Bilanzsumme von gut 100 Milliarden Franken auf über 500 Milliarden Franken. Nach dem Initiativtext hätte somit Gold im Gegenwert von 80 Milliarden Franken gekauft werden müssen. Dieses Gold dürfte nach der Goldinitiative auch bei einem Abbau der Bilanzsumme nicht mehr verkauft werden. Theoretisch könnte bei einer Annahme der Goldinitiative dereinst die ganze Bilanzsumme der SNB aus Gold bestehen.
  • Verhältnisse, wie sie zum Beispiel 2012 herrschten, können jederzeit wieder einkehren. Um die Untergrenze von 1.20 Franken pro Euro zu verteidigen, wären möglicherweise in kurzer Zeit sehr grosse Devisenkäufe nötig. Verschiedene Überlegungen lassen uns daran zweifeln, dass 170 Milliarden Franken, welche letztes Mal noch genügten, das nächste Mal ausreichen werden.

Fazit

Sollte die Goldinitiative angenommen werden, würde unseres Erachtens der Markt zu Recht am Willen und an der Fähigkeit der SNB zu zweifeln beginnen, die Untergrenze des Euro zum Franken von 1.20 bedingungslos zu verteidigen.

Die SNB würde harten Belastungstests ausgesetzt werden, die sie möglicherweise nicht bestehen würde.

Die Schweizer Börse müsste mit einem Taucher rechnen, der wohl deutlich höher ausfallen dürfte als der Aufschwung von 7,5 Prozent, der sich einstellte, als die Untergrenze eingeführt wurde.