EZB-Präsident Mario Draghi vertraut mit seinem Anleihenkauf-Programm auf eine Wunderwaffe. Der deutsche Kaiser glaubte das vor hundert Jahren auch. Und verlor den Ersten Weltkrieg.

Wenn die «Bazooka» nicht mehr ausreicht, dann muss die «dicke Bertha» ran. Die Anleihen-Käufe im Umfang von monatlich 60 Milliarden Euro, welche die Europäische Zentralbank (EZB) zur Stabilisierung der Eurozone ankündigte, sind schweres Geschütz – im ganz wortwörtlichen Sinne.

Denn jene dicke Bertha, die der italienische EZB-Präsident Mario Draghi bereits 2012 in der «Frankfurter Allgemeine Zeitung» ins Spiel brachte, steht nicht von ungefähr für eine Waffe von gewaltiger Durchschlagskraft: Sie war es tatsächlich. Und zwar genau vor 100 Jahren.

Das M-Gerät

Damals tobte in Europa der Erste Weltkrieg. Und der deutsche Kaiser Wilhelm II. wollte diesen um jeden Preis für seine Seite gewinnen. Dazu setzte er auf eine ultimative Waffe, die jeden feindlichen Bunker zermalmen sollte: Das «M-Gerät», ein Mörser mit gewaltigen 42-cm-Kaliber.

Als das Geschütz 1912 das erste Mal aus den Waffenschmieden der deutschen Firma Krupp zum Probeschiessen ins brandenburgische Jüterbog gefahren wurde, stellte es alles bisher in Sachen Tötungswerkzeug Erfundene in den Schatten. Zehn Güterwaggons mit Kränen mussten das 150 Tonnen schwere Geschütz in Stellung bringen. Einen ganzen Tag dauerte der Aufbau.

Eine gewaltige Schweinerei

Der erste Schuss jedoch ging kräftig daneben. Zwar liess der imposante Knall die Dörfer im Umkreis erbeben, und das über 1 Tonne schwere Geschoss flog 15 Kilometer weit – jedoch nicht ins Ziel, sondern nur wenige Hundert Meter neben die extra angereiste Generalität. Für diese war das eine «gewaltige Schweinerei». Doch im Volksmund hatte die Riesenkanone ihren Namen weg: Die dicke Bertha.

Das dabei Bertha Krupp, seit 1906 Alleinerbin des deutschen Rüstungskonzern, mit ihrem Namen Patin stand, ist nicht verbürgt. Aber es sei «naheliegend», findet die Zeitung «Welt» in einem lesenswerten Artikel.

Lahmer Lindwurm

1914 beobachtete denn Kaiser Wilhelm II persönlich den Einsatz der Superkanone gegen belgische Festungen. «Nur dem Lindwurm der Sage sind sie vergleichbar, diese kruppschen 42 cm. Entsetzlich klingt ihr Gebrüll, wenn sie das Maul aufreissen, und ein Feuersturm fährt ihnen dann aus dem Rachen wie ein hoher Turm», so der Kaiser in einem Brief gegen seine Frau.

Doch seine Militärs hatten schon bald genug von dem Ungetüm. Als zu schwerfällig, zu teuer – und zu ineffektiv gegen den aufkommenden Stahlbeton – erwiesen sich die Geschütze. Sie wurden kaum noch eingesetzt und gegen Kriegsende von den siegreichen Allierten verschrottet.

Kraft durch Masse

Doch im Sprachgebrauch blieb die dicke Bertha erhalten, als «Pseudonym für Durchschlagskraft, für Kraft durch Masse», wie die «Welt» schreibt.

Kraft durch Masse: Das ist auch das Hauptargument des neuen Anleihen-Programms der EZB. Wie sagte doch EZB-Präsident Draghi im «FAZ»-Interview 2012: «Vielleicht hätte ich den Dreijahres-Tender als dicke Bertha angkündigen sollen, dann hätten alle zugehört.»

Doch die Zentralbanker sollten sich vorsehen. Wenn ihre dicke Bertha dem historischen Vorbild nachschlägt, dann haben sie nicht nur ein ineffektives Instrument gewählt – sie könnten am Ende gar als Verlierer dastehen.

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