Beat Jakob war selber viele Jahre in der Finanzbranche tätig, zuletzt bei der UBS. Jetzt organisiert er einen Apéro für stellenlose Banker. Was verspricht er sich davon?


Herr Jakob, Sie organisieren am 1. Juni 2015 einen Apéro für stellenlose Banker. Sind Sie selber arbeitslos?

Nein, ich bin nicht arbeitslos. Ich eröffnete im Dezember 2014 die Firma BJ Beat Jakob Beratung & Training, die sich auf Beschäftigte im Finanzsektor konzentriert. Dabei biete ich Führungscoaching, Teamentwicklung, Newplacement und Karriereplanung an.

In der aktuellen Situation ist es für arbeitslose Banker nicht einfach, eine neue Stelle zu finden. Bei diesem Schritt brauchen sie Begleitung – in der Stellensuche, bei der Standortbestimmung, in der Zielformulierung sowie im Auffrischen der Bewerbungsunterlagen und im Bewerbungsprozess.

Und die Organisation eines Apéros für stellenlose Banker ist Teil Ihres Geschäftsmodells?

Nein, mit dem Apéro verdiene ich kein Geld. Ich möchte vielmehr eine Plattform bieten, wo die Teilnehmer voraussichtlich einmal im Quartal ihre Erfahrungen austauschen, ihr Netzwerk vergrössern und neue Geschäftsideen diskutieren können. Meine Erfahrungen haben gezeigt, dass stellenlose Banker nach wie vor Probleme in der Gesellschaft haben. Sie haben keine Lobby.


«Früher war man Unternehmer in der Bank»


Bei der Selbsthilfe stelle ich mir eine organisierte Gruppe vor, die ein- bis zweimal pro Woche zusammenkommt. Diese Gruppe(n) möchte ich in meinen Räumlichkeiten leiten. Das Ziel ist es, zu reflektieren, die Probleme mit der Stellensuche zu diskutieren, sich gegenseitig zu helfen und auch Jobs zu vermitteln.

Sie haben selber 30 Jahre im Banking gearbeitet. Wie hat sich der Umgang mit dem Personal in den vergangenen Jahren verändert?

Früher war man Unternehmer in der Bank. Für viele Entscheidungen war man selber verantwortlich. Die Ziele wurden definiert, jedoch war man flexibler, wie man das Ziel erreichen wollte. Heute wird in der Branche viel mehr vorgegeben.

Warum?

Dies hat sicher auch mit den verschärften regulatorischen Anforderungen zu tun. Der Zielerreichungsgrad wird wöchentlich überwacht. Dadurch steigt der Druck auf die Mitarbeiter. Deren Individualität steht nicht mehr im Vordergrund. Mit dieser Situation tun sich vor allem ältere Banker schwer.

Haben Sie in Ihrer früheren Arbeit bei der UBS selber Personal betreut?

Die letzten fünf Jahre war ich im Wealth Management verantwortlich für die Betreuung von UBS-Executive-Kunden – ab Stufe Executive Director bis zur obersten Führungsebene. Neben der persönlichen Betreuung in Finanzthemen war das «Onboarding» von neuen Managing Directors eine meiner Aufgaben.


«Der Job war nicht mehr das Gleiche»


Wenn Mitarbeiter gekündigt hatten, war es an meinem Team und mir, die Ex-Mitarbeiter als Kunden zu gewinnen. In diesen Gesprächen wurden wir oft mit den Gründen (selbstgekündigt, gekündigt worden, Existenzängste, Frühpensionierung) konfrontiert. Unsere Arbeit ging weit über die Anlageberatung hinaus.

Warum haben Sie die UBS verlassen?

Ich war mehr als 30 Jahre in der Bankbranche tätig. Vor 50 wollte ich noch etwas Neues anfangen. Der Bankjob war für mich nicht mehr das Gleiche wie noch vor fünf oder zehn Jahr. Ich wurde selber mit der Tatsache konfrontiert, dass die Individualität nicht mehr im gleichen Masse nachgefragt wird. Darum habe ich mich zu diesem Schritt entschieden.

Welches sind die grössten Probleme, die stellenlose Banker unmittelbar nach ihrer Freistellung bekunden?

Erstens: Die Verarbeitung der Kündigung. Wie ist es dazu gekommen? Die Reflektion der Situation.


«Man muss die Trennung emotional bewältigen»


Zweitens: Wie und wem soll ich von meiner Kündigung erzählen? Im engsten Kreis oder soll es jeder wissen? Hier muss man darauf achten, dass man das weitere Umfeld erst informiert, wenn man über die Entlassung ohne negative Randbemerkungen gegen den alten Arbeitgeber sprechen kann. Wer will schon ein «Opfer» weiterempfehlen?

Drittens: In den ersten Wochen eine Tagesstruktur erstellen. Viele Banker werden von ihrer Geschäftsagenda gesteuert. Umso mehr stellt sich danach die Frage: Wie gehe ich mit der Zeit um? Wie arrangiere ich mich mit meinem Partner, meiner Familie? Wie gehe ich vor bei der Jobsuche?

Welche fünf Dinge sollten Bankleute zuerst unternehmen, sobald sie arbeitslos sind?

Erstens: Die Trennung emotional bewältigen – die eingehenden Selbstzweifel und Verletzungen zu verarbeiten sind wesentliche Voraussetzungen für eine erfolgreiche Jobsuche. Zweitens: Abstand nehmen. Drittens: Eine genaue Standortbestimmung erarbeiten. Viertens: Eine Kompetenzanalyse vornehmen und nach Optionen und Möglichkeiten suchen. Fünftens: Sport treiben oder einer anderen körperlichen Betätigung nachgehen. Die Versuchung ist gross, den Frust im Alkohol zu ertränken oder nichts zu tun.

Was machen die Banken falsch, wenn sie Stellen abbauen und Leute freistellen respektive entlassen?

Die Banken gehen bei den Kündigungen nicht individuell auf die Mitarbeiter ein. Doch genau in diesem Moment der «gefühlten Niederlage» brauchen die Mitarbeiter jemanden, der mit ihnen die Kündigung aufarbeitet. Ein unabhängiger Coach hilft den Entlassenen, den Abstand schneller zum Arbeitgeber zu finden, als wenn die Bank ein solches Coaching selber übernimmt.


«Ich habe schwierige Situationen erlebt»


In meinen Funktionen habe ich verschiedene schwierige Situationen selbst erlebt. Ich musste als Vorgesetzter Entscheide treffen und mittragen, die für mich als Angestellten schwierig zu verstehen waren. Diese Erfahrungen helfen mir, viele Situationen, in denen sich Betroffene befinden, besser zu verstehen.

Zurück zu Ihrem Apéro. Wer kann sich melden, und was versprechen Sie sich davon?

Melden können sich alle Banker, die stellenlos sind oder es demnächst werden könnten. Das Motto lautet: «Interessierte und Gleichgesinnte können miteinander unverbindlich in Kontakt treten, Erfahrungen und Ideen austauschen und zur Selbsthilfe übergehen.»


«Die Plattform muss sich noch entwickeln»


Ich stelle mir einen Rahmen vor, in dem sich nur Gleichgesinnte treffen. Diese Plattform muss sich zuerst noch entwickeln. Hier möchte ich die Teilnehmer auch mitentscheiden lassen.


Der 47-jährige Beat Jakob begann seine Karriere im Bankwesen 1983 bei der damaligen HandelsBank NatWest, bevor er 1989 als Wertschriftenverkäufer zur UBS wechselte. In der Folge durchlief er mehrere Stationen und Abteilungen, bis er im Jahr 2000 zur damaligen HSBC Guyerzeller Bank ging, wo er das Investment Advisory aufbaute. Nach einem zweijährigen Abstecher zur Dresdner Bank kehrte er 2005 zur UBS zurück, wo er zuletzt im Wealth Management als Teamleiter Executives Desk tätig war. Im vergangenen Jahr gründete er seine eigene Firma in Zürich.

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