Die Schweizer Altersvorsorge braucht neue Impulse. Dazu gehört, dass der Kapitalmarkt als «dritter Beitragszahler» mehr Beachtung erhält, schreibt Andreas Barfuss von der Schweizerischen Bankiervereinigung.

Andreas BarfussAndreas Barfuss ist Leiter Finanzmarktrecht bei der Schweizerischen Bankiervereinigung

Die Altersvorsorge und insbesondere die berufliche Vorsorge gehören zu den wichtigsten sozialen Einrichtungen der Schweiz. Früher oder später sind wir fast alle darauf angewiesen. Aufgrund der gestiegenen Lebenserwartung und des schwierigen Zinsumfelds werden verschiedene, teilweise sehr einschneidende Massnahmen diskutiert. In diesem Kontext findet der Kapitalmarkt als «dritter Beitragszahler» viel zu wenig Beachtung.

Altbewährte Anlagestrategien?

In den letzten zehn Jahren wurden über ein Drittel der Altersguthaben mittels Vermögenserträgen gebildet. Die Entwicklungen auf den Finanzmärkten macht es jedoch zunehmend schwierig, diese Erwartungen einzulösen.

Gleichzeitig stellen wir fest, dass sich die Anlagestrategie der Pensionskassen seit den 1980er-Jahren kaum verändert haben. Es dominieren nach wie vor die Anlageklassen Obligationen, Aktien und – eine schweizerische Spezialität – inländische Immobilien. Die Vermutung liegt nahe, dass viele dieser Portfolios für das heutige Umfeld nicht mehr ideal strukturiert sind.

Die Rezepte, welche in der Vergangenheit gut funktioniert haben, sollten für die Zukunft überdacht werden. Es fällt nämlich auf, dass nichttraditionelle Anlagen (z.B. Private Equity, Infrastruktur-Anlagen etc.) typischerweise untervertreten sind.

Nichttraditionelle Anlagen zeichnen sich durch gewisse Besonderheiten und ihre eigenen Risiken aus. Diese Risiken werden jedoch unter Berücksichtigung der spezifischen Risikoprofile und des langfristigen Anlagehorizontes der Pensionskassen-Portfolios mehr als wettgemacht.

Impulse für den «dritten Beitragszahler»

Neben den naheliegenden Konzepten einer Erhöhung des Rentenalters und der Senkung des Mindestumwandlungssatzes braucht es meiner Meinung nach deshalb folgende «mentalen» und politischen Impulse:

  • Eine «Entmystifizierung» nichttraditioneller Anlagen: Verantwortliche von Pensionskassen sollen Berührungsängste mit nichttraditionellen Anlagen ablegen und sich nicht mehr unbesehen mit den mageren Renditen und der teilweise trügerischen Sicherheit herkömmlicher Anlagen begnügen.
  • Flexible Anlagerichtlinien: Studien haben gezeigt, dass mit nichttraditionellen Anlagen vor allem langfristig deutlich bessere Renditen erwirtschaftet werden können, als bei einem Verharren im traditionellen Bereich. Um das Potenzial nichttraditioneller Anlageklassen für Pensionskassen-Portfolios vollständig nutzen zu können, braucht es deshalb flexiblere Anlagerichtlinien und somit eine Überarbeitung der entsprechenden Verordnung.
  • «Prudent Investor Rule»: Langfristig könnten Anlagerichtlinien, die auf Limiten basieren, ganz abgeschafft werden und durch Verhaltensrichtlinien für Pensionskassenchefs ersetzt werden. Unter einem solchen Regime würden die Pensionskassen die anvertrauten Gelder verwalten, als wären es ihre eigenen. Der «Prudent Investor» hat somit grössere Freiräume, trägt aber gleichzeitig auch eine grössere (Ergebnis-)Verantwortung.

Mehr regulatorischer Freiraum

Pensionskassenchefs sind nicht zu beneiden: Von ihnen wird erwartet, dass sie trotz aktuellem Tiefzinsumfeld hohe Erträge erwirtschaften, um den aus heutiger Perspektive zu grosszügig ausgefallenen Rentenversprechen der Vergangenheit gerecht werden zu können.

Auf diese Herausforderung sollte aber nicht nur mit Durchhalteparolen und Aufrufen zu Akzeptanz von Leistungseinbussen reagiert werden. Und allein mit «mehr Mut zur Rendite», geht es selbstverständlich auch nicht. Es kann nicht die Absicht sein, die Pensionskassen-Portfolios in der blinden Hoffnung auf mehr Rendite zusätzlichen Risiken auszusetzen.

Vielmehr sollte genau analysiert werden, ob die herkömmlichen Strategien tatsächlich noch den heutigen Anforderungen entsprechen. Ist dies nicht der Fall, müssen mentale Barrieren überwunden und auch Investitionen in nichttraditionelle Anlagen getätigt werden. Dazu braucht es selbstverständlich auch den entsprechenden regulatorischen Rahmen. 

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