Vorsorge-Experte Herbert Brändli geht mit der Versicherungswirtschaft hart ins Gericht und wirft ihr vor, bloss ihre Pfründen wahren zu wollen.

Herbert.Braendli.quadratHerbert Brändli ist Geschäftsführer der Firma B+B Vorsorge. Er schreibt regelmässig für finews.ch

Die Versicherungswirtschaft bangt wieder einmal um ihre einträglichen Pfründen in der 2. Säule und will darum, dass ihre gewichtigen Pensionskassenkunden die Leistungen senken, schreibt Herbert Brändli (Bild).

Sie argumentiert, die Rentner hätten sich zuviel vom Tisch genommen, weil sie immer länger lebten. Die Aktiven müssten diesen Rentenklau mit zusätzlichen Beiträgen finanzieren und sollten jetzt bitte ihre eigenen Ansprüche beschneiden.

Von den Befürwortern der Senkung des Umwandlungssatzes müssen die heutigen Rentner hinnehmen, die ersten Diebe zu sein, die den Tatbestand Rentenklau passiv und ohne Vorsatz erfüllen. Sie haben die vermeintlich zu hohen Renten zwar selber finanziert und verdanken sie der früheren Leistungskraft ihrer Pensionskassen; dummerweise können diese aber nur schlecht nachträglich gesenkt werden.

Symptome werden als Ursache dargestellt

Der Sache dienlich wäre somit, wenn die heutigen Erwerbstätigen einen tieferen Umwandlungssatz akzeptierten. Damit würden sie eigenhändig die ihnen in Aussicht gestellten Renten beschneiden, obwohl sie nach Meinung der Befürworter bereits die laufenden Renten mitfinanzieren müssen.

Der Destinatär als gut erfüllender Vertragspartner und Eigentümer des Pensionskassenvermögens soll von seinen berechtigten Erwartungen Abstand nehmen. Diese Forderung basiert auf Feststellungen, welche die Realität verkennen, aber als gesicherte Wahrheiten daherkommen. Symptome werden als Ursache dargestellt und letztere einfach unterschlagen: Die verfehlte Qualifikation der Altersvorsorge als Versicherungsprodukt und eine grundfalsche Risikokonzeption der Anlagen.

Feuerlöschen mit Benzin?

Behält man diese Grundlagenirrtümer bei, ist die Lösung des Vorsorgeproblems mit einer Senkung der Umwandlungssätze etwa so aussichtsreich wie das Feuerlöschen mit Benzin. Die gute Nachricht auf dem angestrengten Weg zum Leistungsabbau: Bereits haben Versicherungsgesellschaften im überobligatorischen Bereich die Umwandlungssätze auf 5,4 Prozent gesenkt.

Ein Umwandlungssatz von 5,0 Prozent würde bedeuten, dass die Rente nominal währen 20 Jahren ausbezahlt werden kann, ohne dass auf dem Restkapital eine Rendite erwirtschaftet werden muss. Spätestens dann sollten die Befürworter die Frage, worin der Wert des teuren Umsetzungsapparates der 2. Säule besteht, überzeugend beantworten können.

Satte Gewinne verlangt

Das Geschäftsmodell der Versicherer verlangt die Erarbeitung von satten Gewinnen mit den Geldern der Versicherten. Sie müssen sich auf sogenannt risikolose Anlagen kaprizieren, um immer Ende Jahr ihre Rechnung positiv abzuschliessen. Die Vermögensentwicklung kann darum weder mit der eigenen noch mit der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung mithalten.

Das wären aber minimale Ansprüche der Solidargemeinschaft Pensionskasse. Diese kann nur erfüllen, wer in die Motoren der Wirtschaft investiert, was automatisch mit Vermögensschwankungen verbunden ist. Die versuchte Glättung des Auf und Ab der Märkte ist im Altersvorsorgewesen basiert aus Sicht der Pensionskassen auf einem verqueren, kurzfristigen Risikoverständnis, drückt die Renditen und ist überflüssig.

Finanziell abgesichert

Historische Kapitalrenditen von über 4 Prozent gelten darum heute als unseriös und die Befürworter einer Senkung der Umwandlungssätze sagen sogar, dass derart entwickelte, laufende Renten zu hoch seien. Damit bestätigen sie ungewollt, dass auch die Demographie nicht leistungshemmend sein muss.

Seit es nämlich Pensionskassen gibt, ist die durchschnittliche Lebenserwartung kontinuierlich um 5% pro Dekade angewachsen. Trotzdem sind die Pensionskassenrenten, zumindest bis 1985, ständig angewachsen. Die zunehmenden Laufzeiten wurden regelmässig mit Reserven dank Zusatzerträgen finanziell abgesichert.

Rentner dürfen ewig leben

Die Lebenserwartung der Destinatäre ist für Pensionskassen absehbar. Die finanzielle Absicherung zunehmender Laufzeiten ist kein Risiko und insbesondere kein Versicherungsfall, sie gehört zu ihren zentralen Aufgaben. Nimmt sie diese richtig wahr, dürfen ihre Rentner ewig leben.

Lesen Sie zum Thema auch: «Warum Pensionskassen am 7. März Nein sagen».


 

 

 

 

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