In der Debatte um Grossbanken-Gefahren und den Sinn des Investmentbanking meldet sich Walter Wittmann zu Wort: Der Ökonom fordert eine Abkopplung dieses Geschäfts.


Walter_Wittmann_qWalter Wittmann ist emeritierter Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Freiburg. Bekannt wurde er durch diverse wirtschaftspolitische Sachbücher. Unter anderem veröffentlichte er 2007 «Der nächste Crash kommt bestimmt», in dem er die nachfolgenden Ereignisse vorweg nahm. Im Frühjahr erschien sein nicht weniger prophetisches Buch «Staatsbankrott».


Im Rahmen der laufenden Kontroverse um die tragbare Grösse der Grossbanken und damit des Finanzplatzes taucht regelmässig die Forderung auf, das (ausländische) Investmentbanking müsse abgekoppelt werden. Erst dann hätten die Grossbanken eine Grösse, dass man sie fallen lassen könne; und erst dann müssten nicht mehr vom Staat gerettet werden, seien nicht «too big to fail».

Die Grossbanken fahren in der Debatte mit schwerem Geschütz auf: Der Finanzplatz sei in der aktuellen Ausgestaltung – mit globalem Investmentbanking – für einen prosperierenden Werkplatz unverzichtbar. Die Ausgliederung des Investmentbankings würde der Exportwirtschaft und dem Wohlstand des Landes schaden.

Es gibt Investmentbanking und Investmentbanking

Dabei wird unterschlagen, dass es zwei radikal unterschiedliche Arten von Investmentbanking gibt. Die eine erfolgt ausschliesslich im Auftrag von Kunden aus Unternehmen, privaten Haushalten und Staat. Die andere wird davon unabhängig betrieben, sozusagen im Selbstauftrag. Man betätigt sich als «Investmentbank», um Gewinne zu erzielen, auf eigene Rechnung (und Gefahr): Es geht letztlich ausschliesslich um Finanzgeschäfte, nicht zuletzt mit spekulativer Ausrichtung.

Die erste Periode, jene des klassischen Investmentbanking, dauerte bis in die Achtzigerjahre hinein. Zusätzlich zu den Aktivitäten als «Geschäftsbank» und der Vermögensverwaltung wurden unter anderem folgende Funktionen wahrgenommen: Beratung von Unternehmen bei der Gründung, Expansion, Fusionen und Übernahmen. Hinzu kamen Emission und Handel mit Aktien, Obligationen, Devisen, Rohstoffen sowie – dominant – Edelmetallen. Und: Die Banken waren (noch) nicht global tätig.

Teure Käufe in London und New York

Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte die Schweiz dank der Exportwirtschaft eine spektakuläre Expansion erlebt: Sie stieg zum reichsten Land der Welt auf. Das wohlverstanden ohne das «moderne» (amerikanische) Investmentbanking. Dieses ist entgegen den Behauptungen der Grossbanken für eine prosperierende Schweiz nicht erforderlich.

Zu einer neuen Epoche im Investmentbanking kam es, von den USA ausgehend, ab den Achtzigerjahren. Dazu gehören unter anderem die Umwandlung von Krediten, auch Hypotheken, in handelbare Papiere (Verbriefung); ferner Hedgefonds, die mit hohem Kredithebel spekulieren; ab den Neunzigerjahren eine explosive Entwicklung bei «Derivaten», und: Der Eigenhandel mit Produkten aller Art stiess in unvorstellbare Dimensionen. Das Investmentbanking entwickelte sich zum Finanz-Casino.

Ab den Achtzigerjahren wandten sich die hiesigen Grossbanken dem Investmentbanking amerikanischen Stils zu. Die SKA (CS) stieg 1978 bei First Boston ein, 1990 erhöhte sie die Beteiligung auf 70 Prozent: Dann wurde der Name in Credit Suisse First Boston (CSFB) abgeändert. Im Jahr 2000 geriet CSFB an den Rand des Ruins, musste von der CS gerettet werden.

Die SBG (UBS) beteiligte sich 1984 mit 30 Prozent an Phillips & Drew in London, die volle Übernahme erfolgte 1987. Der Bankverein kaufte 1992 den Derivatenproduzenten O’Connor (Chicago). Dazu kam S. G. Warburg (London) 1995.

Der Finanzplatz gefährdet sich selbst

Bankverein und Bankgesellschaft fusionierten 1997 zur UBS. Der Hedgefonds LTCM, an dem die UBS beteiligt war, brach 1998 ein, bescherte der UBS einen Verlust von 700 Millionen Dollar. Zu einem übersetzten Preis wurde im Jahr 2000 – kurz vor dem Platzen der Hightech-Blase – der US-Brokerriese PaineWebber übernommen. Danach ging es turbulent weiter bis zum Paukenschlag vom 16. Oktober 2008, als Bund und Nationalbank die UBS wegen der Investmentbank retten mussten.

Der Finanzplatz ist nicht erst heute ein Klumpenrisiko für unser Land. Bezogen auf die Wirtschaftskraft – das BIP – ist er doppelt so gross wie der englische und achtmal grösser als der amerikanische. Es geht hierzulande um Dimensionen, die ausserhalb jeder Reichweite liegen. Die einhellige Meinung von Finma und unabhängigen Experten ist: Der Finanzplatz ist eine akute Gefahr für sich selbst, den Werkplatz und die Schweiz. Bricht (nur) eine Grossbank ein, so ist das Desaster nicht abzuwenden.

Daher kann es nur eine Forderung geben: Das ausländische Investmentbanking ist abzutrennen und ins Ausland zu verlagern – mitsamt dem entsprechenden Sitz.

Der Text erschien zuerst in der Zeitung «Südostschweiz».

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
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