Das Jahr in der Schweizer Finanzbranche hat bereits fulminant begonnen. finews.ch nennt zehn Baustellen, die weiter zu reden geben werden.

Die grosse Konsolidierung ist da. Doch wird es den Banken auch gelingen, den Paradigmenwechsel zu ihren Gunsten zu nutzen? Zehn Pendenzen auf dem Schweizer Finanzplatz.

1. Was erreicht Sergio Ermotti?

Seit zwei Monaten ist der Tessiner Sergio Ermotti definitiv an der Spitze der grössten Schweizer Bank installiert. Zu beneiden ist er deswegen kaum. Er muss Stellen abbauen, der Vermögensverwaltung ein neues Gesicht geben und die Investment-Bank schrumpfen, während ihm die Kritiker notorisch vorhalten, dass alles viel zu langsam und halbherzig vonstatten geht. Im angespannten Umfeld und mit einer Bank, die seit fünf Jahren im Dauerumbau steckt, hat es Ermotti nicht einfach. 2012 feiert die UBS ihr 150-jähriges Bestehen – gleichzeitig ist das ein Schicksalsjahr.

2. Wie weiter mit «Safrasin»?

Der Übernahmepoker um die Bank Sarasin war das bisher grösste Ereignis in der Konsolidierung. Unklar bleibt, welche Rolle den Baslern im weit verzweigten und verschwiegenen Imperium der brasilianischen Safra-Gruppe zukommt. Bislang ist davon noch nichts durchgesickert. Und bleibt der Nachhaltigkeitsgedanke für die Bank zentral? In aufstrebenden Ländern wie Brasilien spielt das Thema nämlich eine untergeordnete Rolle. Hinter dem Safra/Sarasin-Deal verbergen sich noch allerhand Fragezeichen.

3. Clariden Leu am Ende

Das Jahr 2012 markiert das Ende einer grossen Bankmarke, die in ihren Ursprüngen bis 1755 zurückreicht; damals wurde die Bank Leu in Zürich gegründet. Aus ihr wurde viele Jahrhunderte später das Fusionskonstrukt Clariden Leu, das jedoch nie überzeugt hat. Der „Business Case" blieb nebulös, während die CS-Oberen dem Niedergang ihrer Banktochter passiv zuschauten. Erst CS-Manager Hans-Ulrich Meister schritt zur Tat. Nun wird Clariden Leu in Windeseile der Credit Suisse einverleibt. Fragt sich, wie viel Substanz dabei verpufft.

4. Hält die Euro-Untergrenze?

Erfolgreich konnte die Schweizer Nationalbank (SNB) den Franken an den Euro koppeln. Doch seit dem überraschenden Abgang von Nationalbank-Präsident Philipp Hildebrand ist einiges in der Schwebe. Wir der nächste Primus inter pares an der Spitze der SNB ähnlich handeln? Kritische Stimmen, wie die Ökonomen der US-Investmentbank Morgan Stanley, bezweifeln, dass die Nationalbank die Untergrenze halten kann. Sie erwarten, dass die SNB heuer massiv unter Druck kommt.

5. Was soll die Bankiervereinigung?

Nach anfänglicher Euphorie unter ihrem charismatischen Präsidenten Patrick Odier und ihrem emsigen CEO Claude-Alain Margelisch wurde es im letzten Jahr sehr ruhig um die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg). Nicht der Dachverband der Schweizer Banken, sondern Politik und Behörden vereinnahmten die Themen des letzten Jahres. Heuer feiert die SBVg ihr 100-jähriges Bestehen. Mehr denn je muss sie beweisen, dass es sie noch braucht. Ansonsten kann sie abgewickelt werden – wie Clariden Leu.

6. Raiffeisen hat noch Hunger

Im Rennen um Sarasin zeigte sich, dass die Raiffeisen-Gruppe unter ihrem nimmermüden Chef Pierin Vincenz viel Appetit hat. Im Verbund mit einem namhaften Finanzinstitut will man zur dritten Kraft im Schweizer Private Banking aufsteigen. Ob das vermessen ist oder nicht, sei dahingestellt. Bei der weiteren Konsolidierung dürften in diesem Jahr wichtige Impulse von Raiffeisen kommen.

7. Kantonalbanken auf Sinnsuche

Nach dem Intermezzo von Peter Siegenthaler, dem früheren Direktor der Finanzverwaltung, hat der Verband der Schweizerischen Kantonalbanken (VSKB) einen neuen Spiritus rector: Urs Müller, bisher Direktor und Chefökonom des Konjunkturforschungsinstituts BAK Basel Economics. Sein Aufgabenheft ist dick. Im Tiefzinsumfeld und angesichts der generellen Trägheit der Kunden sind die Kantonalbanken extremen Gegenwinden ausgesetzt. Vieles spräche dafür, dass die 24 Häuser enger kooperierten. Das föderalistische Denken einzelner Banken liess das bisher nicht zu. Hier liegt die grösste Herausforderung für Urs Müller.

8. Abgeltungssteuer in der Schwebe

Mit viel Tamtam wurde 2010 die Abgeltungssteuer zwischen der Schweiz und Deutschland initiiert. Letztes Jahr wurde dann eifrig verhandelt. Doch das Vertragswerk gilt noch immer nicht. Grund dafür sind innenpolitische Querelen in Deutschland. Inzwischen mauert auch noch Frankreich. Wer noch immer nicht gemerkt hat, dass die Europäer auf einen automatischen Informationsaustausch zusteuern, verkennt den Ernst der Lage. Die Schweiz sollte mehr Standhaftigkeit beweisen.

9. Lackmustest Fatca

Seit ein knappes Dutzend Schweizer Banken wegen ihrer amerikanischen Offshore-Kunden in Geiselhaft genommen wurden, hat der Finanzplatz Schweiz seinen Nimbus verloren. Das Bankgeheimnis ist löchriger als es sich ein Schweizer Banker je hätte vorstellen können. Siehe die jüngsten Vorkommnisse bei der Credit Suisse. Doch es geht weiter: Mit dem Foreign Account Tax Compliance Act, kurz Fatca genannt, wird das Steuerreporting für die Schweizer Geldhäuser nochmals verschärft und teurer. Für nicht wenige Akteure wird dieses Regelwerk zum Lackmustest.

10. Saving Swiss Private Banking

Woran liegt es, dass die Schweizer Bankbranche ein versprengter Haufen bleibt? Weder die vielen Unwägbarkeiten noch die Konsolidierung haben dazu geführt, dass die Banken geeint nach aussen auftreten. An PR-, Branding- und anderen Experten fehlt es eigentlich nicht – eher an Persönlichkeiten, die ihre Mission so darlegen können, dass sie über das Pekuniäre hinaus strahlt und die volkswirtschaftliche Bedeutung der Banken unterstreicht.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.62%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.55%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.21%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.12%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.5%
pixel