Wegen des Dauerkrimis rund um die Krise in der Euro-Zone und der starken Kursschwankungen an den Börsen, stehe derzeit vor allem der taktische Einsatz von ETFs im Vordergrund, sagt Roland Fischer von Société Générale/Lyxor.

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Herr Fischer, Exchange Traded Funds (ETF) waren in den letzten Jahren der Renner unter Anlegern. Seit einigen Monaten macht sich Skepsis bemerkbar. Woran liegt das?

Zuerst mal sind ETF wie alle Risikoanlagen wegen der allgemein gestiegenen Risikoscheu der Investoren etwas weniger gefragt. Zudem haben die Aufsichtsbehörden in Europa auf Risiken in den ETF-Vermögen aufmerksam gemacht. Diskutiert wurden namentlich die Gegenparteirisiken bei den synthetisch abgebildeten ETF aufgrund der Tauschgeschäfte, der Swaps, und bei den physisch abgebildeten ETF aufgrund der Wertpapierleihe.

Diese Wogen haben sich geglättet. Die ETF-Anbieter haben in letzter Zeit die Transparenz erheblich verstärkt. Und in Europa läuft die Vernehmlassung über neue ETF-Transparenzregeln, die noch im Laufe dieses Jahres in Kraft treten werden.

Viel zu reden gab die Besicherung von ETFs. Was genau war dabei das Problem?

Am Anfang ging es in der Diskussion vor allem um die Absicherung der Gegenparteirisiken, die über die Tauschgeschäfte bei den synthetisch abgebildeten ETF entstehen. Dann wurde entdeckt, welche erheblichen Sicherheitsrisiken bei der Wertpapierleihe entstehen, die bei den physisch abgebildeten ETF zur Renditensteigerung betrieben wird: Gegenparteirisiko des Entleihers der Wertpapiere, Zusammensetzung des Sicherheitsportfolios nach der Wertpapierleihe.


«Synthetische ETFs haben kleineren Tracking Error»


In den vorgesehen europäischen ETF-Transparenzregeln nehmen die strengeren Regeln über die Wertpapierleihe der physisch abgebildeten ETF einen breiten Raum ein.

Welche Risiken bestehen denn bei synthetischen ETFs gegenüber «physischen» Produkten?

Auch wenn es in der jüngsten Diskussion etwas vergessen ging: ETF-Anleger kaufen in erster Linie einen möglichst genauen Indexverlauf. Da sich Indizes in der Regel synthetisch sehr genau abbilden lassen, besteht bei den synthetischen ETFs tendenziell das kleinere Indexabweichungsrisiko (Tracking Error).


«Lyxor hat Qualitätsstandards lanciert»


Gemäss den vorgesehenen europäischen ETF-Transparenzregeln muss der Tracking Error künftig von allen ETF veröffentlicht werden. Kommt dazu: In beiden ETF-Kategorien gibt es Gegenparteirisiken, und zwar über die Tauschgeschäfte bei den synthetischen und über die Wertpapierleihe bei den physischen Produkten. Und in beiden ETF-Kategorien entstehen Risiken aus der Zusammensetzung des effektiven ETF-Portfolios.

Wie geht man bei Lyxor mit diesem Problem um?

Lyxor hat im November 2011 die selbstverpflichtende ETF-Charta lanciert. Im Sinne eines aktiven Treibers und Umsetzers von mehr Transparenz, Effizienz und Liquidität sollen damit Qualitätsstandards für den gesamten ETF-Markt geschaffen werden. Die Charta enthält namentlich Richtlinien zur Qualität des Asset Managements, zum Indextracking, zur Transparenz, zum Gegenparteirisiko sowie zum Handel im Primär- und Sekundärmarkt.

Dementsprechend wird auf der Website für jedes Produkt täglich eine vollständige Liste aller direkt gehaltenen Wertpapiere und der Swap-Partner veröffentlicht. Darüber hinaus werden mögliche Risiken beseitigt, indem das Gegenparteirisiko täglich auf nahe null gesetzt wird.

Was empfehlen Sie Ihren Kunden respektive worauf sollten die Kunden achten?

Die Anleger müssen mehr denn je auf das Transparenz-Angebot des ETF-Anbieters achten: täglicher Ausweis der Zusammensetzung des Vermögens, Information über die Tauschgeschäfte oder die Wertpapierleihe und die damit verbundenen Gegenparteirisiken. Bei den Kosten genügt es nicht, nur die Gesamtkostenquote TER (Total Expense Ratio) anzuschauen.


«Unsere Standards sollen für die Branche wegweisend sein»


Einzubeziehen sind auch die in der TER nicht enthaltenen Handelskosten. Ein weiterer Punkt ist die Qualität der Abweichung des ETF vom zugrunde liegenden Index: Der Tracking Error sollte möglichst klein sein. Ein grosser Vorteil der ETFs ist deren Handelbarkeit an der Börse. Bei der ETF-Auswahl müssen deshalb die Liquidität und damit die möglichst geringen Spreads der auszuwählenden ETFs an der Börse berücksichtigt werden.

Verschiedene Grossanbieter (UBS, iShares, Deutsche Bank) kündigen eine eigentliche Produkte-Offensive in Sachen ETF in diesem Jahr an. Wie gedenken Sie darauf zu reagieren?

Mit der Lancierung der Lyxor-ETF-Charta im November 2011 machen wir deutlich, wie wir uns positionieren wollen: Rund um unser ETF-Angebot im Dienste der Anleger vollständige Transparenz, Effizienz und Liquidität schaffen. Unsere selbst auferlegten Qualitätsstandards und Transparenzregeln sollen für die ganze ETF-Branche wegweisend sein. Wir kommunizieren überdies in einer verständlichen Sprache über alle uns zur Verfügung stehenden Kommunikationskanäle die Chancen und Risiken der synthetisch abgebildeten ETF.


«Wir arbeiten mit 15 Market-Makern zusammen»


Eine wichtige strategische Stossrichtung ist des weitern die Schaffung einer genügenden Liquidität für die bestmögliche Preisbildung der ETF auf den Sekundärmärkten: Die Lyxor ETF sind an verschiedenen Börsen kotiert und Lyxor und Société Générale Corporate & Investment Banking arbeiten mit mehr als 45 autorisierten Marktteilnehmern und 15 Market Makern zusammen. Die Anleger können somit auswählen, wo und mit wem sie handeln.

Lyxor ist ein relativ kleiner Akteur im hiesigen Markt. Inwiefern ist das ein Vorteil?

Vorerst gilt es festzustellen: Viele Anleger nutzen für ihre ETF-Anlagen gerne den Börsenplatz der Erstkotierung. Das ist bei uns Euronext Paris. Deshalb widerspiegelt unser Marktanteil an der Schweizer Börse kaum unseren gesamten Marktanteil in der Schweiz. Für unser zukünftiges Schweizer Geschäft sind wir optimistisch. Denn allgemein sind die ETFs nach wie vor ein Wachstumsmarkt, zumal wenn die Risikoscheu vieler Anleger etwas abnimmt.


«Die Schweiz ist für die Lyxor-ETFs ein Kernmarkt»


Auch hierzulande werden mehr und mehr Investoren aus Bereichen wie den Pensionskassen, den Versicherungen, den Family Offices und den Privaten die ETF-Vorteile kennen und schätzen lernen. Und weil die Schweiz auf jeden Fall ein Expertenland für die Vermögensverwaltung bleibt, werden auch immer mehr kostenbewusste internationale Kunden ETF-Anlagen verlangen.

Welche konkreten Pläne haben Sie in Bezug auf den Standort Zürich?

Die Schweiz ist für die Lyxor-ETFs ein Kernmarkt, auf dem wir weiter wachsen wollen. Der reine Produktverkauf ist allerdings passé. Die Anleger aller Kategorien suchen nach Lösungsansätzen für die Umsetzung ihrer Anlageziele. Im Hinblick darauf liefern wir Ideen, decken Zusammenhänge auf, erarbeiten individuelle Lösungen. Erst am Ende dieses Beratungsprozesses werden dann die geeigneten ETFs eingesetzt. Unser Zürcher Team wird aus der Sicht dieser Kundenbedürfnisse zusammengestellt und geschult.

Welche ETF-Trends sehen Sie 2012?

Auf Grund des Dauerkrimis rund um die europäischen Schuldnerländer und der damit verbundenen Kursschwankungen an den Börsen, steht derzeit vor allem der taktische Einsatz von ETFs im Vordergrund: Investoren tätigen kurzfristige Anlagen mittels Long- und Short-ETF, um damit die Volatilität auszunutzen oder ihr Portfolio abzusichern. Dabei wird namentlich eine Stärke der ETF genutzt: die schnelle und effiziente Handelbarkeit über die Börse.


«Das ETF-Wachstum wird um 15 Prozent zulegen»


In den nächsten Jahren wird das ETF-Wachstum in Europa in der Grössenordnung von 15 Prozent weitergehen. Denn ETF bleiben ein kostengünstiges und liquides Investment. Auch die Privatanleger wissen diesen Vorteil immer mehr zu schätzen. Somit bleiben ETF auf dem Siegeszug, wenn auch nicht mehr mit den früher enormen Wachstumsraten. Spannend sind aktuelle Trends: Immer mehr US-amerikanische Investmentgesellschaften steigen neu in den ETF-Markt ein. Und ETF-Anbieter entwickeln eigene Indizes, um kosteneffizienter zu werden. Das zeigt: ETF sind im globalen Finanzmarkt zu einer festen Grösse geworden.


Roland_Fischer_4Roland Fischer ist Head of Institutional ETF Sales Switzerland bei Société Générale Corporate and Investmentbanking in Zürich. Er leitet seit Oktober 2011 das Schweizer ETF-Geschäft von Lyxor Asset Management.

Vorher war er bei db x-trackers, der ETF-Plattform der Deutschen Bank, in Frankfurt und Hongkong tätig. Fischer studierte an der Goizueta Business School und der Frankfurt School of Finance and Management mit einem Schwerpunkt auf Quantitative Finance.

 

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