Herbert_Braendli_qWerde die Vorsorge in einen derart engen Schraubstock gespannt, seien happige Verluste unvermeidbar, schreibt Herbert Brändli.

Herbert Brändli ist Geschäftsführer der B+B Vorsorge. Er schreibt regelmässig für finews.ch.

Seit 1972 führen in der Schweiz Arbeitnehmer von ihrem Arbeitgeber unab-hängige Pensionskassen. Das erfolgreiche, freiheitlich organisierte und selbst verwaltete System wurde mit dem BVG umfunktioniert und fortan immer intensiver staatlich geregelt. Das damit angekratzte Vertrauen der Versicherten soll jetzt wieder repariert werden.

Das BVG hat den Pensionskassen 1985 minimale obligatorische Leistungen diktiert. Mit einer unbändigen Regulierungswut wurde dieses minimale Leis-tungsprimat zum Beitragsprimat umfunktioniert und auch im freiwilligen Bereich bis in operationelle Details reguliert.

Mittlerweile alles vorgeschrieben

Den Pensionskassen werden mittlerweile Organisation, Führung, Finanzierung, Anlagen, Sicherheitslimiten sowie die Verteilung der erwirtschafteten Erträge, mithin alles vorgeschrieben.

Neu sollen Revisoren und Aufsichtsstellen auch noch Rechtschaffenheit, Wohlverhalten, Unabhängigkeit und Loyalität von gewählten Führungsorganen, sowie der Berater und Zulieferer laufend kontrollieren.

Erheblicher Mehraufwand

Diese kollektive Desavouierung der Akteure der 2. Säule führt zu erheblichem Mehraufwand. Schätzungen von Experten bewegen sich zwischen 100 und 200 Franken pro Versicherten und Jahr, je nach Grösse der Pensionskasse.

Das trifft rund 700'000 KMU Mitarbeiter hart, die in kleinen Pensionskassen organisiert sind. Für sie betragen die Mehrkosten rund 140 Franken. Dieser Kostenschub lässt eine weitere Auflösungswelle befürchten, welche von 17'900 Vorsorgeeinrichtungen im Jahr 1985 die meisten weggeschwemmt hat. Heute werden noch 2'300 registrierte Pensionskassen erfasst.

Juristisch und wirtschaftlich getrennt

Bis 1985 reichten ein einziger Artikel in der Bundesverfassung und zwei drei Artikel im Obligationenrecht (OR) und Zivilgesetzbuch (ZGB) für eine tragfähige 2. Säule. Pensionskassen waren damit von ihren Unternehmen juristisch und wirtschaftlich getrennt.

Sicherheitshalber durften sie auch keine Darlehen mehr an den eigenen Arbeitgeber gewähren. Die damit geschaffene Unabhängigkeit ist der entscheidende Vorteil im internationalen Vergleich.

Angriff auf das Fundament

Mit dem BVG und seinen Rechnungslegungs- und Sanierungsvorschriften wurde diese grundlegende Abschottung der Vorsorgevermögen von den Ar-beitgebern faktisch rückgängig gemacht.

Parallel zu diesem Angriff auf das Fundament der 2. Säule hat der Regulator tragende Strukturen laufend abgebaut und er ist drauf und dran, diese mit seiner Strukturreform ganz zu zerstören.

Schwächung der Eigenverantwortung

Die neuen, skandalösen Verordnungen spannen die berufliche Vorsorge in einen derart engen Schraubstock, dass Verluste bei der Führung und Verwaltung unvermeidbar sind. Vertrauen schaffen war das Ziel der Übung.

Mit der Schwächung von Eigenverantwortung und geschaffenen Rechtsunsicherheiten wird das Gegenteil erreicht. Das Reparaturdienstverhalten – noch mehr Regelungen in einer bereits wirkungslos überregulierten Überwachungsorganisation – ist ein klassischer Fehler bei der Steuerung komplexer Systeme.

Unreflektierte Bestimmungen

Die kontraproduktive Komplexität des Systems nimmt weiter zu, und es bleibt schleierhaft, wie sich Milizorgane in diesem Regelungsdickicht noch zu Recht finden sollen. Die Sorgen um die Einhaltung des komplexen Regelwerks übertreffen die Sorgen um die berufliche Vorsorge bei weitem.

Diese unnötigen Sorgen werden mit neuen, unreflektierten und konträren Bestimmungen in einem Umfeld erhöht, wo die Selbstregulierung der Vorsorgebranche unter unabhängigen Sammelstiftungen seit langem greift.

Verordnungen ohne Wirkungen

Probleme ergaben sich genau da, wo die Charta des Pensionskassenverbands ASIP mit ihren Regeln zu Loyalität und Integrität auch bisher nicht wirklich verpflichtend war, namentlich bei öffentlich-rechtlichen Vorsorgeeinrichtungen und bei Versicherungssammelstiftungen.

Genau dort bleiben auch die neuen Verordnungen wiederum ohne Wirkung, weil diesen Vorsorgeeinrichtungen nach wie vor ihre eigenen Gesetze und Aufsichten zugestanden werden.

Transparenz fehlt

Vertrauen bildet das Wissen über die Entwicklung der Guthaben und die Verwendung der Beiträge. Dieser Informationspflicht kommen unabhängige Pensionskassen schon lange nach und sie geniessen entsprechend hohes Vertrauen, wie Umfragen belegen.

In den vorgeschobenen KMU-Sammelstiftungen der Lebensversicherer fehlt hingegen jegliche Transparenz. Von daher kommen auch die Klagen, welche die Rentenklaudiskussion auslösten und zur Abstimmungsschlappe des Bundesrats im März 2010 führten.

Zurück zu mehr Vertrauen

Sollten die Versicherer zur Transparenz finden, die ihnen verbietet mit Reserven der Versicherten zu spekulieren und Vorsorgegelder für Bonuszahlungen und Dividenden abzuzweigen, werden automatisch Räson und Effizienz der Pensionskassen verbessert und das Vertrauen bald wieder zurückkehren.

 

 

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