Wer jung ist und viel Geld hat, vertraut besonders stark auf Vermögensberater – stärker als die ältere Generation. Erstaunt Sie das? Auch andere beliebte Klischees sind offenbar falsch.

Gleich zwei Untersuchungen, durchgeführt in den USA, versuchten jetzt die Investment-Attitüden junger reicher Menschen herauszufinden. Die eine verdanken wir Fidelity, dem Finanzkonzern aus Boston; und die andere der Spectrem Group, einer Beratungsfirma für die Wealth-Management-Branche.

Dabei wählte der «2013 Fidelity Millionaire Outlook» das Mittel des Vergleichs: Der Asset-Management- und Fonds-Riese befragte einerseits reiche Menschen unter 40 (die Generationen X und Y), und andererseits die älteren «Baby-Boomer».

Die wichtigsten Ergebnisse:

  • Ältere suchen weniger Rat. Schon ein erstes Ergebnis widersprach allen Erwartungen: Die HNWI im Alter unter 40 äusserten zu 92 Prozent die Bereitschaft, mit einem Vermögensberater zusammenzuarbeiten – also fast alle. Bei der älteren Baby-Boomer-Generation lag die Quote indessen nur bei zwei Drittel (62 Prozent).
  • Junge sind gut informiert. Auf der anderen Seite haben auch die jüngeren Millionäre ein erhebliches finanzielles Selbstbewusstsein: Zu 61 Prozent entscheiden sie alleine über ihre Investments (sie halten also wenig von Vermögensverwaltungs-Mandaten). Etwa gleich hoch war der Anteil jener, die sich für gut informiert halten (62 Prozent) und die Spass haben am Investieren (61 Prozent).
  • Jüngere delegieren ungern. Allerdings greifen auch die jüngeren Millionäre meistens auf die Zweitmeinung von Wealth Managern zurück – sie handeln seltener allein als Ältere. «Überprüfung statt Delegation»: So fasst Fidelity die Funktion von externen Geldberatern für die Reichen der Generationen X und Y zusammen.
  • Spielwiesen für Vermögensverwalter. Sehr beliebt ist denn auch eine andere Lösung: Man managt einen Teil seines Vermögens selber – und übergibt einem Vermögensverwalter den Rest. Dieses Setting wird von 77 Prozent der Generation-X/Y-Millionären angestrebt; bei den Boomern sind es nur 41 Prozent.
  • Junge haben Spass am Anlegen. Der Eindruck wird bestätigt durch die andere erwähnte Studie: Laut den Daten der Spectrem Group, erhoben bei Millionären unter 32, bezeichnen sich knapp die Hälfte als autonome Investoren, die einen Experten höchsten zur Beratung heranziehen. Und 59 Prozent äusserten Spass an der Aufgabe des Anlegens.
  • Ältere delegieren lieber. Das allgemeine Bild erhärtet sich auch im umgekehrten Blick: Gerade mal 6 Prozent der jüngeren Millionäre geben ihre Investmententscheidungen vollständig ab; bei der Babyboomer-Generation sind es 20 Prozent.
  • 30 Trades pro Monat. Jüngere Millionäre sind deutlich aktiver und aggressiver: Im Schnitt kommen sie pro Monat auf 30 Trades.
  • Gesucht: Der Berater des Vertrauens. Jüngere Millionäre suchen zunehmend wieder eine gewisse Überschaubarkeit: 75 Prozent haben in den letzten Jahren die Zahl ihrer Berater abgebaut beziehungsweise die verwalteten Vermögen bei einzelnen Advisors konzentriert. Das ist deutlich mehr als bei den Babyboomern, wo nur 32 Prozent solch eine Konzentration durchzogen.
  • Technologie ist wichtig, aber nicht entscheidend. Dem Klischee entspricht dann aber das Ergebnis in Sachen Technologie. 83 Prozent der Jüngeren, aber nur ein Viertel der Baby-Boomer möchte neue Geräte und technische Möglichkeiten rasch kennenlernen. Und entsprechend sagen fast neun von zehn Generation-X/Y-Millionären, dass die Technologie das Verhältnis zu ihren Finanzberatern prägt. Bei den älteren Reichen liegt die Quote bei etwa einem Drittel.
  • Junge Millionäre wollen vererben. Interessant ist, dass die Jüngeren durchaus langfristiger denken: 68 Prozent gaben als Ziel an, ihren Erben möglichst viel Geld zu hinterlassen. Bei der älteren Babyboomer-Generation fanden dies nur 52 Prozent.

Was bedeutet das nun für Banken, Berater, unabhängige Vermögensverwalter, Family-Office-Manager? Es wird spürbar, dass die jüngeren Kunden viel stärker informiert und deshalb anspruchsvoller sind – aber zugleich bereit für treuere Beziehungen. Sie fordern technologisches Know-how, aber sie sind auch tolerant.

Im anderen Report befragte die Spectrem Group reiche Menschen mit einem Net Worth von mehr als einer Million Dollar, die jünger als 32 Jahre alt sind. Hier wurde eher nach Details im Umgang zwischen Wealth Managern und Kunden gefragt.

  • Junge sind pingelig beim Service. Zum Beispiel gaben grosse Anteile an, dass gewisse Detailmängel genügen könnten, um den Vermögensverwalter zu wechseln – etwa zuwenig rasche Rückrufe (54 Prozent), keine proaktiven Anregungen (49 Prozent), keine guten Ideen (46 Prozent) oder dass Mails nicht prompt beantwortet werden (46 Prozent).

Erstaunlicherweise waren die Kündigungs-Quoten aus solchen Gründen höher als bei einem Verlust im Portfolio über ein Jahr (44 Prozent).

Die Umfrage von Fidelity wurde im Mai unter Kunden mit mindestens 1 Million Dollar an investierbarem Vermögen durchgeführt. Die befragten Jung-Millionäre (Generation X/Y) hatten im Schnitt 5,7 Millionen Dollar an Vermögen, und sie waren 37 Jahre alt. Die befragten Baby-Boomer-Vertreter hatten im Schnitt 5,2 Millionen Dollar Vermögen, und sie waren durchschnittlich 65 Jahre alt.

Quellen: «2013 Fidelity Millionaire Outlook», Fidelity, September 2013 — «The Financial Attitudes of High Net Worth Millennials», Spectrem Group, September 2013