Die Basler Kantonalbank erfindet sich neu. Dies könnte die Blaupause für andere Staatsinstitute sein – gerade weil auch sie mit enormen Herausforderungen konfrontiert sind. Eine Analyse in neun Punkten.

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«Kein Stein bleibt auf dem anderen.» Mit diesen Worten kündigte die Basler Kantonalbank (BKB) unlängst einen radikalen Umbau an. Per Video meldete sich sogar Konzernchef Guy Lachapelle zu Wort. Seine Botschaft: «Wir wollen die Bank für Baslerinnen und Basler sein.»

Damit besinnt sich die BKB auf ihren Leistungsauftrag, der vom Insitut fordert, die Geld- und Kreditbedürfnisse der Kantonsbevölkerung und des lokalen Gewerbes zu decken

Lachapelles unmissverständliches Bekenntnis lässt aufhorchen. Denn es lässt sich durchaus als Blaupause für das Modell der Kantonalbank von morgen verstehen. Und was heisst das konkret? Eine Auflistungen von Beobachtungen im Kantonalbanken-Umfeld lässt erste Schlüsse zu:

1. Rückzug

Die zum Teil missglückten Expansionsbemühungen mancher Staatsinstitute ausserhalb der eigenen Kantonsgrenzen haben zu einer Rückkehr in das eigentliche Einzugsgebiet geführt. Das zeigt sich etwa auch darin, dass die BKB ihre Private-Banking-Filialen in Zürich und Genf wieder geschlossen hat, nachdem sie vor rund gut 15 Jahren mit grossem Hurra eröffnet worden waren.

2. Rückbesinnung

Es waren gerade diese ausgestreckten «Private-Banking-Fühler», die manchen Kantonalbanken in den vergangenen Jahren gehörig Probleme eingebrockt haben. Dass die BKB in den US-Steuerstreit geriet, hat mit der Geschäftsstelle in Zürich zu tun, wo man eifrig unabhängige Vermögensverwalter bedient hat, die unversteuerte Kunden aus Amerika betreuten.

Auch die Zürcher Kantonalbank (ZKB) agierte in diesen Belangen nicht besonders umsichtig und figuriert heute wie die BKB in der Kategorie 1 des US-Programms. Den beiden Instituten droht eine nicht unerhebliche Strafe, was wiederum zur Folge hat, dass sich die Kantonalbanken in der Zukunft generell weniger mit Auslandkunden beschäftigen werden. 

3. Filialen

Galten die Staatsinstitute in der Vergangenheit per se als die Bank von nebenan, so wird sich das noch in diesem Jahr drastisch ändern. In der «Neuen Welt» kann keine Kantonalbank praktisch in jedem Dorf eine voll ausgebaute Filiale mehr unterhalten.

Im Zeitalter des Kostendrucks, der Digitalisierung und der veränderten Bedürfnisse der Kunden wird es einerseits zu einer Schliessung zahlreicher Filialen kommen und andererseits zu einer Differenzierung zwischen verschiedenen Geschäftsstellen-Typen (mit/ohne Beratung, Schalter, Online-only).

4. Digital

Es sind nicht nur die Grossbanken, die mit ihren Mega-Budgets die Digitalisierung vorantreiben. Wie das Beispiel der Glarner Kantonalbank (GLKB) eindrücklich zeigt, kann auch ein kleineres, regional ausgerichtetes Institut in Sachen Fintech an vorderster Front mitmischen und sozusagen ein Innovations-Pionier sein.

Die GLKB hat es frühzeitig verstanden, mit den richtigen Partnern zu kooperieren und mit dem Hypomat und dem Investomat neue Massstäbe in der Retailbanking-Landschaft zu setzen.

5. Staatsgarantie

Lange Zeit stand die Staatsgarantie der Kantonalbanken ausser Frage; dann, im Zuge marktliberaler Vorstösse, geriet diese «Vollkasko-Versicherung» für Staatsbanken gehörig in die Kritik. Nun, da sich die Kantonalbanken «geografische Fesseln» anziehen, sind auch die Kantonsparlamente eher wieder bereit, eine mehr oder weniger umfassende Staatsgarantie zu offerieren.

Bis heute sind es immerhin 21 von total 24 Kantonalbanken, die einen solchen Rundumschutz geniessen. So feiert die vor kurzem noch höchst kontrovers diskutierte Staatsgarantie ein unvermutetes Revival.

6. Kosten

Dank der Staatsgarantie kriegen die Kantonalbanken von den internationalen Bewertungsagenturen ein AAA-Rating – das Beste, was man sich wünschen kann. Allerdings hat das seinen Preis. So wird beispielsweise die Zuger Kantonalbank künftig stärker zur Kasse gebeten und erhält keinen Steuerbonus mehr, wie auch finews.ch berichtete.

Insofern müssen sich die Staatsinstitute tatsächlich auf neue Rahmenbedingungen einlassen, was über kurz oder lang durchaus einen Einfluss auf die Strategie zeitigen wird.

7. Lohntransparenz

Selbst wenn in der breiten Bevölkerung noch immer der Eindruck besteht, die Bankleute würden horrende Summen verdienen, so trifft das zum Teil noch immer zu, aber insgesamt hat sich die Entlöhnung – selbst im Top-Management – seit der Finanzkrise deutlich verringert. Kommt hinzu, dass auf Grund der «Minder-Initiative» die Gehälter der kotierten Banken, über die an den diesjährigen Generalversammlungen erstmals abgestimmt wird, zusätzlich unter Druck oder zumindest unter scharfe Beobachtung geraten.

Das wird sich auch auf die Gehälter der Top-Leute in den Kantonalbanken auswirken und zu einer Nivellierung nach unten führen. Mit anderen Worten: Einige sehr gut verdienende Kantonalbanken-Chefs werden in Erklärungsnot gelangen. Oder positiv formuliert: Die Kantonalbank der Zukunft wird über ein sauber austariertes und massvolles Lohnsystem verfügen.

8. Zusammenschlüsse 

Der wichtigste Ertragspfeiler der Kantonalbanken – das Zinsdifferenzgeschäft – wird durch Negativzinsen belastet. Und Besserung ist nicht in Sicht. Den sinkenden Erträgen stehen steigende Kosten gegenüber, bedingt durch internationale und nationale Auflagen. Daher ist der Konsolidierungsdruck gerade bei den Staatsinstituten hoch – oder sollte es zumindest sein. 

Dennoch leisten sich 24 von 26 Kantone eine eigene Kantonalbank, was betriebswirtschaftlich ein Unding ist.

Aus föderalistischen und rechtlichen Gründen wird an der Banken-Vielfalt vorerst nicht gerüttelt. Doch auch die Politik kann sich wirtschaftlichen Notwendigkeiten letztlich nicht verschliessen. Es wird also über kurz oder lang zu interkantonalen Fusionen der Staatsinstitute kommen. Das Sparpotenzial wäre ohne Zweifel enorm. 

9. Politik

Anders als in der Vergangenheit verstehen sich die Kantonalbanken neuerdings klar als Inlandbanken-Gruppe, zusammen mit den Raiffeisen- und Regionalbanken und der Migros Bank. Dabei erhalten sie Unterstützung von der vor gut einem Jahr gegründeten «Parlamentarischen Gruppe Inlandbanken», die sich dafür einsetzen will, dass die Anliegen dieser Institute etwa in der Finanzmarktregulierung besser berücksichtig werden.

Die Kantonalbank der Zukunft hat demnach nicht nur eine politische Stimme, sondern sie setzt sich konkret für bessere Rahmenbedingungen auf dem Schweizer Finanzplatz ein.

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