Neal Cross ist der neue Fixstern am Fintech-Firmament. Er soll die Singapurer Vorzeigebank DBS in die digitale Zukunft führen. Die Inspiration dafür holt er sich bei den Menschenaffen im indonesischen Urwald, die er vor dem Feuertod bewahrt.  

Er sieht so gar nicht aus wie ein Banker: Neal Cross, Innovationschef bei der Singapurer Grossbank DBS. Unrasiert, im T-Shirt und Schlabberhosen-Look erscheint er zum Interview mit finews.ch in einem Café am Singapurer Raffles Place.

Doch von seiner Erscheinung sollte man sich nicht täuschen lassen. Der Brite gilt als der «most distruptive Chief of Innovation» ernannt, wie auch finews.asia berichtete. In der Jury sassen unter anderem Apple-Mitgründer Steve Wozniak (links im Bild oben) und Sir Richard Brandson von der Virgin Group.

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Der härteste Job seines Lebens

Cross, der von sich sagt, er habe keinerlei Qualifikation, dafür aber in zahlreichen Branchen gearbeitet, kam vor rund zwei Jahren bei der Singapurer Bank DBS für eine wegweisende Mission an Bord – die Bank so auszurichten und umzugestalten, dass sie im digitalen Zeitalter zu den Gewinnern zählt. «Es ist zweifellos das Härteste, was ich bislang gemacht habe», sagt der 44-Jährige.

Sein Ansatz ist aber auch radikal: «Wir wollen die ganze Bank in einen Innovations-Hub umbauen». Doch seit er zur DBS gestossen ist, hatte sein Job erstaunlicherweise recht wenig mit hochtrabenden Technologie-Projekten zu tun. «Ich investiere meine Zeit und Energie mehrheitlich, um eine Innovationskultur innerhalb der Bank einzurichten», sagt Cross.

Mit zwei Teams die Bank revolutionieren

Dazu bildete er zunächst zwei Teams, die aufeinander angewiesen sind: Das eine nennt sich «reinvent the bank», und dessen Aufgabe es ist, Lösungen für Bankprojekte auszuarbeiten, allein in diesem Jahre waren es bereits 320. Das andere Team heisst «reinvent the world». Es knüpft Kontakte zu Universitäten, Fintechs und staatlichen Institutionen an, um ein so genanntes Ökosystem für DBS zu schaffen (siehe Video). 

Ungewöhnlich dabei ist, dass die Leute aus den beiden Teams mehrheitlich nicht von extern kommen, sondern innerhalb der DBS rekrutiert wurden. Dabei handelt es sich allerdings nicht um Bankangestellte im engeren Sinne, sondern um Marketing-Spezialisten oder Verkaufs-Experten. «Wir suchen Leute, die sich nicht scheuen, Fehler zu machen», erklärt Cross.

Neues Innovations-Lab vor der Eröffnung

Vor zwei Jahren zählten die Teams gerade mal drei Leute, aktuell sind es 30, und laut Cross ist dies bei weitem nicht das Ende der Fahnenstange.

Die DBS Bank ist nun daran, ihre bestehenden Innnovations-Labs in Hongkong sowie im indischen Hyderabad mit einem weiteren Zentrum in Singapur zu ergänzen. In Fusionopolis entsteht ein Research- und Entwicklunszentrum auf rund 1'500 Quadratmeter. Eröffnung ist am 14. November 2016.

Fusionopolis 500
Fusionopolis, Singapur

Cross initiierte auch ein Akzelerator-Programm namens DBS HotSpot. Wer mit seiner Idee überzeugt, bekommt finanziellen Support in der Höhe von 25'000 Singapur Dollar sowie einen fixen Arbeitsplatz während des Projekts sowie fachliche Unterstützung. Rund 10 Millionen Singapur Dollar über einen Zeitraum von 5 Jahren hat DBS dafür bereitgestellt.

«Innovation Sabbatical» für Talente

DBS-Mitarbeiter mit vielversprechenden Ideen können sich ausserdem für ein dreimonatiges «Innovation Sabbatical» einschreiben und erhalten denselben Support wie beim DBS HotSpot-Programm.

Zu Beginn stiess die Initiative intern auf Bedenken, wie Cross im Gespräch einräumt. Die besten Leute zu finanzieren, mit dem Risiko, dass sie danach die Bank verlassen, sorgte für Stirnrunzeln im Management. Doch bislang habe kein einziger Mitarbeiter gekündigt, so Cross. Vielmehr locke das Angebot neue Talente zur DBS.

Expansion der Mobile-Bank 

Unter Cross’ Ägide startete kürzlich die Digibank in Indien. Dabei handelt es sich um die erste Mobilebank auf dem Subkontinent, wie auch finews.asia berichtete. Über die entsprechende App können Kunden innerhalb von 90 Sekunden ein Konto eröffnen.

Innerhalb vier Monaten liessen sich so bereits mehr als 350'000 Kunden akquirieren. Die digitale Bank kommt gänzlich ohne Filialen und Berater aus – deshalb liegen die Betriebskosten zehn Mal tiefer als bei der DBS in Singapur, wie Cross unterstreicht. Im Frühjahr 2017 soll die Expansion der Digibank nach Indonesien und später nach China erfolgen.

Ein Herz für Orang-Utans

So unkonventionell Cross’ Innovationskonzept für die DBS ist, so unkonventionell ist sein Privatleben. In seiner Freizeit engagiert er sich für den Erhalt des Urwaldes in Indonesien und hat sich dem Schutz der vom Aussterben bedrohten Orang-Utans verschrieben.

Hotel Orangutan 500

Zu diesem Zweck finanzierte er ein Hotel in Nordsumatra namens Hotel Orangutan (Bild oben). Es dient einerseits dazu, das Bewusstsein der Touristen für die Menschenaffen zu erhöhen, anderseits als Arbeitgeberin für die lokale Bevölkerung, die somit weniger gezwungen ist, für ihren Lebensunterhalt den Dschungel zu roden und die Orang-Utans dem Feuertod auszusetzen.

NealCross 500

Ich bin ein «Halbwilder»

Cross, der von sich selber behauptet ein «Halbwilder» zu sein, erwarb jüngst auch ein Korallenriff in einer nördlich von Sumatra vorgelagerten Insel – um es zu schützen. Fast jedes Wochenende fliegt er dorthin und haust am Strand in einer einfachen Baracke. Für ihn steht heute schon fest: «Irgendwann werde ich die Bankenwelt wieder verlassen und mich stärker in sinnvollen sozialen Tätigkeiten engagieren.»


Neal Cross stiess im April 2014 als Chief Innovation Officer (CIO) zur Singapurer DBS Bank. In den Jahren davor war er im Stadtstaat als Vize-Präsident von MasterCard Labs und bei Microsoft als Financial Services Industry Director für die Region Asien tätig. Zudem entwarf Cross auch Aquarien und legte Teiche an. Er betrieb unter anderem ein Fish-Tank-Business und programmierte Computer-Spiele. Weiter unterrichtete er Kung Fu und betätigte sich eine Zeit lang als DJ.

 

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