Laurent Gagnebin gehört zur Bankergeneration, die ohne Bankgeheimnis grosse Chancen wittern. Im zweiten Teil des Interviews berichtet der Rothschild-CEO über seinen persönlichen Werdegang.


Laurent Gagnebins Banker-Karriere verlief nicht gradlinig. Der zweifache Familienvater startete seine Laufbahn im Hotelfach, wechselte dann zu Goldman Sachs ins Private Banking. Im ersten Teil seines Interview mit finews.ch erzählte der 40-Jährige CEO der Privatbank Rothschild über die Lehren, welche er aus der Hotelindustrie für das Banking gezogen hat. Im zweiten Teil des Interviews gewährt er auch persönliche Einblicke.

Herr Gagnebin, Sie sind in einer Private-Banking-Dynastie aufgewachsen. Wollten Sie schon immer ein Banker werden?

Nein, keineswegs. Ich habe die Hotelfachschule in Lausanne absolviert. Das ist eine fantastische Ausbildung und ich hoffe, meine beiden Töchter werden es mir dort nachfolgen. Ich werde sie dazu ganz sicher ermutigen. Ich finde, Hotelfach und Private Banking haben viele Gemeinsamkeiten: Es dreht sich immer und alles um den Kunden. Nur haben wir Banker uns in den letzten Jahren auf Compliance, Risiken, Fatca und dergleichen mehr konzentriert, hauptsächlich regulatorische Themen.

«Bei Goldman Sachs zählte allein die Leistung»

Auf die Kunden haben Banken eindeutig zu wenig fokussiert: Was kann ich tun, um den Service zu verbessern, was braucht der Kunde, wie kann ich die Beziehung vertiefen, ihn besser verstehen? Es ist höchste Zeit, dass die Banken den Kunden wieder ins Zentrum ihres Handelns rücken.

Ihr Vater ist Georges Gagnebin, ein Legende des Schweizer Private Banking. Bedeutete dies jemals eine Last für Sie?

Gar nicht. Erst seit ich bei Rothschild in Zürich tätig bin, wird mir diese Frage hin und wieder gestellt. Es stellt keine Last dar, im Gegenteil, es gefällt mir. Als ich bei Goldman Sachs war, hat dies niemanden gekümmert. Dort zählte allein die Leistung (lacht).

Sie sind nun etwas über sechs Monate CEO von Rothschild. Welche Themen sind Sie zuerst angegangen?

Das sind vier: Anlageperformance, Profitabilität, Mitarbeiter und Digitalisierung. Der Name Rothschild ist mit einer bestimmten Reputation im Wealth Management verbunden. Entsprechend stellen Kunden höhere Erwartungen bezüglich Service und Performance an uns. Durchschnittliche Leistungen können wir uns darum nicht leisten.

«Ich interviewe jeden Kundenberater»

Darum verbringe ich sehr viel Zeit mit meinen Kollegen von der Anlageseite, um an der Verbesserung der Performance zu arbeiten.

Mitarbeiter seien eines der wichtigen Themen, sagen Sie. Heisst das, Sie bauen Personal aus?

Neue Mitarbeiter einzustellen, ist sehr einfach. Die richtigen Mitarbeiter einzustellen, ist hingegen ziemlich schwierig. Das braucht Zeit. Unser Bewerbungsverfahren dauert recht lange.

Worauf kommt es Ihnen an?

Wir vertreten starke Werte, darum muss ein potenzieller Kandidat wirklich verstehen, wer wir sind, was wir anstreben, wie wir arbeiten, wie wir die Industrie sehen und die Märkte. Dann ist es wichtig, dass eine gewisse gegenseitige Sympathie herrscht. Wir wollen nicht kompliziert scheinen, glauben aber, dass es die Zeit wert ist, einen Bewerber genau auszusuchen.

Wieviele Interviews muss ein Bewerber bei Rothschild absolvieren, bevor er angestellt wird?

In der Regel führt ein Bewerber Gespräche mit sieben bis zehn Leuten von Rothschild. Ich persönliche interviewe jeden einzelnen Kundenberater, den wir anstellen. Für eines unserer Teams haben wir zwei Kundenberater eingestellt und dafür mehrere Dutzend Bewerber geprüft. Wir gehen also sehr umsichtig vor und wollen ausschliesslich hochqualifiziertes Personal.

Was überzeugt Sie, wenn Sie einen Private Banker anstellen?

Zunächst muss er wirklich motiviert sein, für Rothschild tätig zu sein. Manche Bewerber wollen bloss ihren Marktwert testen. Zum Beispiel: «Ich bin nicht wirklich an einer Anstellung interessiert. Aber ich dachte, ein Plan B schadet nicht, wenn ich entlassen werde.» Solche Kandidaten haben wir öfter. Oder zumindest hinterlassen sie einen solchen Eindruck.

Wie reagieren Sie darauf?

Üblicherweise sage ich: «Okay, ich bin auch nicht sonderlich an Ihnen interessiert, da Sie nicht die Motivation zeigen, für uns tätig zu sein.»

Worauf schauen Sie bei den Qualifikationen?
Ein Kundenberater muss auch Anlageexperte sein. Unsere Berater müssen ein tiefes Verständnis für die Finanzmärkte mitbringen wie auch für ein individuelles Kundenportfolio. Wir erwarten von Beratern, dass sie die unterschiedlichen regulatorischen Umfelder kennen, die Compliance bezüglich Crossborder-Aktivitäten – und dass sie selber wie Unternehmer handeln.

«Wir wollen zu 100 Prozent sicher sein»

Es ist ein riesiger Unterschied, wenn ein Kundenberater selbständig die Anlagegespräche führen kann und dafür nicht mit einer Gruppe von weiteren Experten auftreten muss, wie dies bei Grossbanken teilweise der Fall ist.

Wie steht es mit den sogenannten «soft skills»?

Sie müssen einen Kundenbeziehung pflegen, eine Verbindung aufbauen können. Alle diese Anforderungen, von spezifischen Bankkenntnissen über die Regulierung bis zu den sozialen Fähigkeiten, muss ein Kandidat erfüllen. Wir wollen zu 100 Prozent sicher sein, wenn wir jemanden einstellen.

Welche Rolle spielt die Digitalisierung in Ihrer Strategie?
Unsere Strategie ist wie bei anderen Banken auch, unsere Beratungskapazitäten auszubauen. Der Anteil diskretionärer Mandate liegt bei uns mit rund 40 Prozent aller Kunden vergleichsweise hoch. Das reine Transaktionsgeschäft, das rund 50 Prozent ausmacht, wollen wir reduzieren und diesen Kunden mehr Beratungslösungen anbieten. Dort sehen wir den Mehrwert, den wir bieten können, während im Transaktionsgeschäft die Margen immer dünner werden.

«Wir haben noch nie die perfekte Braut gefunden»

Mit Mifid II und Fidleg wird das Wealth Management deutlich komplexer. Also wird es unabdingbar, die Abläufe stärker zu digitalisieren. Ansonsten wird der administrative Aufwand für die Bank und die Kundenberater schlicht zu hoch. Wir sind mitten in der Umsetzung eines entsprechenden Projektes, welches das digitale Angebot für unsere Kunden verbessern wird.

Wie lange dauert die Umsetzung und was kostet das?

Der Rollout erfolgt in verschiedenen Etappen. Die erste erreichen wir im kommenden Herbst. Die Kosten sind recht hoch, mehrere Millionen Franken. Aber es wird sich lohnen. Die Kunden werden eine deutlich bessere Dienstleistung erhalten. Dies gibt dem Kunden wiederum Grund, seine Beziehung mit uns zu vertiefen. 

Sie folgen mit der Digitalisierung einem Kundenbedürfnis?

Sie ist eine Notwendigkeit, keine Frage. Die neue Generation von Kunden und Unternehmern möchte über ganz verschiedene Wege mit uns in Kontakt stehen. Sie wollen zwar den Kundenberater von Zeit zu Zeit treffen. Aber sie wollen auch jederzeit verschiedene Kommunikationsmöglichkeiten nutzen.

Ziehen Sie auch Akquisitionen in Betracht, um weiter zu wachsen?

Wir sind immer offen gegenüber Zukäufen. Aber die Kultur bei Rothschild ist eine Schlüsselement unseres Erfolges, sodass wir jede Kaufmöglichkeit sehr sorgfältig abwägen. Das Geschäftsmodell, die Kunden und die Angestellten müssen zu uns passen. Bislang haben wir in der Schweiz noch nie eine perfekte Braut gefunden. Finden wir sie, würden wir einen Kauf in Betracht ziehen.


Der 40-jährige Laurent Gagnebin stiess im Herbst 2011 zur Rothschild Wealth Management Equitas, dem Genfer Standbein der Zürcher Rothschild Bank. Zuvor leitete er die Investec Bank in der Rhonestadt. Ins Banking gelangte er über die Goldman Sachs Bank in Genf, nachdem er zuvor die École hôtelière de Lausanne absolviert und mehrere Jahre in der Hotelbranche gearbeitet hatte. Seit Mitte 2016 führt er als Nachfolger von Veit de Maddalena die Rothschild Bank in der Schweiz.

Laurent Gagnebin ist der Sohn von Georges Gagnebin, einem in der Branche bekannten Bankier, der in den späten 1990er-Jahren zum Top-Management der damals fusionierten UBS gehörte und heute als Verwaltungsratspräsident der Genfer Banque Pâris Bertrand Sturdza amtet.

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