Die Bank J. Safra Sarasin wird in Deutschland keine Private-Banking-Dienstleistungen mehr anbieten. Damit scheitert ein weiteres Institut mit Schweizer Wurzeln im nördlichen Nachbarland.

Schon im vergangenen Januar hatte finews.ch aus verschiedenen Quellen erfahren, dass die brasilianisch-schweizerische Bank J. Safra Sarasin «den Stecker in Deutschland ziehen werde». Zum damaligen Zeitpunkt und auch im Februar wollte das Institut keinen klaren Wein einschenken. Doch die Indizien für den Übungsabbruch in Deutschland waren erdrückend.

Am (gestrigen) Montagabend nun die knappe Meldung aus dem Hause Safra Sarasin, wonach das Institut seine Strategie-Überprüfung abgeschlossen habe und (in Deutschland) künftig keine Dienstleistungen im Private Banking mehr anbieten werde. Grund dafür sei die fehlende kritische Masse des Geschäfts, das weniger als ein Prozent der durch die Gruppe verwalteten Vermögen ausmache.

Grosse Ungewissheit für die Mitarbeiter

Zur Erinnerung: Insgesamt verwaltet die J. Safra-Sarasin-Gruppe gemäss jüngsten Zahlen 148 Milliarden Franken an Kundengeldern. Mit weniger als 1,5 Milliarden Franken ist in einem Markt wie Deutschland tatsächlich kein Staat zu machen, zumal das Institut im nördlichen Nachbarland rund 80 Personen beschäftigt(e).

Zu den Mitarbeitern macht die Bank in ihrer traditionellen eher verhaltenen Mitteilungsfreudigkeit keinerlei Angaben. Genauso zur Frage, was mit den verbleibenden fünf Standorten (Frankfurt, Hamburg, Hannover, München und Stuttgart) in Deutschland geschieht.

Laut Informationen des deutschen «Private Banking Magazin» soll Vorstand (Geschäftsführer) Thomas Reeg die Aufgabe zufallen, das erwähnte Geschäft in Deutschland abzuwickeln. Angeblich soll nahezu allen Mitarbeitern in Deutschland zum 30. Juni beziehungsweise 30. September gekündigt worden sein. Die Anwaltskanzlei Linklaters soll im Haus ihre Arbeit bereits aufgenommen haben. Einen Betriebsrat hatte es bisher beim Bankhaus nicht. Einen Sozialplan dürfte es somit für die gekündigten Mitarbeiter kaum geben.

Unter europäischem Pass

Lakonisch lässt die Bank lediglich verlauten, dass der Entscheid keinerlei Auswirkungen auf das Institutional und Wholesale Business (ICWS) in Deutschland habe, zu dem sich die J. Safra Sarasin Gruppe «auch weiterhin uneingeschränkt bekenne». Allerdings gibt das Unternehmen auch bekannt, sein Engagement in Deutschland durch die Eröffnung einer Niederlassung der Banque J. Safra Sarasin in Luxemburg zu «optimieren».

So werde J. Safra Sarasin unter dem «europäischen Pass» das ICWS-Geschäft betreiben und es damit den Kunden ermöglichen, auch weiterhin von der Expertise, der Finanz-und Kapitalstärke sowie dem Dienstleistungsangebot der Gruppe zu profitieren. Mit anderen Worten: Auch da verabschiedet sich das Institut physisch vom deutschen Markt.

Klägliches Unterfangen

Damit wird klar: Gut zehn Jahre lang haben zunächst die Basler Bank Sarasin und später die brasilianisch-schweizerische Gruppe J. Safra Sarasin versucht, in Deutschland, dem grössten Private-Banking-Markt Europas, Fuss zu fassen. Und es ist bei einem kläglichen Unterfangen geblieben.

In all dieser Zeit schrieb J. Safra Sarasin dort nur 2010 und 2011 schwarze Zahlen. Im Jahr 2015 wies die deutsche Tochterbank einen Verlust von 8,8 Millionen Euro aus.

Nur Pfennigfuchser

Damit offenbart sich ein weiteres Mal, dass Deutschland für Schweizer Institute ein hartes Pflaster ist. Onshore, was traditionell nie die Stärke Schweizer Institute war, und mit einer Klientel, die der Schweizer Privatbankier Eric Syz einmal als «Pfennigfuchser» titulierte, ist offensichtlich nicht viel zu verdienen.

Das Tiefzinsumfeld, die verschärfte Regulation seit der Finanzkrise sowie die zögerliche Haltung der Kunden bei neuen Investitionen trugen weiter dazu bei, dass sich für J. Safra Sarasin die Expansion in Deutschland als Reinfall entpuppte.

Zweifelhafte Geschäfte eingekauft

Diese Entwicklung hat sich noch zusätzlich beschleunigt, da die Gruppe – aufgrund der seinerzeitigen Bank Sarasin – im Mittelpunkt des deutschen Skandals um die «Cum-Ex»-Geschäfte stand. Die Basler Bank gehörte sogar zu jenen Instituten, die diese umstrittenen Finanzprodukte am aggressivsten der Klientel anboten.

Bei diesen auch «Dividenden-Stripping» genannten Geschäften wurden Aktien rund um den Dividenden-Stichtag eines Unternehmens zwischen mehreren Beteiligten hin- und hergeschoben. Dadurch liessen sich Steuerbescheinigungen für Kapitalertragsteuern ausstellen, die gar nie gezahlt worden waren.

In die Schlagzeilen geriet J. Safra Sarasin jedoch auch wegen der Pleite des deutschen Windpark-Betreibers Windreich. Die Bank hatte an Windreich ein Darlehen von mehr als 70 Millionen Euro vergeben und gleichzeitig ihren Kunden Anleihen des Unternehmens verkauft, als dieses bereits in finanzieller Schieflage geraten war.

Auch hier klagten einige Geschädigte. Als die brasilianische Bank J. Safra das Basler Traditionshaus Sarasin im Jahr 2013 übernahm, kaufte sie die deutschen Probleme mit.

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