Wie die Clientis-Regionalbanken trotz Negativzinsen, drohender Immobilienblase und digitalem Wandel immer noch reichlich Geld verdienen, verrät Andreas Buri, CEO der Clientis AG, im Interview mit finews.ch.


Herr Buri, trotz schwierigem Umfeld haben die 15 Clientis-Regionalbanken im vergangenen Jahr zum dritten Mal in Folge ein überdurchschnittlich gutes Resultat erzielt. Was sind die Gründe dafür?

Primär ist das sicherlich dem Einsatz all unseren Mitarbeitenden zu verdanken. Dann aber auch unserer Kundennähe in den Regionen, wo die Immobilienfinanzierung ganz klar unser Kerngeschäft ist. Diese Fokussierung erlaubt es uns, Qualität vor Wachstum zu setzen. Und natürlich haben wir bei der Hypothekenvergabe auch von den tiefen Zinsen profitiert.

Wie stark wären die Clientis-Banken vom Platzen einer Immobilienblase betroffen?

Unser Ausleihungsportefeuille besteht vorwiegend aus Hypotheken an Privatpersonen mit Eigenheim. Insofern sind wir höchst vorsichtig unterwegs, auch was unsere Kapitalisierungssätze betrifft. Zudem sind unsere 15 Banken in keinem sogenannten Hot-Spot aktiv, sondern nur in ihrem Einzugsgebiet, wo sie die Kunden gut kennen und die Risiken am besten abschätzen können.

«Wir haben im vergangenen Jahr bereits 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zertifiziert»

Unsere Wertberichtigungen für Ausfallrisiken sind entsprechend gering; sie haben in den vergangenen Jahren sogar abgenommen und betrugen 2016 ein halbes Prozent. Die effektiven Kreditverluste beliefen sich sogar nur auf 0,1 Promille und sind damit marginal.

Das erste Quartal 2017 ist bald zu Ende. Schreiben Sie die Erfolgsgeschichte weiter?

Ich gehe einmal davon aus. Aber ich bin mir auch bewusst, dass die Zinsmarge weiter zurückgehen wird und der Wettbewerb eher noch zunimmt. Auch die Situation am Kapitalmarkt wird nicht einfacher. Darum suchen wir auch nach Diversifikationsmöglichkeiten, etwa in der umfassenden Finanzberatung oder im Anlagegeschäft. Dadurch können wir nötigenfalls ein geringeres Wachstum im Hypothekargeschäft auffangen.

Woher beziehen Sie die Kompetenzen, um Ihr Geschäft zu diversifizieren?

Wir haben im vergangenen Jahr bereits 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlang der verschiedenen Kundensegmente – Retailbanking, Private Banking und Firmenkundengeschäft – zertifiziert.

«Eine Einführung von Negativzinsen für Privatpersonen ist für uns heute kein Thema»

Dieses Programm führen wir weiter, so dass bis 2018 rund 500 Beschäftigte dieses absolviert haben werden. Dadurch schaffen wir die Voraussetzungen, um entsprechende Kompetenzen in den zusätzlichen Geschäftsfeldern zu haben.

Führen die Clientis-Banken 2017 Negativzinsen ein?

Selbst wenn das Umfeld anspruchsvoll ist – dank unter anderem einem professionellen gruppenweiten Asset- und Liability-Management ist eine Einführung von Negativzinsen für Privatpersonen für uns heute kein Thema.

Wie wirken sich die Negativzinsen auf die operative Tätigkeit der Banken selber aus?

Für Retailbanken sind tiefe Zinsen insofern schlecht, als sie die Kunden nicht zum Sparen motivieren. Zudem ist es unglaublich, dass wenn der Bund heute Geld am Kapitalmarkt aufnimmt, man als Investor dafür noch zahlen muss. Das ist eine verrückte Situation, die schon sehr lange andauert.

«In absehbarer Zeit kann man kaum von einem schwächeren Franken ausgehen»

Natürlich würde ich gerne wieder «normale» Zinsstrukturen sehen. Aber leider gehen wir bei der Clientis-Gruppe davon aus, dass die Negativzinsen auch 2018 anhalten werden.

Warum?

Wenn man sich die Weltlage anschaut, insbesondere auch in Europa, kann man in absehbarer Zeit kaum von einem schwächeren Franken ausgehen, damit die Negativzinsen aufgehoben würden.

Wie digital sind die Clientis-Banken unterwegs?

Wir haben kürzlich unsere Digitalisierungsstrategie weiter entwickelt. Sie sieht vor, dass die Kundenberater an der Front mehr Unterstützung erhalten. Ausserdem bieten unsere Banken bereits heute E-Banking, kontaktloses Zahlen sowie eine Mobile-App an.

«Wir übernehmen die Rolle eines Profitcenters»

Wir arbeiten auch daran, dass unsere Kunden ihre Hypotheken online verlängern können. Die Digitalisierung soll aber auch interne Prozesse effizienter gestalten, etwa auf der Anlageseite, aber auch punkto Sicherheit.

Die Clientis-Gruppe umfasst derzeit 15 Finanzinstitute. Stossen in diesem Jahr weitere Banken hinzu?

Tatsächlich bieten wir unsere Dienstleistungen als Kompetenzzentrum nicht nur unseren eigenen Clientis-Banken an, sondern mittlerweile auch 13 weiteren Regionalbanken, die je nach Bedarf einzelne Module von uns beziehen – und dies zu Marktpreisen, so dass wir die Rolle eines Profitcenters übernehmen.

«Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Clientis-Gruppe noch wächst»

Solange wir dabei gute, professionelle Arbeit leisten, ist es nicht ausgeschlossen, dass die Gruppe wächst. Aber das liegt im Ermessen der einzelnen Banken.

Warum braucht es Regionalbanken?

Weil sie vor Ort sehr kundennah sind und dadurch eine ausgezeichnete Alternative zu den übrigen Banken darstellen. Aufgrund ihrer Struktur sind sie auch agil und bieten eine umfassende Service-Palette.


Andreas Buri ist seit 2014 CEO der Clientis AG. Nach seiner Ausbildung zum Bankkaufmann war er von 1973 bis 2004 in verschiedenen Funktionen für die UBS im In- und Ausland tätig. Danach arbeitete für die Bank CIC (Schweiz), Maerki Baumann, die Privatbank Bellerive sowie zuletzt für die Algerische Aussenhandelsbank.

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