Stimmt.

Warum? Eben wurde die Notenstein Privatbank verkauft. Wäre das nicht etwas für Sie gewesen?

Erstens hatten wir andere Prioritäten. Zweitens gab es keine für uns relevanten Opportunitäten. Und drittens sind Akquisitionen im Private Banking sehr schwierig, weil zwischen der Ankündigung und dem Abschluss einer Transaktion sechs bis zwölf Monate vergehen.

«Wir sind offen, wenn gute Teams von anderen Banken zu uns wechseln wollen»

In dieser Zeit besteht die Gefahr, dass Berater mit ihren Kunden abwandern und man am Schluss bis zu 30 Prozent weniger Kundengelder erhält als man bezahlt hat. Aber wir sind offen, wenn gute Teams von anderen Banken zu uns wechseln wollen.

Ist mit dem Verkauf von Notenstein die Konsolidierung im Swiss Banking abgeschlossen?

Nein. In den vergangenen zehn Jahren ist die Zahl der Banken in der Schweiz von 360 auf rund 261 gesunken, und das wird weiter gehen.

Was gibt Ihnen diese Gewissheit?

Erstens ist da der Margendruck, getrieben einerseits durch vermehrten Konkurrenzdruck von Nichtbanken sowie andererseits durch die Notwendigkeit in die Bereiche Digitalisierung, Regulierung und Compliance zu investieren.

«Die EU wird uns nichts zugestehen»

Zweitens wird in Europa für Schweizer Vermögensverwalter, die nicht eine Präsenz vor Ort haben, der Marktzugang und damit eine aktive Kundenberatung immer schwieriger oder gar verunmöglicht. Da muss die Schweiz mittelfristig mit der EU eine Lösung finden. Momentan glaube ich aber nicht daran – einerseits aufgrund der politischen Stimmung in der Schweiz, die eher EU-kritisch ist, andererseits wegen der laufenden Brexit-Verhandlungen.

Die EU wird uns nichts zugestehen, was sie in irgendeiner Weise gegenüber Grossbritannien in eine schlechte Position bringen könnte. Gerade für kleinere Finanzinstitute in der Westschweiz und im Tessin, die vor allem vom Offshore-Banking gelebt haben, wird es sehr schwierig werden. Auch wir stellen uns auf die veränderte Situation ein. Mit unseren bestehenden Standorten in Europa haben wir eine gute Ausgangslage.

Wäre es vor diesem Hintergrund nicht höchste Zeit, dass die Schweizer Banken vermehrt kooperierten?

Absolut. Es verwundert mich nach wie vor, dass beispielsweise die Kantonalbanken nicht mehr miteinander machen und stattdessen sehr unabhängig operieren. Ich würde nicht ausschliessen, dass wir dereinst mit einzelnen Mitbewerbern kooperieren, sei es in der Compliance, bei gewissen Transaktionen oder in der IT. Manche Schweizer Medienhäuser drucken ihre Zeitung auch am gleichen Ort. Wieso sollten wir nicht auch kooperieren und etwa ein Abwicklungscenter gemeinsam betreiben? Das würde unsere Branche viel effizienter machen.

Was sind Ihre Pläne für die zweite Jahreshälfte?

Ich will nichts ausschliessen, aber wir sind für unser Wachstum in den nächsten drei Jahren nicht auf Akquisitionen angewiesen. Wir wollen vor allem organisch wachsen und in jene Geschäftsfelder investieren, wo wir bereits die Nummer eins oder zwei sind.

«Da müssen wir noch agiler werden»

Darüber hinaus dreht sich alles um die Transformation, die wir derzeit in unserer Branche erleben – unter anderem bezüglich der Digitalisierung des Retailbanking. Da müssen wir noch agiler werden.

Inwiefern?

Ein grosser Teil unserer Kunden nutzen unsere digitalen Services regelmässig. Doch wenn es am Ende um einen Vertragsabschluss geht, etwa bei einer Hypothek, wünschen sie oft immer noch ein persönliches Gespräch. Und da müssen unsere Kundenberater schneller entscheiden können. Das ging in der Vergangenheit viel zu lange.

«Manche Bankchefs haben gesagt, ‹der Gottstein› könne gar nicht rechnen»

Auch das «Pricing» muss noch effizienter werden und mindestens eine Woche lang verbindlich bleiben, nicht nur 24 Stunden. Im Hypothekarmarkt ist tatsächlich noch vieles verbesserungswürdig, gerade weil in diesem Bereich die Konkurrenz von Versicherungen und Vorsorgeinstitutionen zunimmt.

Wie wollen Sie das erreichen?

Durch harte Arbeit, verbesserte Prozesse und durch Investitionen in Mitarbeiter und Digitalisierung, was uns durch die verbesserte Profitabilität einfacher fallen wird. Und jetzt müssen wir doch noch von den Gewinnzahlen reden: Dass wir im Oktober 2015 gesagt haben, mit der Credit Suisse Schweiz in drei Jahren einen Gewinn von 2,3 Milliarden Franken erreichen zu wollen, war ein wichtiges Signal.

Warum?

Es zeigte, wohin wir wollen. Und dies, obschon viele Branchenleute nicht daran geglaubt und sogar manche Bankchefs gesagt haben, «der Gottstein» könne gar nicht rechnen. In der Zwischenzeit gehen die Finanzanalysten, die uns abdecken, von einem Gewinn für 2018 von zwischen 2,1 und 2,2 Milliarden Franken aus.

«Jetzt kürzer zu treten, ist für mich kein Thema»

Wo auch immer wir am Schluss landen werden: Entscheidend ist, dass wir bezüglich Profitabilität in einer anderen Liga spielen und unser Kosten-/Ertrags-Verhältnis von 68 auf unter 60 Prozent reduzieren konnten. Das, ehrlich gesagt, erfüllt mich mit Stolz. Niemand hätte uns das zugetraut.

Das Jahr ist allerdings noch nicht zu Ende.

Richtig. Es ist wie im Eishockey: Eine Playoff-Serie gewinnt man erst, wenn man vier Spiele für sich entschieden hat. Wir sind noch nicht ganz dort. Wir müssen dieses Jahr vier gute Quartale hinlegen. Aber ich bin zuversichtlich. Es gibt noch viel zu tun, und über die ganze Bank hinweg haben wir eine Vielzahl von Projekten in der Pipeline.

Beispielsweise lancieren wir demnächst das digitale Onboarding für KMUs, und wir prüfen derzeit, ob wir unser «Digipigi» international an andere Finanzinstitute lizenzieren können. Das Interesse besteht.

In der Branche ist allenthalben zu hören «der Gottstein» sei müde. Er mache es nicht mehr lange.

Ich bin voller Tatendrang. Ich bin erst 54 und möchte schon noch einige Jahre arbeiten. Jetzt kürzer zu treten, ist für mich überhaupt kein Thema. Darum halte ich mich auch fit, mit Workouts, Schwimmen und ab und zu einer Partie Golf.


Der 54-jährige Thomas Gottstein ist seit Herbst 2015 CEO der Credit Suisse (Schweiz) und gleichzeitig Mitglied der Geschäftsleitung des Credit-Suisse-Konzerns. Er stiess 1999 von der UBS kommend als Investmentbanker Zur CS, wo er verschiedene Führungsfunktionen übernahm. Kurzzeitig leitete er 2014/2015 die Leitung des Geschäfts mit sehr vermögenden Privatkunden, den so genannten Premium Clients. Er studierte Wirtschaftswissenschaften an der Universität Zürich und promovierte in Finanz- und Rechnungswesen. Gottstein zählte in seiner Jugend zu den besten Junioren Europas im Golfspiel, das er bis heute in seiner Freizeit betreibt; seine Passion für klassische Musik unterstreicht er als Verwaltungsrat des Opernhauses Zürich.

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