Für den Moment hat die Finma ja nur Informationen eingefordert. Die Deadline dafür war Ende April. Wieviel Hektik herrschte deswegen bei den Banken?

EH: Die meisten Banken hatten bereits im Vorfeld Projektteams gebildet und ein High Level Impact Assessment, einen Plan für die Übergangsphase erstellt. Das ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, jedoch muss noch einiges konkretisiert werden. Der Teufel steckt im Detail.

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John Alton, Partner bei EY in Zürich

JA: International tätige Banken sind aufgrund ihrer Grösse und Komplexität natürlicherweise schon weiter im Prozess fortgeschritten. Der Rest des Finanzplatzes wurde dadurch allerdings angespornt.

Wie gross sind denn die Risiken, denen die Banken durch den Wechsel von Libor zu Saron ausgesetzt sind?

EH: Risiken ergeben sich im Zusammenhang mit der Entwicklung von Saron-Produkten und einem Saron-Markt sowie der Anpassung von alten Verträgen, welche auf den Libor-Zinssätzen beruhen. Derzeit gibt es im Schweizer Markt noch kaum Saron-basierte Cash-Produkte, wie zum Beispiel eine Saron-Hypothek. Eine Herausforderung scheint zu sein, dass die Produktentwicklung in diesem Bereich nicht unbedingt zum Tagesgeschäft einer Bank gehört.

«Die ganze Wertschöpfungskette, jeder Berührungspunkt mit den Kunden muss analysiert werden.»

Zudem gibt es zahlreiche Möglichkeiten, wie man das Pricing auf Basis des Saron ausgestalten könnte und die Banken müssen sich für eine technisch realisierbare Variante entscheiden, welche auch Kundenbedürfnissen gerecht wird. In diesem Zusammenhang gilt es auch, sogenannte Conduct Risks in den Griff zu bekommen. Die Umstellung des Risikomanagements von Libor auf Saron stellt eine weitere grosse Herausforderung dar. Zu guter Letzt müssen auch zahlreiche interne Prozesse und Systeme angepasst werden.

Wie ist mit diesen Risiken umzugehen?

EH: Die ganze Wertschöpfungskette einer Bank, jeder Berührungspunkt mit den Kunden muss analysiert werden. Die Banken müssen alle Risiken identifizieren und festlegen, wie sie diese adressieren wollen. Eine durchdachte Kommunikationsstrategie und Transparenz gegenüber dem Kunden ist dabei sehr wichtig.

Arbeiten die Banken zusammen, um die bestmögliche Lösung zu finden?

JA: Die Banken sind im Rahmen der Nationalen Arbeitsgruppe miteinander verbunden. Diese legt Leitplanken fest, wie zum Beispiel die Empfehlung des Saron als Alternative zum Libor. In Bezug auf die Umsetzung liegt jedoch die Verantwortung beim einzelnen Institut.

Wie wirken sich die Umstellungen auf die Kunden aus?

EH: Die Kunden sind mit dem Libor sowie den darauf basierenden Produkten vertraut.

«Kleine Banken sind für die Umstellung auf Dritte angewiesen.»

Die neuen Referenzzinssätze, wie zum Beispiel der Saron, reagieren jedoch unterschiedlich auf Marktereignisse, was insbesondere während der Einführungsphase von Saron-Produkten zu Überraschungen führen könnte. Zudem wird bei gewissen Saron-Produkten die Berechnung der Marge anders ausgestaltet sein.

Vieles davon wird über eine Anpassung der IT-Systeme passieren müssen. Sind die Banken dafür gerüstet?

JA: Das hängt davon ab, welches System sie benutzen aber im Allgemeinen ist es eine grosse Herausforderung. Das kommt daher, dass man beim Libor einfach in regelmässigen Intervallen einen Zinssatz bekam. Beim Saron muss man diesen aus täglichen Zinsen selbst berechnen. Das ist schwieriger und bedingt grosse Veränderungen.

EH: In der Übergangsphase vom Libor zum Saron und auch danach müssen die Systeme in der Lage sein, eine Vielzahl an Zinskurven zu kalkulieren und auf die richtigen Positionen anzuwenden. 

JA: Zudem haben die meisten kleineren Banken keine selbst entwickelte IT. Deshalb sind sie auch für diese Umstellung auf Dritte angewiesen.

Ist das nicht ein Vorteil?

JA: Ja und nein. Es erledigt zwar jemand die Umstellung für diese Banken, aber sie müssen auch nehmen, was sie bekommen und wann sie es bekommen. Wenn eine dieser Banken also gern ein neues Produkt lancieren möchte, kann sie das nicht einfach von heute auf morgen tun.

«Es gilt, einen strategischen Entscheid zu fällen.»

EH: Und diese Drittanbieter auf die richtige Flughöhe zu bringen, hat auch eine gewisse Zeit gedauert.

Was ist nun die dringendste Aufgabe für die Banken in diesem Zusammenhang?

JA: Es gilt, einen strategischen Entscheid zu fällen. Entweder man gehört zu denen, die den Lead übernehmen und versucht zum Beispiel, bald mit einem Produkt zu kommen – oder man nimmt eine vorsichtigere Haltung ein und wartet erst einmal ab. Von dieser Entscheidung hängt natürlich auch ab, was die einzelnen Banken als Nächstes tun.

EH: Man kann die Libor-Ablösung nicht nur als Risiko, sondern auch als Chance sehen. Die Funktionalität von teilweise veralteten Systemen lässt sich zum Beispiel grundsätzlich überholen. Zudem können Verträge digitalisiert und Prozesse automatisiert werden, wodurch sich künftig die Kosten senken lassen.


Eveline Hunziker ist Director im Bereich Financial Services bei EY, wo sie sich besonders auf Investment Banking und Treasury konzentriert. Hunziker startete ihre Karriere beim Unternehmensberater im Jahr 2008. Nach einem Secondment bei der Finma kehrte sie zu Beginn des Jahres 2018 zu EY zurück.

John Alton ist Partner bei EY Schweiz, wo er seit 1996 tätig ist. Er ist auf die Beratung von Banken spezialisiert und ist ausgebildeter Wirtschaftsprüfer mit Diplomen aus der Schweiz und Grossbritannien.  

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