Im Wettlauf um neue Geschäftsmodelle liegt das Finanzwesen einer Studie zufolge weit zurück –  und noch hinter der Textilbranche. Sinnigerweise hat jenes Geschäft nicht wenige Schweizer Banken hervorgebracht.

Der Handel mit Stoffen verlangte nach Finanzierung, und dazu brauchte es eine Bank. Im 18. und 19. Jahrhundert überlegten Schweizer Textilunternehmer nicht lange: sie gründeten ihre eigenen Geldhäuser. Auf Textil-Dynastien zurück gehen hierzulande etwa die heutigen Banken J. Safra Sarasin, Maerki Baumann und Syz – sowie die 2012 im Steuerstreit mit den USA untergegangene Wegelin & Cie.

Die Textilindustrie, die sich in der Schweiz in den 1970er-Jahren angesichts der Konkurrenz aus Asien von Grund auf neu erfinden musste, hat sich ihre Innovationskraft erhalten. Laut einer Studie, für welche die Beratungsfirma RSM an die 800 Firmen in über 30 Ländern befragte, brachte es die Branche immerhin auf den achten Platz. Der Report wurde zuerst vom Online-Magazin «Sifted» aufgenommen.

Platz 17 von 21

Weit abgeschlagen rangierte hingegen die Finanzindustrie. Sie belegt den 17. Platz von 21 Sektoren, immerhin noch vor dem Bau oder dem Immobilien-Business. Das ist doppelt erstaunlich, wird bedacht, dass Banken und Versicherer jährlich Milliarden für Innovationen ausgeben – und dass sie die Bedeutung von Innovation gegenüber RSM selber beurteilen durften. Auf den Podestplätzen figurieren die Pharma-Branche, der Tourismus, und der Tech-Sektor.

Wohlgemerkt: die Umfrage stammt noch aus der Zeit vor der Coronakrise. Insofern ist der Digitalisierungsschub nicht enthalten, den auch die Finanzbranche in den letzten Wochen erfahren hat.

Direktbank, Digitalisierer an der Spitze

Vorerst ist offen, ob dieser Schub in einem nachhaltig höheren Innovationstempo resultiert. Einige Schweizer Institute, wie etwa die Grossbank Credit Suisse mit ihrer Direktbank, haben grosse Digitalprojekte in der Pipeline, oder wie die Rivalin UBS mit dem designierten CEO Ralph Hamers erfahrene Digitalisierer an der Spitze.

Bremsend wirkt hingegen, dass sich im angestammten Geschäft immer noch überdurchschnittlich viel verdienen lässt, dass Kunden wenig Wechselbereitschaft zeigen und sich gar gegen Neuerungen stemmen, so etwa im Private Banking.

Demgegenüber müssen sich vorausschauende Finanz-CEO zumindest diese eine Frage stellen: Wie lange dauert es noch, bis eine andere Branche wiederum die Bank, die Versicherung erfindet?

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
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