Leerverkäufe gelten als Werkzeug skrupelloser Spekulanten. Eine neue Studie zeigt nun, wie sich Short-Selling in den Dienst der Nachhaltigkeit stellen liesse.

Aktien nach ethischen Kriterien auswählen und langfristig halten: gut. Aktien leer verkaufen und auf fallende Kurse spekulieren: böse. Jene auch an den Finanzmärkten verbreitete Haltung relativiert eine kürzlich erschienene Studie der Londoner Alternative Investment Management Association (AIMA).

Das Fazit des Papiers: Leerverkäufe, zu Englisch Short-Selling, liessen sich sehr wohl für die Ziele einspannen, die nachhaltige Investments gemeinhin anstrengen würden.

Nicht nur ethisch

Natürlich, liesse sich einwenden: Da meldet sich die Lobby der Spekulanten. Der AIMA gehören nach eigenen Angaben weltweit rund 2'000 Hedgefonds und Finanzinvestoren mit 2'000 Milliarden Dollar an verwalteten Vermögen an. Doch die Studie zeigt an zwei Beispielen aus der Praxis, wie «Shorten» tatsächlich in den Dienst der Nachhaltigkeit stellen liesse.

Dabei gehen die Autoren von folgender Prämisse aus. Investoren, die gesellschaftliche, Umwelt- und Governance-Kriterien (ESG) bei der Anlage berücksichtigen, tun dies zum Einen aus ethischen Überlegungen. Es gibt aber noch eine weitere, «kalte» Kalkulation. Mittels Nachhaltigkeitskriterien lassen sich Risiken wie etwa jene durch Umweltschäden oder Klimawandel im Portefeuille potenziell verringern.

Kohlendioxid leer verkaufen

Wer letzterer Überlegung folgt, kann etwa dazu übergehen, CO2-Emissionen leer zu verkaufen. Dies etwa, indem die Aktien einzelner Unternehmen oder ganze Branchen-Indizes geshortet werden. Das fällt zunehmend leichter, weil zum CO2-Fussabdruck von Firmen und Industrien eine zunehmende Füllen von Daten und Standards vorhanden sind. Mit der Thematik setzen sich inzwischen auch die Finanzsystem-Wächter des Financial Stability Board (FSB) auseinander. Eine eigens gegründete Task-Force empfiehlt dort Investoren, den CO2-«Footprint» ihrer Anlagen zu erheben und öffentlich zu machen.

In einem weiteren Schritt liessen sich auch die Staatsanleihen von Ländern leer verkaufen, die sich nicht an Klimaprotokolle beteiligen oder zu viel fossile Energien nutzen, so der Report. Mit den Billionen von Kundengeldern im Rücken hätten allein die AIMA-Mitglieder dazu einen beträchtlichen Hebel in den Händen.

Mehr Druck auf Manager

Damit ist es nicht weit zum zweiten Anwendungsbeispiel: Shorten, um das Management von Unternehmen zum Umdenken zu zwingen – also mit dem Ziel eines «Impact», einer Wirkung. Unter Investoren ist schon heute die Strategie verbreitet, Firmen konsequent kein Geld mehr zu geben, die ESG-Standards nicht genügen. Mit Leerverkäufen würde dieses Prinzip auf die Spitze getrieben, schreiben die Studienautoren. Der Druck auf den Aktienkurs ist um ein Vielfaches stärker und zwingt die Firmenführung damit unmittelbar zum Handeln.

Noch ist das allerdings Wunschdenken. Die Hedgefonds-Industrie beklagt denn auch, dass neue ESG-Standards wie die «Taxonomie» der EU Leerverkäufe gar nicht berücksichtigen. Das schliesse Spekulanten quasi von nachhaltigen Investments aus, so der Vorwurf. Ihre Lobby fordert jetzt, dass Finanzinvestoren sich wie die «Long-Only-Fonds» in diesem neuen Marktsegment tummeln dürfen – und nebenbei noch die Welt retten helfen.

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