Grossbanken sichern sich mit milliardenschweren Rückstellungen ab – sie wittern Gefahr in ihrem wohl unberechenbarsten Geschäft. Die Stunde der Wahrheit schlägt dort erst in einigen Monaten. Auch in der Schweiz.

Das Rückstellungs-Karussell bei den europäischen Grossbanken dreht rasant. Wie auch finews.ch berichtete, erlitt Spaniens Nummer eins, Santander, deswegen einen Halbjahresverlust von 11,1 Milliarden Euro; arg zerzaust wurden auch die britische Bank Lloyds, die anglo-chinesische HSBC sowie die französischen Häuser BNP Paribas und Société Générale.

Schuld daran ist meist nicht das kapriziöse Investmentbanking, noch ein zu forsches Wachstum im Ausland. Sondern die Tatsache, dass die Institute in ihrem Heimmarkt Champions sind.

Deutliche Sprache

Wenn Europa aufgrund der Folgen der Coronakrise weiter in die Rezession abgleitet, rutschen Millionen von Sparern, Gewerblern und KMU mit – mit völlig ungewissem Ausgang für die Banken.

Dass bei der grössten Privatbank der Welt, der Schweizer UBS, ein wichtiger Teil der Rückstellungen von 268 Millionen Dollar im vergangenen Quartal aufs Inlandgeschäft mit Retail- und Firmenkunden entfiel, spricht auch für die hiesigen Verhältnisse eine deutliche Sprache.

Höhepunkt erst Mitte 2021

Mark Holman, Anleihenprofi und Chef der erfolgreichen britischen Vontobel-Tochter Twentyfour Asset Management, sieht darin die Zyklizität der Banken begründet: Die Geldhäuser sind so stark abhängig von der Konjunktur, weil sie über all die Kleinkunden untrennbar mit der Volkswirtschaft im Heimmarkt verbunden sind.

«Die prompte Vorgehen der Staaten hat dieses Geschäft bisher vor brutalen Verlusten verschont», fasst Holman die Situation zusammen. «Aber wir werden auf jeden Fall Verluste sehen, auch wenn sich diese verzögern», erklärt Holman.

Während Arbeitslosigkeit und Nachfrageeinbruch ihren Tribut bei Sparern und Gewerbe fordern, könnte es bei den Firmen zu einer Welle von Bonitäts-Herabstufungen kommen, was wiederum Zahlungsunfähigkeiten nach sich ziehen würde, so der Experte weiter. Er erwartet nun, dass die tatsächlichen Kreditverluste im dritten Quartal zunehmen und erst Mitte 2021 ihren Höhepunkt durchschreiten.

Nicht ganz so schlimm wie gedacht?

Holman zufolge haben das Firmen- und Retailgeschäft den Banken in jeder Rezession zu schaffen gemacht, ein wesentlicher Grund, warum Investoren in Krisenzeiten auch die Wertschriften der Institute loswerden wollen.

Allerdings: Weil die Institute seit der Finanzkrise ihr Kapitalpolster aufbessern mussten, stehen sie heute um einiges solider da als in vorangehenden Krise. Dass Institute wie Barclays oder die Credit Suisse im zweiten Semester ihr Kernkapital noch verstärken konnten, stimmt den Profiinvestor zuversichtlich.

So zuversichtlich gar, dass er bereits die Anleihen von Banken als Investment empfiehlt. Denn: Dank ihren Kapitalpolstern seien die Institute gar nicht mehr so zyklisch wie vom breiten Markt angenommen, beobachtet Holman. Mutige Anleger kassieren deshalb eine Risikoprämie, wenn sie darauf wetten, dass es nicht ganz so schlimm kommt wie gedacht.

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