J.P. Morgan hat als erste Wall-Street-Bank zum Jahresauftakt berichtet – und mit einem happigen Gewinnrückgang aufgeschreckt. Ein böses Omen für die Schweizer Grossbanken UBS und Credit Suisse?

J.P. Morgan ist nicht nur die grösste US-Bank, sondern auch international ein Gigant – und macht erst noch den Anfang beim Resultate-Reigen an der Wall Street. Entsprechend wichtig ist das Institut als Indikator für das globale Investmentbanking.

So gesehen müssten die gestern veröffentlichten Ergebnisse auch bei den Schweizer Grossbanken zu denken geben. Der Rückgang des Nettogewinns im ersten Quartal 2022 um fast 60 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum und um 30 Prozent im Vergleich zum Vorquartal lassen aufhorchen. Doch beides war durch die erwartete Abkühlung des Wachstums nach der Pandemie, den Ukraine-Krieg und die hohe Inflation erklärbar.

Die Erträge waren in den ersten drei Monaten des Jahres sogar überraschend stabil. Sie lagen nur um 5 Prozent unter dem des Vorjahres und sogar um 5 Prozent über dem des vierten Quartals.

Ähnlich, aber nicht gleich

Auf kürzere Sicht könnten die Schweizer Banken in der Lage sein, die Hauptlast dieser Auswirkungen zu vermeiden. Obwohl UBS und Credit Suisse in vielen Geschäftsbereichen wie auch J.P. Morgan tätig sind, sind sie nicht identisch - und der Teufel steckt im Detail.

Das Ergebnis der US-Bank wurde stark von den hohen Rückstellungen für Kreditverluste im Volumen von 1,5 Milliarden Dollar beeinflusst. Vorsichtshalber wurden 902 Millionen Dollar zu den Reserven hinzugefügt, weil die Wahrscheinlichkeit von «Downside Risks» (Abwärtsrisiken) gestiegen ist. Das steht in der Sprache der Märkte und der Banker für «bad things happen» oder «externe Faktoren». Die Schweizer Banken könnten etwas Ähnliches tun, müssen es aber nicht zwangsläufig.

Ein Grossteil der Rückstellungen entfiel auf das Privat- und Firmenkunden-Geschäft der amerikanischen Bank J.P. Morgan Chase, ein Markt, in dem die Schweizer Banken kaum oder gar nicht tätig sind.

Investmentbanking gar nicht so schlecht

Das scheint sogar für die Schweizer Banken UBS und Credit Suisse (CS) zu sprechen, wenn man das Investmentbanking-Geschäft betrachtet. J.P. Morgan verzeichnete in den Bereichen, in denen alle drei Banken direkt miteinander konkurrieren, einen deutlich moderateren Rückgang.

Die Erträge im Bereich der festverzinslichen Wertpapiere gingen im Vergleich zum Vorjahr nur um 1 Prozent zurück, und die Bank meldete sogar einen Anstieg der Erträge im Währungsgeschäft. Die Aktienmärkte waren um 7 Prozent rückläufig. Aber das war fast ein natürlicher Startpunkt nach der sehr starken Entwicklung vor einem Jahr.

Der Faktor Russland

Aufgrund von Kreditanpassungen meldete J.P. Morgan einen Verlust von 524 Millionen Dollar. Auch hier spielte aber Sonderfaktoren hinein. Das Minus kam wegen der Erhöhung der Spreads in der Finanzierung, Anpassungen im Zusammenhang mit der Erhöhung des Rohstoffrisikos und Derivate-Abschlägen von Gegenparteien im Zusammenhang mit Russland zustande. UBS und CS könnten mit ähnlichen Problemen konfrontiert sein, aber es ist unwahrscheinlich, dass sie in der gleichen Grössenordnung liegen.

Wie Jens Haas, Leiter Investment Banking für die Schweiz und Europa bei derCS, kürzlich zu finews.ch sagte, war die Verlangsamung der Investmentbanking-Aktivitäten in den USA am stärksten ausgeprägt, wobei das Ergebnis im Zusammenhang mit dem Rekordumfeld des Vorjahres zu sehen ist. In Europa waren die Aktivitäten ebenfalls rückläufig. Aber die Zahl der M&A-Deals ging nur um 3 Prozent zurück.

Vermögensverwaltung läuft rund

Der Bereich Asset und Wealth Management der amerikanischen Bank ist wahrscheinlich der eigentliche Indikator für die Schweizer Grossbanken und möglicherweise für einen Grossteil des Finanzsektors insgesamt.

Und hier ist das Bild weitaus positiver. J.P. Morgan meldete höhere Verwaltungs- und Performancegebühren, während das verwaltete Vermögen um 4 Prozent auf 3 Billionen Dollar anstieg, was angeblich auf «kumulierte Nettozuflüsse» zurückzuführen ist.

Dies wird höchstwahrscheinlich die Grundlage für eine positive Entwicklung der gebührenpflichtigen Netto-Neugelder bei UBS sowie der Netto-Neugelder bei derCS bilden - und möglicherweise auch für dem Geldzufluss im gesamten inländischen Finanzsektor.

Unverblümte Warnungen

Obwohl dies für dieses Quartal der Fall sein dürfte, wird es auf längere Sicht schwieriger sein, dem Schicksal von J.P. Morgan ganz zu entgehen. Denn der Ausblick von Jamie Dimon, des langjährigen CEO der US-Bank, enthielt einige unverblümte Warnungen. Die Bank sehe aufgrund der hohen Inflation, der Probleme in der Lieferkette und des Krieges in der Ukraine «erhebliche geopolitische und wirtschaftliche Herausforderungen auf sich zukommen», warnte der Top-Banker.

Auf Dauer werden diese Faktoren wahrscheinlich auch für die Schweizer Banken Probleme aufwerfen. Das dürfte selbst in der für die wichtige Vermögensverwaltung der Fall sein – dort müssen die Auswirkungen negativer wie positiver Entwicklungen nicht zwingend schwächer ausfallen als in anderen Bankgeschäften.

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