Dass sich weniger Frauen als Männer mit Finanzmärkten, Vermögensaufbau und Altersvorsorge beschäftigen ist eine oft wiederholte Tatsache. Doch wie gelingt es, und was braucht es, um Frauen dazu zu motivieren, sich aktiv mit Finanzthemen auseinanderzusetzen?

Die Frage, was Frauen vom Banking wollen, war das Thema am jüngsten «Finance Circle», einer Bildungsveranstaltung der School of Management & Law der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZAHW) und des Zürcher Bankenverbands, am (gestrigen) Montag.

In einem Punkt herrschte dabei bei den Referentinnen grosse Einigkeit: Das derzeitige Banking nimmt in der Beratung zu wenig Rücksicht auf die Bedürfnisse und Wünsche der weiblichen Kundschaft. In diesem Punkt hätten die Banken einen grossen Nachholbedarf.

«Der Gender-Gap zwischen Frauen und Männern manifestiere sich in vielen westlichen Ländern bereits in der Schule», betonte etwa Claudia Müller, Gründerin des Female Finance Forum.

«Mädchen und junge Frauen halten sich in Fächern wie Mathematik, Physik und anderen Naturwissenschaften eher zurück, vor allem wenn es gemischte Klassen sind. Bei reinen Mädchenklassen sind sie genauso dabei, wie es die Jungen sind.»

Das setze sich später in der Berufswahl, den Einkommen und anderen Lebensrealitäten fort. Durch die Lohnlücke ergebe sich auch beim Sparen und Investieren eine Lücke, die schlussendlich auch zu den grossen Rentenunterschieden zwischen Frauen und Männern beitragen.

Anderes Risikobewusstsein

Neben dem generell tieferen Einkommen gebe es aber noch andere Unterschiede. Frauen hätten ein anderes Risikobewusstsein als Männer und würden mit Risiken anders umgehen. Sie würden zudem gerne nach Empfehlungen handeln und gerne auf den Rat aus ihrem weiblichen Umfeld hören. «Aber da wird generell zu wenig über Geld geredet. Es würde helfen, wenn allein schon im Freundinnenkreis offener über Finanzen gesprochen würde», sagte Müller.

«Für Frauen ist es wichtig, Dinge zu verstehen, bevor sie etwas tun», sagte Sandra Huber-Schütz. Sie ist bei der UBS Schweiz Mitglied des Management Committee Wealth Management und Verantwortliche für Women’s Wealth. «Finanzen bedeutet für Frauen auch Selbstbestimmung, und das Vorsorgethema ist sehr wichtig.»

In der Beratung komme es darauf an, die Frauen zu fragen, was sie wollen, zu verstehen in welcher Situation sie sind und welche Erwartungen sie haben. «Die Beraterinnen und Berater müssen sich der Lebensrealitäten ihrer Kundinnen und Kunden bewusst sein und Unterschiede erkennen können. Die Bedürfnisse müssen im Mittelpunkt stehen.»

In der Fortbildung werde das trainiert, auch in Rollenspielen. «Da hilft es schon, wenn in einem Beratungsgespräch mit einem Paar nicht nur der Mann, sondern auch die Frau angesprochen wird.»

Vermögen ungleich verteilt

Das weltweite Vermögen sei ungleich verteilt. Frauen besässen rund 42 Prozent der globalen Vermögenswerte. Bei ihnen sei jedoch das Wachstum etwa 1,5-mal so schnell wie beim Vermögen der Männer. «Viele Frauen sind sich nicht bewusst, dass sie mit ihrem Vermögen auch Wirkung erzielen können. Nur rund 15 Prozent interessieren sich für die Entwicklung an den Finanz- und Aktienmärkten. In Partnerschaften wird das gerne an die Männer delegiert. Doch 50 Prozent machen sich Sorgen um Geld und Altersvorsorge, unternehmen aber nichts», so Huber-Schütz weiter.

Mit der «Womans Wealth Academy» betreibe die UBS eine sehr beliebte Plattform. Dabei gehe es darum, Wissen zu vermitteln, etwa über Fachreferate oder an Anlässen sowie den Austausch in Netzwerken. «Für Frauen ist es wichtig sich frühzeitig mit dem Thema zu befassen und auch in der Partnerschaft nicht den Überblick über die Finanzen zu verlieren», so die UBS-Managerin weiter. Acht von zehn Frauen müssten sich irgendwann mit Finanzen auseinandersetzen, oft wegen einer Trennung oder weil der Partner stirbt.

Lebensphasen berücksichtigen

Wenn es um Banking für Frauen geht, gehe es auch darum, in der Beratung die verschiedenen Lebensphasen in die Anlageentscheidungen miteinzubeziehen. Nannette Hechler-Fayd’herbe, bei der Credit Suisse Globale Leiterin Economics & Research sowie Chief Investment Officer EMEA, unterstellt dabei die Bedürfnisse grob in vier unterschiedliche Lebenszyklen. In der Aufbauphase (bis 30 Jahre) gehe es darum, mit langem Anlagehorizont den Aufbau von Vorsorgekapital zu beginnen, etwa mit Aktien oder Fonds. Flexibilität sei oft im Alter von 30 bis 45 Jahren ein Thema, wenn sich oft im privaten und beruflichen Leben Veränderungen ergeben, etwa durch Partnerschaften, Kinder und berufliche Wechsel.

Die Zeit bis zum Alter von 60 Jahren sollte genutzt werden, um die Anlagestrategie zu verbessern, neue Prioritäten zu setzen und sich um die Rentenplanung zu kümmern. Ab 60 gehe es um eine ertragsorientiert Anlagestrategie und darum, für sich selbst und die nächste Generation zu sorgen.

Patrizia Laeri, die CEO der Frauen-Finanz-Community «elleXX», beklagt, dass sich Frauen vom Jargon und Inhalt der Banken-Kommuniaktion in der Regel nicht angesprochen fühlen. Auch das Design sei dabei ein wichtigeer Aspekt. «Frauen wollen von Frauen beraten werden», sagt die frühere SRF-Wirtschaftsjournalistin. Auch spiele das Thema Nachhaltigkeit für Frauen eine sehr wichtige Rolle, wo sich die Schweizer Banken nicht gut positioniert hätten.

Wenn Banken Frauen besser ansprechen wollen, gehöre es auch dazu, dass in Unterlagen, Dokumenten und Verträgen konsequent «gegendert» werde, «bis in jedes Detail». Frauen müssten sich auch sprachlich einbezogen fühlen.


Der nächste Finance Circle findet am Montag, dem 26. September 2022, von 18:00 Uhr bis 19:30 Uhr, statt. Das Thema wird dann sein: Kunst als Anlage.

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