Die Übernahme der deutlich grösseren Warburg Invest ist erst mit dem zweiten Anlauf geglückt, verrät Bantleon-Chef Stephan Kuhnke im Gespräch mit finews.ch. Und er spricht über die Pläne für das Fondshaus GAM, an welchem der deutsch-schweizerische Asset Manager bereits beteiligt ist.


Herr Kuhnke, Bantleon plant, mit Warburg Invest einen rund dreimal so grossen Konkurrenten zu übernehmen. Verschlucken Sie sich da nicht?

Im Gegenteil, es war Teil unserer strategischen Überlegungen, im Asset Management deutlich an Grösse zu gewinnen. Mit der neuen Aufstellung können wir zudem zusätzliche Mandate gewinnen, ohne parallel die personellen Kapazitäten ausbauen zu müssen.

Wegen den Verwicklungen von M.M. Warburg in den Cum-Ex-Skandal in Deutschland hat der Name keinen guten Klang mehr. Wird der Brand Warburg Invest verschwinden?

Stand heute kann ich sagen, dass es zu einer Namensänderung kommen wird. Ich möchte zudem betonen, dass Warburg Invest als die damalige Nord/LB Asset Management erst 2018 zu M.M. Warburg kam.

«Als gute Verlierer sind wir mit dem Besitzer in Kontakt geblieben»

Also Jahre, nachdem die mutmasslichen Verstrickungen von M.M. Warburg in Cum-Ex-Geschäfte stattgefunden haben.

Musste denn M.M. Warburg verkaufen?

Der Verkäufer ist daran, sein Portfolio an Beteiligungen zu arrondieren. Ende vergangenen Jahres hat sich dann der Verkauf von Warburg Invest konkretisiert. Sinnigerweise hatte Bantleon schon 2018 für Nord/LB Asset Management geboten, dann aber nicht den Zuschlag erhalten. Als gute Verlierer sind wir mit dem Besitzer in Kontakt geblieben. Das hat sich jetzt für uns bezahlt gemacht.

A apropos zahlen: Sie halten den Kaufpreis geheim. Nach welchen Modalitäten wird die Transaktion ablaufen?

Zuerst muss die Übernahme von den zuständigen Behörden, der Bafin und der Finma, abgesegnet werden. Anschliessend zahlen wir den Preis in Euro aus unserem Eigenkapital.

«Es wird keine betriebsbedingten Kündigungen geben»

Dieses ist mit derzeit rund 160 Millionen Euro bestens alimentiert und wird sich mit dem Zukauf nur geringfügig verringern.

Verringert sich auch die Anzahl Stellen beim Fusionsprojekt?

Es wird keine betriebsbedingten Kündigungen geben. Wir haben uns ebenfalls zum Standort in Hannover bekannt, was mit ausschlaggebend war für den Zuschlag des Verkäufers. Es gibt bei den beiden Gesellschaften weder in der Vermögensverwaltung noch in der Administration und dem Vertrieb nennenswerte Überschneidungen. Warburg Invest und Bantleon ergänzen sich hervorragend.

Sie sind also zuversichtlich, dass Sie die beiden Unternehmenskulturen auf einen Nenner bringen?

Wir kennen uns am Standort Hannover schon lange. Weil beide Unternehmen institutionelle Kunden bedienen, sprechen wir auch betrieblich die gleiche Sprache. Zudem steht das Management von Warburg Invest zu 100 Prozent hinter dem Zusammenschluss. Dieser wird bei Warburg Invest auch als Befreiungsschlag empfunden, nachdem nun über Jahre hinweg im Kundenkontakt stets erklärt werden musste, dass man nichts mit Cum-Ex zu tun hat.

Dennoch, einfach wird die Fusion der Kulturen nicht, oder?

Es wäre naiv, davor keinen Respekt zu haben. Wir führen die 97 Mitarbeitenden von Warburg Invest mit unseren zwölf in Hannover zusammen, hinzu kommen acht in München und knapp 30 Angestellte in der Schweiz. Es wird naturgemäss den einen oder anderen geben, der sich in der neuen Struktur nicht wiederfindet. Wir sind uns der Herausforderung bewusst, sind aber zuversichtlich, diese zu meistern.

Blackrock, der weltgrösste Asset Manager, baut derzeit Hunderte Stellen ab. Bantleon hingegen verdreifacht den Headcount. Wie passt das zusammen?

Im Jahr 2022 hat der durchschnittliche Vermögensverwalter rund 20 Prozent auf seine in Aktien gehaltenen Vermögen verloren, und rund 15 Prozent auf Anleihen. Das gilt insbesondere, wenn das meiste Vermögen von passiven Fonds gehalten wird, die sich mit dem Markt entwickeln.

«GAM ist für uns derzeit eher ein finanzielles Investment»

Als aktiver Investment-Manager überwiegend für Anleihen konnten wir die marktbedingten Volumensrückgänge mit Neugeld von Kunden mehr als kompensieren. Insbesondere am Bondmarkt sind die Verhältnisse seit der Zinswende für uns geradezu paradiesisch. Im vergangenen Jahr haben wir die verwalteten Vermögen auf diese Weise um etwa 5 Prozent gesteigert.

Dann kann Bantleon sich bald weitere Übernahmen leisten?

Wir verfügen über ein Portfolio von möglichen Zielen, mit denen wir regelmässig im Gespräch sind. Wir sind weiterhin an Akquisitionen interessiert; wie sich nun bei Warburg Invest gezeigt hat, lohnt es ich zuweilen, mehrere Jahre zuzuwarten.

Bantleon hält derzeit etwas weniger als 10 Prozent am Schweizer Fondshaus GAM. Käme dort eine Mehrheitsbeteiligung für Sie infrage?

GAM ist für uns derzeit eher ein finanzielles Investment. Eine Übernahme ist da kein aktuelles Thema.


Stephan Kuhnke ist seit 1999 Vorsitzender der Geschäftsleitung von Bantleon sowie Leiter für Kapitalmarkt-Analyse und Portfolio-Management. Zum deutsch-schweizerischen Fondshaus, das im Jahr 2022 seine Schweizer Banklizenz zurückgegeben hat, ist er bereits im Jahr 1994 als Wertschriftenhändler gestossen. Zuvor hatte er für die deutsche Commerzbank gearbeitet.

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