Noch umschwirren die Schweizer Banken den Finanzplatz Singapur wie Motten das Licht. Doch erste Alarmzeichen geben zu denken.

Der Stadtstaat Singapur war in den vergangenen paar Jahren das unbestrittene Eldorado im Private Banking. Immer mehr vermögende Leute verlagerten ihr Geld aus der eigenen Heimat in diesen «sicheren Hafen». Singapur war bis jetzt: straff geführt, wirtschaftlich prosperierend, politisch stabil, serviceorientiert und mit einem verlässlichen Bankgeheimnis ausgestattet.

Doch das alles scheint nun ins Wanken zu geraten. Denn der wirtschaftliche Motor des Stadtstaates gerät ins Stottern. Alarm schlug diese Woche die lokale DBS Bank, die ihre Wachstumsprognose für das Bruttoinlandprodukt (BIP) von 4 Prozent auf 3 Prozent zurücknahm. Das ist viel, das ist ein Viertel.

Überhitzter Immobilienmarkt

Die Gründe dafür sind vielfältig und dürften früher oder später auch Auswirkungen auf die Finanzbranche haben. Wirtschaftlich enttäuschend entwickelte sich vor allem das zweite Quartal 2014. Erstmals seit zwei Jahren musste der Stadtstaat zwischen April und Juni einen BIP-Rückgang verzeichnen. Zu leiden hat dabei vor allem der Dienstleistungssektor, der offenbar eine wachsende Zurückhaltung der Konsumenten registriert, wie das Online-Portal «Wealth Briefing Asia» diese Woche meldete.

Die anschwellende Angst der Konsumenten kommt nicht von ungefähr. Bereits seit einiger Zeit ist der Immobilienmarkt von Singapur, der ein guter ökonomischer Indikator ist, überhitzt. Es ist nicht übertrieben, von einer Spekulationsblase zu sprechen. Und was solche «Bubbles» einer Volkswirtschaft antun können, hat man in der Vergangenheit anderswo zur Genüge sehen können.

Verschärfte Vorschriften

Direkt verbunden mit dieser immer noch anschwellenden Immobilienblase ist die Bankbranche. Um eine Krise abzuwenden, die sich zwangsläufig auch auf andere Bereiche des Kapitalmarkts ausbreiten könnte, hat die Finanzaufsichtsbehörde von Singapur (MAS) verschärfte Vorschriften sowohl für Immobilienkredite als auch für Investitionen in Finanzprodukte erlassen. 

justin-ongBislang allerdings erst mit begrenztem Erfolg. Denn, wie immer, herrscht in der Bankbranche ein sagenhafter Herdentrieb, der erst zum Stillstand kommt, wenn es zumeist zu spät ist. Justin Ong (Bild),  der leitende Finanzexperte der Beratungsfirma PwC in Singapur, sieht vor diesem Hintergrund noch andere Fehlentwicklungen in der Bankbranche, die ihm mittlerweile zu denken geben.

Verschiedene Fehlentwicklungen

Sein Hauptvorwurf lautet, die Banken hätten es im Nachgang zur Krise verpasst, ihre Geschäftsmodelle den neuen Gegebenheiten und insbesondere den veränderten Bedürfnissen der Klientel anzupassen. Daraus ergäben sich nun Fehlentwicklungen. Unter anderem folgende:

  • Ein gefährlicher Trend gehe dahin, dass viele Banken ihren vermögenden Privatkunden zunehmend Investmentbanking-Dienstleistungen aufschwatzen wollten. Zu diesem Zweck würden immer mehr Investmentbanker angestellt, die jedoch von kurzfristigen Zielen getrieben seien, was dem klassisch-langfristigen Vermögensverwaltungsgeschäft eine falsche Stossrichtung gebe.
  • Gute Leute in der Bankbranche könnten mittlerweile so hohe Löhne verlangen, dass die meisten Banken anderswo massiv zu sparen. Das geschehe nun vor allem im rückwärtigen Bereich (Backoffice). Dadurch sänken allerdings Verlässlichkeit und Qualität der Abwicklung von Bankdienstleistungen erheblich.
  • Obschon in der Branche viel darüber gesprochen werde, dass man die Beratung der Kunden künftig verrechnen solle, seien die Kunden nach wie vor kaum gewillt, dafür zu bezahlen. Sie seien zwar bereit, einem unabhängigen Vermögensverwalter (External Asset Manager) ein Beratungshonorar auszurichten, jedoch nicht einer Bank, weil man Banken – spätestens seit der Finanzkrise – bloss noch als Produkteplattformen und weniger als Beraterinstanz betrachte.
  • Überraschend relativiert Justin Ong auch die Feststellung in einer kürzlichen Studie aus seinem Hause, wonach der Finanzplatz Singapur in den nächsten fünf bis zehn Jahren die Schweiz als Vermögensverwaltungszentrum überholen werde. Dafür hat der Fachmann bestenfalls ein Lächeln übrig. Natürlich sei das Wachstum der Kundengelder in Singapur doppelt so hoch wie in der Schweiz, aber in Singapur seien auch nur halb so viele Kundenvermögen stationiert als in der Schweiz. Und daran werde sich bis auf weiteres auch nichts ändern.
  • Denn Grund dafür liefert er gleich nach: Weil das US-Regelwerk Fatca nun überall auf der Welt zur Anwendung komme, würden Steueroasen und entsprechend einschlägige Finanzzentren an Relevanz einbüssen, weil sie den neuen Anforderungen nicht gewachsen seien. Umgekehrt sei die Schweiz, wo die Vermögensverwaltung eine jahrhundertelange Tradition besitze und auch der Gesetzesrahmen stimme, auf Fatca wohl am besten vorbereitet.
  • Singapur müsse erst noch beweisen, wie nachhaltig der Finanzplatz sei. Nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund, dass China – ob man es wolle oder nicht – im Begriff sei mit Schanghai die grosse Finanzdrehscheibe der Zukunft aufzubauen.

 

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