Im Ringen um den künftigen Zugang zu Europas Finanzmarkt schlägt eine wichtige britische Finanzlobby eine Lösung vor, die man in der Schweiz recht gut kennt. Doch nicht alle sind davon begeistert. 

Die EU-Mitgliedschaft sichert den Vertrieb von grenzüberschreitenden Finanzdienstleistungen für Banken, Versicherungen, Fonds und Wertpapierhandelsfirmen innerhalb der Europäischen Union ohne grossen Aufwand. Passporting nennen das die Experten.

Doch mit dem Austritt Grossbritanniens aus der EU ist diese Regelung für die Briten nun in Gefahr. Bemerkenswert ist daher die Aussage von TheCityUK, der einflussreichsten Finanzlobby-Gruppe Londons, dass sie nicht mehr am EU-Pass festhalten möchte, wie die «Financial Times» (Artikel bezahlpflichtig) am Donnerstag mitteilte.

Die Energie auf den EU-Pass zu kanalisieren sei, so die Organisation, ohnehin vergebene Müh, nachdem Premierministerin Theresa May wenig Interesse an einem solchen Deal gezeigt habe. Stattdessen zielen die Lobbyisten nun auf ein Äquivalenz-Abkommen mit den einzelnen EU-Staaten. 

Vorbild Schweiz

Eine ähnliche Strategie verfolgt die Schweiz – mit unterschiedlichem Erfolg. So konnte mit Deutschland 2015 zwar ein Abkommen abgeschlossen werden, das Schweizer Finanzakteuren die grenzüberschreitende Erbringung von Dienstleistungen erlaubt. Entsprechende Verhandlungen mit Italien und Frankreich führten dagegen zu keinem Ergebnis.

Der Vorschlag der britischen Finanzlobby stösst allerdings auf Skepsis in der Londoner Bankenszene. Zum einen, weil mit der vorgeschlagenen Stossrichtung die Geschäftsbereiche Commercial Banking und Primary Insurance trotzdem nicht möglich würden. Und zum anderen, so argumentieren die Kritiker, handle es sich dabei um ein fragiles Rechtskonstrukt, weil die EU ihre Regeln jederzeit anpassen könne.

Mit der Folge: Zwischenstaatliche Übereinkünfte könnten für ungültig erklärt werden. Auf einer solchen Basis würden sich keine nachhaltigen Investitionspläne erstellen lassen, so die Skeptiker.

Die Zeit drängt

Gleichzeitig drängen die britischen Banken und jene, die von London aus den europäischen Markt mit Finanzprodukten bedienen, auf eine baldige Lösung und haben verschiedentlich mit einem Abzug von Personal gedroht, sollten sich die Verhandlungen in die Länge ziehen.

Erst kürzlich drohte Douglas Flint, der Verwaltungsratspräsident der britischen Grossbank HSBC, vor einem Ausschuss des britischen Parlaments, mit der Verlagerung von gegen 1'000 Jobs in die EU. 

Gut 230'000 Stellen in Gefahr

Und Xavier Rolet, CEO der London Stock Exchange (LSE), warnte die britischen Politiker, dass bis zu 232'000 Stellen in der britischen Finanzbranche verloren gehen könnten, wenn das Land – wie befürchtet – nach dem Brexit keine auf Euro lautende Abwicklungsgeschäfte (Clearing) mehr durchführen dürfe. Dies wäre mehr als ein Zehntel aller Finanz-Arbeitsplätze auf der Insel.

Andere Finanzzentren in Europa reiben sich angesichts solcher Szenarien die Hände. Frankfurt beispielsweise erhofft sich vom Brexit einen massiven Zuwachs an Arbeitsplätzen in der Finanzbranche. Doch auch Städte wie Paris, Dublin und Luxemburg wollen davon profitieren.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.55%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.91%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    27.97%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.03%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.54%
pixel