Es mache Sinn, die Wahrscheinlichkeit eines Wahlsieges des Front National zu prüfen, schreibt Stephan Heitz. Axa Investment Managers hat ein Modell entwickelt, das die diversen Umfragen aggregiert.

Stephan Heitz ist ‹Head of Continental Europe & Nordics› bei Axa Investment Managers. Er schreibt monatlich für finews.ch.

Trotz der politischen Überraschungen des Jahres 2016 mit dem Brexit und der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten scheinen die Kapitalmärkte immun gegen politische Unwägbarkeiten. Eine zu grosse «Entspanntheit» erscheint aber gefährlich. Denn insbesondere die Wahlen in Frankreich haben «Sprengpotenzial» für den Euro und die EU, was mit Sicherheit auch Auswirkungen auf die Schweiz hätte.

Sollte Marine Le Pen tatsächlich die nächste französische Präsidentin werden, so würden wahrscheinlich folgende Punkte des publizierten Programms des Front National umgesetzt:

  • die Wiedereinführung des Franc,
  • die Kündigung und Neuverhandlung von EU-Verträgen im Rahmen des Artikels 50 (Austrittsklausel) der EU-Verträge,
  • die direkte Staatsfinanzierung durch die Banque de France
  • sowie protektionistische Massnahmen mit staatlich regulierten Preisen, Löhnen und Pensionen.

All dies würde, sollte es politische Realität werden, auch massive Auswirkungen auf die Schweiz und die Schweizer Bürgerinnen und Bürger haben.

Grösste Gruppe der Auslandsschweizer

Direkt betroffen wäre die Gruppe der Schweizerinnen und Schweizer mit Wohnsitz in Frankreich; mit Ende 2015 rund 200'000 registrierten Personen die grösste Gruppe der Auslandsschweizer. Auch die bilateralen Handelsbeziehungen der Schweiz zu Frankreich würden unter protektionistischen Massnahmen leiden.

Frankreich ist nach Deutschland, den USA und Italien der viertgrösste Handelspartner der Schweiz; 2015 lag das Handelsvolumen der beiden Nachbarn bei etwa 27 Milliarden Franken, mit einem Handelsbilanzüberschuss für die Schweiz in der Höhe von 576 Millionen Franken.

So liegen die Chancen für Marine Le Pen

Es macht also Sinn, der Wahrscheinlichkeit eines Wahlsieges des Front National (FN) eine eingehendere Analyse zu widmen. Axa Investment Managers hat genau dies getan und ein Modell entwickelt, das die verschiedenen Meinungsumfragen aggregiert, mit der Abweichung der Umfragewerte von den tatsächlichen Wahlergebnissen in der Vergangenheit korreliert und auch in Abhängigkeit zum zeitlichen Abstand zum Wahltermin setzt.

Folgt man den Ergebnissen dieser Analyse, so liegt die Wahrscheinlichkeit, dass der FN und Marine Le Pen die Stichwahl zwischen den beiden führenden Kandidaten erreichen, bei mehr als 90 Prozent.

Die Wahrscheinlichkeit, dass Marine Le Pen dann aber auch diese Stichwahl gewinnt, liegt hingegen lediglich bei 22 Prozent; mit jeweils über 30 Prozent führen hier der konservative Politiker François Fillon und der Marktliberale Emmanuel Macron.

Vorsicht vor Kreditaufschlägen

Bestätigt wird das Modell der Wahrscheinlichkeit eines FN-Siegs durch die Wettbuchmacherquoten (36 Prozent) und die Prognosewerte der politischen Analystengilde (27 Prozent). Aber dennoch ist ein Risikofaktor zwischen 22 Prozent und 36 Prozent in jedem Fall ein Szenario, auf das man vorbereitet sein sollte.

Wir empfehlen in unserer aktuellen Asset-Allokation daher eine vorsichtige Haltung gegenüber den Kreditaufschlägen für Euro-Peripheriestaatsanleihen und eine neutrale Position hinsichtlich Bundesobligationenrenditen. Darüber hinaus empfehlen wir Absicherungsmassnahmen gegenüber einer zu erwartenden fortgesetzten Euro-Schwäche gegenüber dem Dollar.

Was macht der Franken?

Und da die Schweizerische Nationalbank wohl auch weiterhin alles daran setzt, den Franken gegenüber dem Euro nicht weiter aufwerten zu lassen, ist dann wohl auch von einem stärkeren Dollar gegenüber dem Franken und von fortgesetzt niedrigen Franken-Obligationenrenditen auszugehen.

Mit anderen Worten: Vorsicht ist nach wie vor angebracht.


Stephan Heitz 192Stephan Heitz ist seit Januar 2009 bei Axa Investment Managers tätig. Er startete als Head of Axa IM Northern Europe mit Verantwortung für Deutschland, Österreich, Schweiz, Belgien, Luxemburg und die Niederlande. Im Jahr 2014 wurde die geographische Verantwortung um die Länder Italien, Spanien und die Nordics ausgeweitet und die Region in ‹Continental Europe & Nordics› umbenannt.

Zuvor war er ab 2001 für die Swiss Life Asset Management in Zürich tätig, zuerst als Director, dann als Managing Director und CEO. Von 1993 bis 2001 arbeitete er bei der ABN Amro Bank. Er startete seine Karriere 1989 beim Schweizerischen Bankverein (heute UBS).

Heitz absolvierte ein Studium an der Universität Fribourg und schloss in Volks- und Betriebswirtschaftslehre ab. Er ist Certified Fund Officer und absolvierte das Advanced Management Program (AMP) an der Harvard Business School.

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