Die Märkte erscheinen immun gegen politische Risiken ‒ ausser gegen geldpolitische Risiken, stellt Stephan Heitz von Axa Investment Managers fest.

Stephan Heitz ist ‹Head of Continental Europe & Nordics› bei Axa Investment Managers. Er schreibt monatlich für finews.ch.

Die Liste der politisch bedeutsamen Ereignisse der vergangenen Wochen und Monate ist lang und überwiegend wäre von einer Belastung für die Börsen auszugehen gewesen:

  • verlorene oder fast verlorene Wahlen in Grossbritannien,
  • gewonnene Wahlen in Frankreich,
  • komplette Unsicherheit über die Brexit-Verhandlungen bei nur noch weniger als zwei Jahren Spielraum,
  • eine nahezu völlige Entfremdung der Türkei von den europäischen Partnern,
  • neben dem seit Jahren offen ausgetragenen Stellvertreterkrieg zwischen von Saudi-Arabien geführten Sunniten und von Iran geführten Schiiten in Syrien und im Irak jetzt noch ein weiterer innersunnitischer Konflikt mit Qatar, der ebenfalls ein Stellvertreterkonflikt sein könnte zwischen Wahhabismus (geführt von Saudi-Arabien) und Muslimbruderschaft (unterstützt von der Türkei),
  • ein verschärftes «Säbelrasseln» zwischen den USA und Nordkorea,
  • keinerlei Annäherung im Ukrainekonflikt,
  • die Notwendigkeit der staatlichen Rettung für zwei italienische Grossbanken usw.

Und dennoch blieben die Aktienbörsen im Wesentlichen stabil und konnten im Jahresverlauf 2017 bis Ende Juni, erhebliche Kursgewinne einfahren, die mit jeweils rund 11 Prozent in der Schweiz und in Deutschland, gemessen am Swiss Market Index (SMI) sowie am Deutschen Aktienindex (DAX), am stärksten ausfielen.

Doch dann kam das von der Europäischen Zentralbank (EZB) ausgerichtete Zentralbankforum in Sintra, Portugal, und sorgte für den Verlust eines Drittels der Aktienkursgewinne in zwei Tagen und einen deutlichen Anstieg der Zinsen, zumindest in Kerneuropa.

Und dies alles, weil EZB-Chef Mario Draghi nur angedeutet hat, was eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte: Das derzeitige Anleihekaufprogramm der EZB ist nicht unendlich und wird irgendwann nach ausreichender Stabilisierung der Kapitalmärkte reduziert werden.

US-Notenbankchefin Janet Yellen hat dies noch verstärkt mit der Aussage, die US-Wirtschaft sei robust, das System stabil und eine weitere Finanzkrise im Verlauf dieser Generation höchst unwahrscheinlich.

Der Euro gewann daraufhin an Stärke und erreichte einen Zweijahres-Höchststand gegenüber dem Dollar. Wir hatten darauf hingewiesen und fühlen uns in unserer Einschätzung bestätigt, dass

  • die Weltwirtschaft unbeschadet der politischen Krisen deutlich besser läuft als erwartet;
  • Aktienkurse derzeit daher gut durch Unternehmensgewinnsteigerungen unterfüttert sind und nicht auf Expansion der Bewertungsrelationen basieren;
  • wir dennoch äusserst wachsam an den Aktienmärkten partizipieren und keineswegs sorglos in die Zukunft blicken sollten, denn:
  • Die Unternehmensbewertungen haben sich in den letzten Jahren auf einem Niveau eingependelt, das nur bei nachhaltig niedrigen Renditen zu vertreten ist.
  • Wenn der Zinstrend sich dauerhaft gedreht hat und Renditen wieder ein Normalmass von real 1% und nominal 2% global erreichen, braucht es noch stärkere Unternehmensgewinne als derzeit ersichtlich, um den Bewertungseffekt auszugleichen.

In der vergangenen Woche war dieser Effekt am deutlichsten bei hoch bewerteten Technologieaktien sichtbar, doch auch die Schweiz, deren Renditeniveau noch tiefer unterhalb der langfristigen Durchschnitte liegt als sonst in Europa, könnte von einer Zinsnormalisierung stark getroffen werden.

Kurzfristig sind die Aussichten möglicherweise negativ, was die Kursentwicklung angeht, langfristig aber positiv für die schweizerischen Altersvorsorgesysteme.


Stephan Heitz 192Stephan Heitz ist seit Januar 2009 bei Axa Investment Managers tätig. Er startete als Head of Axa IM Northern Europe mit Verantwortung für Deutschland, Österreich, Schweiz, Belgien, Luxemburg und die Niederlande. Im Jahr 2014 wurde die geographische Verantwortung um die Länder Italien, Spanien und die Nordics ausgeweitet und die Region in ‹Continental Europe & Nordics› umbenannt.

Zuvor war er ab 2001 für die Swiss Life Asset Management in Zürich tätig, zuerst als Director, dann als Managing Director und CEO. Von 1993 bis 2001 arbeitete er bei der ABN Amro Bank. Er startete seine Karriere 1989 beim Schweizerischen Bankverein (heute UBS).

Heitz absolvierte ein Studium an der Universität Fribourg und schloss in Volks- und Betriebswirtschaftslehre ab. Er ist Certified Fund Officer und absolvierte das Advanced Management Program (AMP) an der Harvard Business School.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.55%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.9%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    27.98%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.02%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.54%
pixel