Die Blockchain-Technologie zieht ihre Bahnen durch die Schweiz. Mit dem Tempo scheinen die Regulierungsbehörden allerdings ihre Mühe zu haben, schreibt Jürg Baltensperger. Er hat eine Lösung.

Es ist durchaus vorstellbar, dass in Zukunft sehr viele Startups in der Schweiz als Initial Coin Offerings (ICO) lanciert werden, wären da nicht diese hohen regulatorischen Hürden. Die bestehenden Regeln unbesehen auf eine neue Technologie anzuwenden, führt zu stossenden Resultaten und vor allem zu teils exorbitanten Anwaltskosten.

Solche Markteintrittshürden wirken abschreckend und sind innovationsfeindlich. Unternehmen, welche die Regeln ungenügend einhalten, droht die Zwangsliquidation durch die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma). Dies wird sicher nicht zur Stärkung der Schweiz als ICO-freundlichen Standort beitragen.

«Einige Länder haben im Wettstreit um die Gunst von Blockchain-Firmen enorm aufgerüstet»

Blockchain und die Kapitalbeschaffung mittels ICO bringen unbestritten neue Risiken mit sich, schaffen auf der anderen Seite aber auch Chancen. Vor diesem Hintergrund sollte ein Regulator Rahmenbedingungen ermöglichen, welche die Risiken minimieren, und es gleichzeitig aber auch zulassen, die Chancen zu nutzen – und zwar im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung des Wirtschaftsstandorts.

Allerdings ist die Schweiz nicht alleine. Einige Länder haben im Wettstreit um die Gunst von Blockchain-Firmen enorm aufgerüstet: Malta schuf Anfang Juli mit drei neuen Gesetzen einen umfassenden regulatorischen Rahmen. Usbekistan bietet ein ICO-freundliches Umfeld, und Liechtenstein hat für 2019 ein Blockchain-Gesetz angekündigt. Weitere Länder wie Gibraltar und die baltischen Staaten sind ebenfalls bemüht, ICOs durch ein günstiges Regelwerk anzulocken.

«Als Blockchain-Standort droht die Schweiz ins internationale Mittelfeld abzurutschen»

Wie kann sich die Schweiz in diesem internationalen Wettlauf positionieren? Im Sinne einer zukunftsgerichteten Regulierung führt kein Weg an einem Blockchain-Gesetz vorbei, das Raum für Innovationen und Entwicklung lässt. Bis ein solches Gesetz verabschiedet wird, dauert es allerdings erfahrungsgemäss lange. So droht die Schweiz als Blockchain-Standort ins internationale Mittelfeld abzurutschen.

Deshalb sollte eine Übergangslösung gefunden werden. Bei den Vermögensverwaltern bewährt sich seit langem das System der Selbstregulierung. Selbstregulierungsorganisationen (SRO) stellen ihren Mitgliedern von der Finma abgenommene Standesregeln zur Verfügung und kontrollieren deren Einhaltung. Dieses Modell könnte auch im Blockchain-Bereich Anwendung finden, zumindest als Überbrückung bis ausgereifte staatliche Regeln greifen.

«Auch mit US-Korrespondenzbanken hilft das Label einer Schweizer Regulierung»

Der Vorteil dabei wäre, dass eine «Blockchain SRO» sowohl aus Fachexperten der Technologieseite wie auch aus dem Regulierungsumfeld zusammengesetzt werden könnte, was zielgerichtete und effiziente Regeln begünstigen würde.

Eine Blockchain-Regulierung wird die Banken nicht davor bewahren, die Compliance-Prozesse den neuen Risiken anzupassen. Dazu sind eine solide Risiko-Identifikation und die entsprechenden Fachkenntnisse bei der Definition von Massnahmen nötig. Nichtsdestotrotz steigert eine Blockchain-Regulierung das Vertrauen in ICOs und wird helfen, den bis dato noch eingeschränkten Service für solche Unternehmen auszuweiten.

Auch in der Kommunikation mit US-Korrespondenzbanken und anderen Stakeholdern hilft das Label einer Schweizer Regulierung. Dies kann nur im Sinne einer zukunftsorientierten Entwicklung des Schweizer Finanzplatzes sein.


Jürg Baltensperger ist Experte für Compliance, Corporate Governance und Risikomanagement. Er verfügt über langjährige Erfahrung bei Privatbanken und Vermögensverwaltern sowie als Leiter regulatorischer Projekte. Aktuell ist er als Managing Director beim Beratungsunternehmens JayBee in Zürich tätig und doziert an Fachhochschulen.

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