Gute Konjunkturdaten und höhere Gewinne bedeuten nicht, dass alles rosig ist. Obwohl in den USA die Wirtschaft stark wächst, haben Aktien deutlich an Boden verloren, findet Investmentexperte Franz Wenzel.

Franz Wenzel ist Anlagestratege für institutionelle Kunden bei Axa Investment Managers. Er schreibt abwechselnd mit Richard Mooser eine Kolumne für finews.ch.

Der grosse Verlierer im Börsenmonat Oktober war der S&P 500 Index, und damit die 500 grössten börsennotierten US-Unternehmen: Nach einer starken Performance bis September verlor der Index mehr als 9 Prozent und beendete den Monat im Vergleich zum Jahresbeginn negativ.

Gleichwohl, die Berichterstattung über die Unternehmensgewinne für das dritte Quartal war zu mehr als 80 Prozent positiv. Die Gewinnerwartungen wurden im Durchschnitt um 6,2 Prozent übertroffen. Unternehmensgewinne waren sogar durchschnittlich 23,7 Prozent höher als im Vorjahr. Was also steckte hinter dem Ausverkauf? Und warum fehlt die typische Korrelation von Wirtschafts- und Unternehmenszahlen mit der Aktienkursentwicklung?

Starker Lohnanstieg – de facto Vollbeschäftigung

US-Präsident Donald Trumps Kritik an der Zinspolitik der amerikanischen Zentralbank (Federal Reserve, Fed) wird sicherlich wenig an den zukünftigen Entscheidungen des Währungskomitees ändern: Die US-Wirtschaft wächst ungebrochen, Geschäftsklima-Indizes haben neue Höchststände erreicht und mit einer Arbeitslosenquote um die 4 Prozent besteht seit mehreren Quartalen de facto Vollbeschäftigung.

Die US-Inflationsdaten haben den Zielwert der Fed erreicht, und es gibt klare Hinweise auf einen stärkeren Lohnanstieg. Wenig sollte also die Notenbank davon abhalten, die Geldpolitik weiter zu straffen.

Ausverkauf von Aktientiteln

Es war wohl zum einen die Aussicht auf Zinsanstiege, die mit in die Oktober-Kurskorrektur einflossen. Zum anderen hat der harscher werdende Ton zwischen den USA und China die Situation verschärft. Letztlich haben Fragezeichen hinter der Länge des US-Konjunkturzyklus sowie die Bewertung die Aktienanleger noch weiter verunsichert – was insbesondere der Ausverkauf von Aktientiteln mit stärkerem Wirtschaftsbezug gezeigt hat.

Neben möglichen Auswirkungen der Zollerhöhungen zwischen den USA und China waren Anleger zunehmend über eine Verringerung der Margen besorgt, da der Rückenwind durch die Senkung der US-Unternehmenssteuern in Zukunft nachlassen wird.

Jetzt die Finger von Aktien lassen?

Trotzdem, die Unsicherheit hatte zumeist mit technischen Faktoren zu tun. Aus fundamentaler Sicht sollte in den entwickelten Volkswirtschaften das Wirtschaftswachstum weiterhin über dem Potenzial liegen. Aber bedeutet diese Marktentwicklung, dass Investoren die Finger von Aktien lassen sollten?

Dem Ausverkauf zum Trotz kann eine moderate Übergewichtung von Aktien für Investoren sinnvoll sein. Bisher scheint die Marktkorrektur vor allem technische Gründe zu haben. Zudem bleiben die Fundamentaldaten gut, die US-Konjunkturtrends sind positiv – die Wirtschaft ist im dritten Quartal mit 3,5 Prozent annualisiert mehr als erwartet gewachsen – und die ersten Unternehmenszahlen für das dritte Quartal sprechen auch für weitere Gewinne für US-Aktien.

Hauptgrund für die Unsicherheit

Eine Ausnahme sind allerdings Emerging-Markets-Aktien, wo steigende US-Zinsen und ein steigender Dollar für zusätzliche Risiken sorgen, wenn mehr Kapital von den Emerging Markets in die USA repatriiert wird.

Ein Hauptgrund für die Unsicherheit kommt zudem aus der Politik mit der Wahl des Rechtspopulisten Jair Bolsonaro zum Präsidenten in Brasilien und einer ganzen Reihe von Risiken in Europa. Von der Ungewissheit, wie sich der Brexit weiterentwickelt, über scharfe Kritik der Europäischen Kommission an der italienischen Fiskalpolitik bis zu einem immer schwächer werdenden politischen Mandat für Angela Merkels Grosse Koalition in Deutschland – es gibt genügend mögliche Störfaktoren.

Anleihen mit Zinsvorsprung

Um allen Unsicherheiten entgegenzuwirken, könnten derzeit US-Staatsanleihen eine attraktive Diversifikationsquelle für ein Assetklassen-übergreifendes Portfolio sein – wegen ihres Zinsvorsprungs und weil sie bei Marktturbulenzen Schutz bieten. Denn wer kann schon garantieren, dass die Turbulenzen im Aktienmarkt definitiv nachlassen werden?


wenzel franz 134 192Franz Wenzel gehört seit Oktober 2016 dem Team ‹Multi Asset Client Solutions› von Axa Investment Managers an. Seit Mai 2012 koordinierte er als Chefstratege die Abteilungen makroökonomische Forschung und Investment-Strategie. Zwischen 2005 und 2010 war er stellvertretender Direktor der Abteilung Research & Investment. Wenzel stiess Ende 1997 als Senior Investment Strategist zu Axa IM und war verantwortlich für die makroökonomische Analyse der Eurozone und daran angrenzender Länder. Ab 2000 beschäftigte er sich schwerpunktmässig mit dem weltweiten Aktienmarkt und Rohstoffen als Anlageklasse.

Zuvor hatte er drei Jahre als Chief Investment Officer für das Bankhaus Metzler in Frankfurt/Main gearbeitet. Zu Beginn seiner Karriere war er als Marktstratege und Produktentwickler bei der Commerzbank in Frankfurt/Main tätig gewesen. Von 1985 bis 1988 hatte er einen Lehrauftrag im Fach Banking and Finance an der Universität Würzburg, Deutschland, wo er 1989 in Betriebswirtschaft promovierte.

 

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