Für die Märkte sieht es düster aus, die Disruption ist keine, Europa braucht grössere Banken: Carmignac-Investmentstratege Gergely Majoros erklärt finews.ch in Paris, warum es trotzdem Hoffnung gibt.


Herr Majoros, wie beurteilen Sie bei Carmignac den momentanen Zustand des europäischen Bankensektors?

Unsere Investitionen in europäische Banken sind überschaubar. Das hat mehrere Gründe: Zum einen brauchen Banken eher eine konjunkturelle Verbesserung als eine Verlangsamung, die ist momentan nicht gegeben. Zum anderen ist es eine Tatsache, dass Banken weiterhin von der sehr lockeren Zinspolitik der Europäischen Zentralbank benachteiligt werden.

«Europa bräuchte grössere Banken»

Ihre Kapitalbasis sieht heute deutlich stabiler aus als vor fünf oder zehn Jahren. Damals war das Bankensystem fragiler. In der Zwischenzeit wurde die Kapitalseite bei vielen Banken verstärkt, was aber wiederum auf die Profitabilität drückt, wenn das Kapital steigt und die Gewinne nicht. Für uns bietet sich derzeit also kein geeignetes Umfeld, um Aktien im Bereich Banken hier in Europa zu halten.

Im Moment spricht man ja von einer Konsolidierungsphase.

Rein wirtschaftlich gesehen könnten Konsolidierungen sinnvoll sein – wir haben in Europa sehr viele Banken, die meistens immer noch zu national geprägt sind. Gleichzeitig, um international erfolgreicher mit grossen amerikanischen und chinesischen Banken konkurrieren zu können, bräuchte Europa grössere Banken. Man darf aber nicht vergessen, dass die Konsolidierung generell ein höchst politisches Thema ist.

Und dann stellt ja gerade noch die digitale Disruption die Bankenwelt auf den Kopf.

Im Bankenbereich gibt es viele disruptive Tendenzen, ebenso wie in anderen Sektoren. Mittlerweile gibt es viele Fintechs – mit grossem Innovationspotenzial, die Dienstleistungen massgeschneidert und günstiger an den Endkunden bringen können. Es geht jedoch meines Erachtens nicht unbedingt um «entweder – oder».

«Das aktuelle Umfeld der Märkte hat zurzeit drei Herausforderungen»

Denn es wird sich zeigen, ob sich schlussendlich nicht eher eine Zusammenarbeit zwischen traditionellen Banken und Fintechs entwickeln wird. Vielleicht so wie in anderen Sektoren, wie zum Beispiel im Pharmabereich: grosse Riesen kaufen kleinere Newcomer wegen deren Innovationskraft auf, um sie mit der Vertriebskraft der Grossen zu kombinieren.

Also ist dann die Disruption doch nicht so gross?

Traditionelle Grossbanken investieren auch selbst sehr viel in Innovation. Trotzdem ist es realistisch, dass die Zusammenarbeit verstärkt wird und dass Kunden in der Zukunft gemeinsam angesprochen werden.

Zoomen wir doch ein bisschen raus. Wie würden Sie das aktuelle Umfeld der Märkte beschreiben?

Immer noch nicht ganz einfach. Seit ein paar Monaten sehen wir drei Herausforderungen: Erstens das sinkende globale Wirtschaftswachstum. Zweitens Zentralbanken, die weiterhin eine geldpolitische Normalisierung anstreben.

«Wir sehen positive Katalysatoren in der zweiten Jahreshälfte»

Und drittens sehen wir politische Faktoren – Anti-System-Repräsentanten, die in den USA, in Europa und in Schwellenländern gewählt werden. Diese Politiker verfolgen eine ganz andere Wirtschaftspolitik als ihre Vorgänger.

Das Jahr startet ja eher düster. Hört es auch so auf?

Die Erholung der Märkte nach dem schwierigen vierten Quartal 2018 ist relativ normal einzuschätzen. Es ist trotzdem noch keine Trendwende, unserer Meinung nach. Wir sehen aber weitere positive Katalysatoren, die das Ganze grundsätzlich verändern könnten, allerdings eher erst in der zweiten Jahreshälfte. Ich glaube, worauf man achten sollte, ist die amerikanische Zentralbank (Fed). Nach einer stärkeren Verlangsamung der US-Wirtschaft könnte sie die Normalisierung der Geldpolitik endgültig hinter sich lassen.

Der zweite Katalysator ist die Entwicklung in China, auch da gibt es eine signifikante Verlangsamung der Wachstumsraten. Es ist absehbar, dass die Chinesen früher oder später wieder etwas unternehmen werden, um die Konjunktur anzukurbeln. Sie haben ja immer noch eine kontrollierte Wirtschaft. Dies könnte sich sehr positiv auf die Märkte auswirken. 

Wie bereitet man sich denn auf so ein Jahr vor?

In den Fonds gehen wir derzeit bewusst wenig aktive Risiken ein .Wir sind vorsichtig im Aktien-, im Anleihe- und im Währungsbereich. Wir haben viel Cash in den Fonds, was widerspiegelt, dass wir tendenziell eher auf attraktiven Möglichkeiten warten. Kurzum, wir wollen in der Lage sein, diese Möglichkeiten ergreifen zu können.


 Gergely Majoros ist seit 2016 Mitglied des Investmentkomitees des französischen Vermögensverwalters Carmignac. Vorher war er als Portfoliomanager für verschiedene Vermögensverwalter im Bereich Emerging Markets tätig und davor als Finanzanalyst. finews.ch hat Majoros im Rahmen des jährlichen Medienevents von Carmignac in Paris getroffen.

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