Können die Investoren hoffen, dass man in den kommenden Quartalen wieder zinsträchtig investieren kann? Investmentexperte Franz Wenzel geht dieser Frage nach.

Franz Wenzel ist Anlagestratege für institutionelle Kunden bei Axa Investment Managers. Er schreibt abwechselnd mit Richard Mooser eine Kolumne für finews.ch.

In den Monaten Juli und September 2016 wurde zweifellos Geschichte geschrieben. Die Renditen von 10-jährigen Eidgenossen sowie US- und deutsche Bundesanleihen erreichten historische Tiefststände: Investoren kauften US-Staatsobligationen mit einer Rendite von 1,3 Prozent und akzeptierten für die «sicheren Häfen» der deutschen und Schweizer Bundesobligationen sogar negative Renditen von -22 respektive -62 Basispunkten.

Zweifellos eine geschichtsträchtige Situation, die aus dem wirtschaftlichen Malaise der Eurozone geboren und von der extrem expansiven und wohl auch notwendigen Hilfestellung der Zentralbanken genährt wurde – dem «whatever it takes» von Mario Draghi, dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB).

Einigkeit auf dem Börsenparkett

Soweit zur Geschichte. Nach mehr als zehn Jahren US-Wachstum hat sich das Umfeld geändert. Die US-Zentralbank hat die Zinsen sukzessive auf heute 2,25-2,5 Prozent angehoben. Weitere Erhöhungen sind nicht auszuschliessen. Trotz eines deutlich weniger dynamischen Wachstums in Europa herrscht auch auf dem Börsenparkett diesseits des Atlantiks Einigkeit: Die EZB plant den Einstieg in den Ausstieg aus ihrer Art der quantitativen Lockerung.

Wer Zinserhöhungen der Notenbanken prognostiziert, impliziert eine Aussage für die Renditen am langen Zinsende. Insbesondere für die USA macht die Frage nach der Zinswende die Runde. In der Folge gilt es als gesicherte Erkenntnis, dass auch in Europa die Zinsen für langfristige Obligationen ansteigen werden, spätestens dann, wenn die EZB den Zinsanker lichten wird.

Teilweise verschlechtert

Können nun die Investoren hoffen, dass man in den kommenden Quartalen wieder zinsträchtig investieren kann? Sowohl die aktuelle konjunkturelle Dynamik als auch die strukturellen Hindernisse stehen dem wohl entgegen.

Wenngleich sich im Moment keine Rezession am  amerikanischen Konjunkturhimmel abzeichnet, signalisieren die Konjunkturbarometer eine deutliche Abkühlung. Insbesondere im verarbeitenden Gewerbe haben sich diverse Frühindikatoren zum Teil deutlich verschlechtert.

Der von Präsident Donald Trump initiierte Handelsstreit mit China respektive Europa hinterlässt deutliche Bremsspuren. Erschwerend kommt hinzu, dass die Lohnsteigerungen in den USA mittlerweile die 3-Prozent-Marke überschritten haben und damit das Produktivitäts-wachstum (um die 1 Prozent) signifikant übersteigen.

Auf «Geduld» eingeschwenkt

Angesichts der schwachen Inflation besteht kaum Spielraum für Preisüberwälzungen. Das schlägt auf die Gewinnmargen der Unternehmen durch. Der private Verbrauch trägt allerdings zu einem Wachstum über der 2-Prozent-Marke bei, nach knapp 3 Prozent 2018.

Ein schwächeres Wachstum lässt einen nachhaltigen Zinsanstieg am langen Ende kaum zu, zumal auch die US-Notenbank gemäss ihrem Chef Jerome Powell auf «Geduld» eingeschwenkt ist. Da wird man in Europa wohl kaum höhere Zinsen erwarten können.

Strukturelle Hindernisse sprechen ebenfalls eine klare Sprache: Das globale Produktivitäts-Wachstum bleibt nach wie vor schwach, was wohl zu einer substantiellen Diskussion um einen deutlich niedrigeren Gleichgewichtszins seitens der Notenbanken geführt hat.

Kreative Destruktion

Ferner haben die substantiellen Aufkäufe von festverzinslichen Wertpapieren durch die Notenbanken die Preisbildung durch Angebot und Nachfrage völlig aus dem Lot gebracht. Eine Reduktion der Notenbankbilanzen ist auf die Schnelle nicht erkennbar. Die von den USA initiierten Handelsbeschränkungen lassen keine Gewinner zu.

Und, last but not least, künstliche Intelligenz wird zweifellos einen neuen Wirtschaftsboom auslösen. Im ersten Schritt wird man sich aber auf die von Joseph Schumpeter postulierte «kreative Destruktion», die eher Fragen, Ungewissheit und wachsende Verunsicherung mit sich bringt, einstellen müssen. Dies gilt umso mehr, als sich de facto alle Wirtschaftszweige dieser Runderneuerung werden unterziehen müssen.

Gut beraten

In der Summe bleiben Investoren gut beraten, sich weiterhin auf ein Niedrigzins-Umfeld auszurichten. US-Renditen um die 3 Prozent halten wir durchaus für attraktiv.

Gleichzeitig sollten Investoren sich zum einen auf ein aktiveres Portfoliomanagement ausrichten und zum anderen zusätzliche Rendite über Risikopapiere generieren, da die Dividendenrendite mancher Aktienpapiere auch nach dem langfristigen Kursanstieg der vergangenen Jahre zum Teil noch deutlich über der von festverzinslichen Wertpapieren liegt.


wenzel franz 134 192Franz Wenzel gehört seit Oktober 2016 dem Team ‹Multi Asset Client Solutions› von Axa Investment Managers an. Seit Mai 2012 koordinierte er als Chefstratege die Abteilungen makroökonomische Forschung und Investment-Strategie. Zwischen 2005 und 2010 war er stellvertretender Direktor der Abteilung Research & Investment. Wenzel stiess Ende 1997 als Senior Investment Strategist zu Axa IM und war verantwortlich für die makroökonomische Analyse der Eurozone und daran angrenzender Länder. Ab 2000 beschäftigte er sich schwerpunktmässig mit dem weltweiten Aktienmarkt und Rohstoffen als Anlageklasse.

Zuvor hatte er drei Jahre als Chief Investment Officer für das Bankhaus Metzler in Frankfurt/Main gearbeitet. Zu Beginn seiner Karriere war er als Marktstratege und Produktentwickler bei der Commerzbank in Frankfurt/Main tätig gewesen. Von 1985 bis 1988 hatte er einen Lehrauftrag im Fach Banking and Finance an der Universität Würzburg, Deutschland, wo er 1989 in Betriebswirtschaft promovierte.

 

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