Genau. Aber die Lösung könnte genauso gut sehr simpel aussehen: Die EU könnte sagen, dass dies kein italienisches oder französisches Problem, sondern ein europäisches ist. Und dass man darum gemeinsam die Kosten tragen sollte. Ich bin nicht sicher, ob dies geschehen wird, aber es wäre eine mögliche Lösung.

Erwarten Sie zusätzliche Zinssenkungen in der Eurozone oder in der Schweiz?

Nein. Normalerweise entfaltet eine Zinssenkung ihre volle Wirkung erst nach ungefähr zwölf Monaten. Bis dann könnte die Krise schon vorbei sein.

«Das wichtigste ist, dass die Regierungen Massnahmen zur Unterstützung der Wirtschaft treffen»

Angesichts der Tatsache, dass die Zinsen schon so tief sind, kann man sie gar nicht mehr um viel reduzieren. Die Massnahmen der EZB und der EU Bankregulatoren, welche auf eine Unterstützung der Ausleihen durch Banken und eben nicht auf eine Zinssenkung setzten, waren sehr gut.

Abgesehen von diesen Massnahmen aber waren es vor allem die Mitgliedländer der EU, welche den Lead übernommen haben. Warum ist das so?

Die Krise ist wie ein Herzinfarkt der Realwirtschaft, und eben nicht des Finanzsektors. In 2008 war es genau umgekehrt. Damals war die Angst gross, dass die Gegenparteien nicht mehr liquide sind und deshalb wurde Liquidität gebunkert. Die heutige Situation ist komplett anders gelagert.

Das wichtigste jetzt ist, dass die Regierungen Massnahmen zur Unterstützung der Wirtschaft treffen. Die Massnahmen, welche Zentralbanken treffen können, sind grundsätzlich technokratischer Natur und darum viel schneller getroffen also solche fiskalischer Natur, die aus Prinzip politisch sind.

Was sollte die SNB diese Woche ihrer Meinung nach tun?

Ich gehe davon aus, dass sie nicht viel unternehmen wird. Sie wird wohl sagen, dass sie bereitsteht zu handeln, falls es nötig wird. Die Erfolgsbilanz der SNB in Bezug auf das Handling von Krisen ist sehr gut.

«Die makroökonomischen Unsicherheiten reduzieren den Reiz von Bankenfusionen»

Aber da so viele Akteure in Schweiz über die Negativzinsen besorgt sind, ist es kaum besonders zielführend, jetzt die Zinsen noch weiter zu senken.

Wird die Coronakrise in der Finanzwelt zu einer Konsolidierungswelle führen?

Europa ist im Prinzip «overbanked». Darum haben die europäischen Banken auch mit ihrer Profitabilität zu kämpfen. Die Krise wird einen Impuls für eine weitere Konsolidierung geben. Grosse Banken haben einen Vorteil, was die Kosten anbelangt.

Andererseits muss man sicherstellen, dass ein möglicher Übernahmekandidat auch gesund ist. Mit massiven makroökonomischen Unsicherheiten wie jetzt gerade reduziert sich auch der Reiz von Bankenfusionen.


Stefan Gerlach ist Chefökonom bei der EFG Bank in Zürich. Von 2011 bis 2015 war er Vize-Präsident der Irischen Zentralbank und nahm an den Sitzungen des EZB Governing Council teil.

Vor seiner Zeit bei der Irischen Zentralbank war Gerlach Professor in Monetary Economics und Managing Director des Institutes for Monetary and Financial Stability an der Goethe Universität in Frankfurt. Er war auch Mitglied der Expertengruppe in Geldpolitik des Europäischen Parlaments.

Von 2005 bis 2007 arbeitete Gerlach als Sekretär des Komitees zum Globalen Finanzsystem am BIZ in Basel. Von 2001 bis 2004 arbeitete er als Exekutivdirektor und Chefökonom der Hong Kong Monetary Authority und Direktor des Hong Kong Institute for Monetary Research.

Gold hat mit 2'400 Dollar ein neues Allzeithoch erklommen. Ist dies der Anfang einer nachhaltigen Hausse?
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