Natürlich hätten die Lockdowns zu einem Zeitverlust bei der Realisierung von Projekten geführt und das Erreichen einiger Ziele erschwert. Corona nun aber als Ausrede zu nehmen, diese Ziele aus den Augen zu verlieren, wäre völlig falsch, sagt Responsability-Chef Rochus Mommartz im Interview mit finews.ch.


Herr Mommartz, die meisten Finanzinstitute haben innert kurzer Zeit eine ESG-Produktepalette aufgebaut. Doch nicht alles ist so nachhaltig, wie es verkauft wird. Drängt die Branche nun auch ins Impact Investing vor?

Ja und wir beobachten – wie im ESG-Bereich das «Green Washing» – eine Zunahme an sogenanntem «Impact Washing». Sie werden vielleicht überrascht sein, dass ich den Eintritt der neuen Marktteilnehmer nicht nur negativ beurteile. Die Zunahme von «Impact Washing» ist ein Ausdruck des zunehmenden Interesses von Investoren am Thema «Impact Investing».

Was lässt sich daraus ableiten?

Die Investoren wollen mit ihrem Geld mehr erreichen als eine Rendite. Insofern mögen traditionelle Vermögensverwalter versucht sein, ihren Kunden etwas anzubieten, auf dem das Label «Impact» steht. Ob es auch ein echtes Impact Investment ist, steht auf einem anderen Blatt.

«Ein Portfolio mit kotierten Aktien kann kaum Impact Investing beinhalten, aber durchaus nachhaltig sein»

Was Responsability vor 20 Jahren angestossen hat, erreicht nun den Mainstream. Das ist grundsätzlich positiv.

...aber immer auch mit Fragezeichen behaftet.

Ich erachte es als grundsätzlich positiv, dass sich die Asset-Management-Industrie dem Thema nun annimmt. Was man jedoch beachten muss: Impact Investing auf Privatmärkten, also in den Segmenten Private Debt oder Private Equity in Entwicklungsländern, in denen der Kapitalzugang knapp ist, hat schon als Ausgangspunkt eine grössere Wirkung als der Kauf- und Verkauf gelisteter Instrumente.

Können Sie das noch genauer erklären?

Ein Portfolio mit kotierten Aktien kann insofern kaum Impact Investing beinhalten, aber durchaus nachhaltig sein.

Fällt es Responsability damit schwerer, sich gegenüber dem Mainstream zu differenzieren?

Nein, bereits unsere Herangehensweise ist ein Differenzierungsmerkmal: Unsere Anlagen in den Entwicklungsländern sind quasi handverlesen. Wir können unser Portfolio nicht aus existierenden Wertschriften zusammenstellen.

Responsability investiert in erster Linie in Entwicklungsländern, also am unteren Ende der Einkommenspyramide, wo ein Investment auch effektiv einen positiven Effekt auf das Wohlergehen und das Einkommen der Menschen hat.

Wie belegen Sie das gegenüber den Investoren?

Wir müssen natürlich ein genaues Reporting liefern, das gehörte von Beginn an zur DNA von Responsability. Die Methodik dieses Reporting entwickeln wir kontinuierlich weiter. Eine Herausforderung von Impact Investments ist tatsächlich die Messbarkeit. Da wir traditionell sehr stark im Klimabereich tätig sind, ist dieser Teilbereich des Reportings für uns sehr wichtig und weit entwickelt.

«Da müssen wir einerseits realistisch sein und auch eine Güterabwägung vornehmen»

Ein weiterer Vorteil ist: CO2-Reduktionen sind messbar und entsprechend relativ einfach nachzuweisen. Themen im Bereich des Sozialen sind dagegen schwieriger messbar. Da müssen wir einerseits realistisch sein und auch eine Güterabwägung vornehmen: Wie hoch kann die Qualität eines solchen Reportings sein, und kostet die Erstellung letztlich nicht zuviel Rendite zu Lasten der Investoren?

Wie verlief das Corona-Jahr 2020 für Sie?

In der ersten Jahreshälfte spürten wir einen massiven Rückgang der von Responsability mitfinanzierten Wirtschaftstätigkeit, also von Kleinunternehmen in Entwicklungsländern. Gleichzeitig zeigten sich auch die Investoren sehr zurückhaltend. Im zweiten Halbjahr gelangten wir aber rasch wieder auf ein normales Niveau bei unseren Investitionsflüssen und sahen auch wieder ein stärkeres Interesse der Investoren.

Mit den Renditen auf unseren Anlagen per Ende 2020 sind wir sehr zufrieden; das hätten wir im April 2020 so nicht erwartet. Für unsere Investoren besonders positiv war, dass sich unsere Anlagen als widerstandsfähig erwiesen haben.

Wie haben sich die verwalteten Vermögen entwickelt?

Sie haben sich übers Jahr praktisch nicht verändert. Zwei Dinge sind uns positiv aufgefallen: Die Investoren haben realisiert, dass Impact Investing relativ krisenresistent ist.

«Wir haben reagiert»

Der andere Punkt: Viele Investoren zogen trotz höherer Risiken ihre Gelder nicht ab, weil das Bewusstsein vorhanden war, dass dies in Bezug auf einen angestrebten Impact der schlechteste Moment gewesen wäre.

Wie waren die Renditen?

Für ein Jahr mit einem Effekt wie die Corona-Pandemie waren die Renditen zufriedenstellend und durchwegs positiv. Dabei spreche ich vom Private-Debt-Bereich. Im Private-Equity-Bereich war die Entwicklung des Portfolios noch positiver, aber hier sprechen wir von einem gestiegenen Net Asset Value, nicht von einer realisierten Rendite.

Responsability war von der Corona-Pandemie direkt betroffen. Sie haben im vergangenen Sommer auch Stellen abgebaut.

Wir haben reagiert, weil einerseits die Unsicherheit doch sehr hoch war, und wir andererseits sehen konnten, dass für 2020 geplante Projekte nicht mehr zustande kommen würden. Das hat sich geändert. Wir arbeiten derzeit in einem sehr stabilen Umfeld und in einer interessanten Phase, in der wir viele Chancen sehen.

«Das Gewerbe litt massiv unter den Lockdowns, die grossen Konzerne funktionierten dagegen sehr gut»

Bei den wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie hat sich eine Entwicklung akzentuiert: Eine Umverteilung von unteren Einkommensschichten zu oberen. Oder anders gesagt: Das Gewerbe litt massiv unter den Lockdowns, die grossen Konzerne funktionierten dagegen sehr gut.

Bemerken Sie bei Responsability eine höhere Nachfrage nach Finanzierungen?

Sie sprechen ein Phänomen an, dass vor allem in den entwickelten Ländern sichtbar und von den Kapitalmärkten und Technologieunternehmen getrieben wird. Das ist auf die Entwicklungsländer, in denen wir tätig sind, nicht eins zu eins übertragbar.

Warum?

Die Verschiebung von Wohlstand, wie das global zu beobachten ist, findet dort nicht in dem Ausmass statt.

Warum ist das so?

Weil viele dieser Länder noch sehr stark auf Agrarwirtschaft und auf den informellen Sektor abstützen und diese Bereiche haben auch im Lockdown produziert.

Der ESG- und Impact-Investing-Trend hat erst mit dem Bekenntnis zu den Sustainable Development Goals der Uno an Fahrt aufgenommen. Glauben Sie, dass die Corona-Pandemie ein Erreichen dieser Ziele in weite Ferne gerückt hat?

Nein. Die Nachhaltigkeitsziele der Uno sind ohnehin sehr ambitioniert, was auch richtig ist. Natürlich haben die Lockdowns zu einem Zeitverlust bei der Realisierung von Projekten geführt und das Erreichen einiger Ziele erschwert. Corona nun aber als Ausrede zu nehmen, diese Ziele aus den Augen zu verlieren, wäre völlig falsch.

«Ja, es kommen vermehrt Banken auf uns zu»

Gerade im Klimabereich tickt die Uhr – da bleiben wir als Impact Investor in der Pflicht, zum Erreichen der Ziele beizutragen.

Erhalten Sie von Banken vermehrt Anfragen, weil diese Unternehmen Angebotslücken im ESG- und Impact-Bereich füllen müssen?

Ja, es kommen vermehrt Banken auf uns zu. Die Nachfrage richtet sich dann vor allem auf Produkte oder Investmentlösungen im nicht-kotierten Bereich und mit einem klaren Impact für das Klima oder im sozialen Bereich.

«Responsability hat eine Niederlassung in Oslo»

Was auffällig ist: Die Banken sind bezüglich Nachhaltigkeits- und Impact-Themen sehr viel anspruchsvoller geworden und sensibler gegenüber Themen wie Green- und Impact Washing.

Wie gross ist Ihr Bankpartner-Netzwerk?

Das zieht sich von der Schweiz über Deutschland und die Benelux-Länder bis nach Skandinavien. Responsability hat eine Niederlassung in Oslo, und wir haben in den nordischen Ländern eine ganze Reihe von Bankenpartnern.

Responsability wird eigentlich immer noch als Mikrofinanz-Manager wahrgenommen...

...dabei waren wir das von Beginn an eigentlich nie ausschliesslich, sondern haben relativ agnostisch verschiedene Impact-Themen abgedeckt, etwa im Gesundheits- und Medienbereich.

Vor etwa fünf Jahren kamen wir dann zum Schluss, dass wir uns auf Gebiete fokussieren sollten, für die es stets genügend grosse Pipeline an möglichen Projekten gibt. Das sind gegenwärtig Climate Finance, nachhaltige Landwirtschaft und Financial Inclusion. Für diese Bereiche haben wir Private-Debt- sowie Private-Equity-Produkte.


Rochus Mommartz ist seit Anfang 2016 CEO des Schweizer Vermögensverwalters Responsability Investments. Das Unternehmen ist spezialisiert auf Anlagen in Schwellenländern. Mommartz verfügt über mehr als 25 Jahre Erfahrung im Bankwesen sowie in den Bereichen Private-Debt- und Private-Equity-Investitionen in Schwellenländern. Er begann seine Karriere als Berater und arbeitete in mehr als 40 Entwicklungsländern, wo er regulatorische Rahmenbedingungen für Finanzintermediäre entwarf und implementierte und Mikrofinanz- und KMU-Banken von Grund auf aufbaute. Er ist seit der Gründung von Responsability für das Unternehmen tätig und initiierte den Bereich Equity Investments. Er hat einen MSc. in Volkswirtschaftslehre von der Freien Universität Berlin.

 

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.56%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.91%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    27.97%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.03%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.54%
pixel