Was genau bewegt Anleger? Datenanalysen des US-Fondsriesen Vanguard in einem der grössten Retailkunden-Portfolios der Welt gewähren spannende Einblicke, aus denen sich Einiges lernen lässt.

«Bei Marktbewegungen von plus oder minus 2,5 Prozent pro Woche stellen wir fest, dass sich die Kunden vermehrt in ihre Accounts einloggen», erklärt Andreas Zingg, Schweiz-Chef des weltweit zweitgrössten Vermögensverwalters Vanguard, im Gespräch mit finews.ch.

Diese Resultate gehen aus Untersuchungen des US-Privatkundenportfolios vom amerikanischen Fondsriesen hervor – doch die Ergebnisse könnten auch auf Europa übertragen werden.

«Ab Marktbewegungen von mehr als 5 Prozent pro Woche neigen Privatkunden dazu, anzufangen zu handeln», führt Zingg weiter aus. Und genau an dieser Stelle müssten Finanzdienstleister ihren Privatkunden mit Rat und Tat zur Seite stehen.

Effektives Coaching

«Halte den Kurs, versuchen wir den Kunden bei solchen Marktbewegungen ins Gewissen zu reden», sagt Zingg. Denn prozyklisches Verhalten gefährde den langfristigen Anlageerfolg. «Buy high, sell low» lautet da das Motto von falschem Anlegerverhalten, weil Investoren die richtigen Einstiegs- oder Ausstiegs-Zeitpunkte zumeist verpassten, erklärt der Schweiz-Chef des ETF-Anbieters weiter.

Das Coaching von Vanguard habe grossen Erfolg, betont Zingg. «Wir haben bei unseren US-basierten Privatinvestoren während der Corona-Krise im Frühjahr 2020 klar gesehen, dass Disziplin gehalten wurde. Rund 90 Prozent der Anleger haben trotz der adversen Märkte keinen Handel betrieben», betont der Schweiz-Chef.

Das, was gehandelt wurde, sei eher auf ein Rebalancing, also auf Anpassungen bei den Portfolioanteilen, zurückzuführen gewesen. «Diesen Trend haben wir auch in Europa beobachtet», bestätigt Zingg.

Gleiches Verhalten in der Krise

Doch die Analyse eines grossen Privatkunden-Portfolios fördert noch mehr Interessantes als nur das Handelsverhalten zu tage. Gemäss Vanguard-Anaylsen loggten sich rund 60 Prozent der Privatkundschaft über einen Desktop-Computer ein. Rund 30 Prozent kamen über die Mobile-App zum ETF-Anbieter und rund 10 Prozent nutzten zwar ihr Smartphone, aber über einen Browser.

Selbst die Coronavirus-Pandemie konnte diesem Verhalten nichts anhaben – die Anteile des Nutzungszugangs veränderten sich nicht, obwohl sich während der Marktturbulenzen rund 10 Prozent mehr Kunden als üblich einloggten. «Die Anteile des Zugangsweges verändern sich proportional zur erhöhten Aufmerksamkeit», schlussfolgert Vanguard.

Renditen nicht gefragt

Und was haben die Privatinvestoren gemacht, nachdem sie sich etwa während der Markteinbrüche zum Beginn der Coronavirus-Pandemie in ihre Konten angemeldet haben? Nur ein Prozent der US-Privatkunden hätten ihre Portfolioaufteilung überprüft, heisst es. Vielmehr schauten sich die Investoren ihre aktuellen Kontostände sowie die Informationen zu ihren Einzel-Investitionen genau an.

Dieses Verhalten reichte von 45 Prozent unter jenen, die sich über den Desktop angemeldet hatten, bis hin zu 29 Prozent jener Kunden, die einen Mobilbrowser benutzt hatten.

Informationen zu einzelnen Performance-Entwicklungen vor- und nach dem Peak waren aber laut der Auswertung kaum Klicks wert. Die meisten Investoren waren also «nur» an ihrer aktuellen Vermögenssituation interessiert.

Kaum Trades 

Einige Investoren, nämlich rund 16 Prozent,  bereiteten während der Marktturbulenzen über ihre Desktop-Computer konkrete Trades vor. Allerdings wurden nur zirka 12 Prozent der Order tatsächlich bestätigt. Vor der Coronavirus-Pandemie wollten gemäss Vanguard rund 8 Prozent handeln, während nur knapp 5 Prozent der Trades ausgeführt worden waren.

Das Fondshaus schlussfolgert daraus, dass bei Marktvolatilität das Interesse an den Investments steigt, und Investoren auch neue Trades planen. Letztlich würden diese aber häufig nicht ausgeführt. Die Portfolio-Verteilung sowie die persönliche Performance erhalten während Marktkapriolen kaum Aufmerksamkeit.

Private handeln wie Profis

Das ist eigentlich eine gute Nachricht, denn zirka 90 Prozent der Performance eines Portfolios geht laut Studien auf die Verteilung über unterschiedliche Anlageklassen zurück. Diese wurde in wilden Marktphasen nicht angefasst, was auf professionelles Anlegen unter den Retailkunden schliessen lässt.

Und mehr als 80 Prozent der «Cash-Paniker», also jene Kunden, die während des Beginns der Coronavirus-Pandemie wie angestochen ihre Portfolios verkauft und auf Bares umgestellt hätten, wären besser gefahren, wenn sie bei ihren Investments vom Februar 2018 geblieben wären, gibt Vanguard ein weiteres Geheimnis der Privatkunden-Portfolios preis.

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