In welche Richtung sich Blackrock beim Thema ESG auch bewegt, es hagelt Kritik von allen Seiten. Ein anderer Fondsriese hat bereits die wichtigste Finanzallianz zur Bekämpfung des Klimawandels verlassen.

Corporate-Finance-Experten sowie M&A-Anwälte aus führenden Anwaltskanzleien in aller Welt warnen, dass Streitigkeiten rund um das Thema ESG (Umwelt, Soziales und Unternehmsführung) zunehmen.

Welch Minenfeld unwelt- und sozialverträgliche Verantwortungsbereiche sind, offenbart sich dieser Tage vor allem rund um die Vorfälle beim US-Fondsriesen Blackrock.

Massiv unter Beschuss

Der weltgrösste Vermögensverwalter scheint es niemanden recht machen zu können, weder Anti-ESG-Kämpfern in republikanischen US-Bundesstaaten noch aktivistischen Investoren, die Blackrock-CEO Larry Fink vorwerfen, «offensichtlich heuchlerisch» auf nachhaltige Anlagen zu setzen. Die Medienschlagzeilen der vergangenen Monate ähneln zunehmend einem Spiessrutenlauf, dem sich der Starmanager stellen muss.

Klimafragen und Umweltrisiken zu ignorieren, ist keine Option für das von Fink geführte Institut. Als Grossinvestor kann es Einfluss auf zahlreiche Unternehmen ausüben und diese dazu anhalten, ESG-Prinzipien umzusetzen und so ihre Ökobilanz zu verbessern. Doch jeder Schritt scheint gegenwärtig das Risiko zu bergen, Politiker zu provozieren, die Blackrock Milliarden von Dollar entziehen können.

Milliardenhohe Abzüge

Anfang dieses Monats zog der US-Bundesstat Florida staatliche Investitionen von 2 Milliarden Dollar von Blackrock ab. Der Finanzbeauftragte des Staates erklärte: «Die Verwendung unseres Geldes zur Finanzierung des Social-Engineering-Projekts von Blackrock ist nichts, wofür sich Florida jemals entschieden hat».

Ähnliche Schritte haben Bundesstaten wie Louisiana, Missouri, South Carolina oder Utah umgesetzt oder angedroht, wie finews.ch berichtete. Auch mit Texas liegt Blackrock im Clinch. Wie die Schweizer Grossbank UBS rangiert der Vermögensverwalter in Texas auf einer Schwarzen Liste, in der er als Boykotteur der heimischen Ölindustrie gebrandmarkt wird, wie auch finews.ch meldete.

Aufruf zur Untersuchung

Vergangene Woche wiederum beschuldigte ein Bericht des Bankenausschusses des US-Repräsentantenhauses, der von republikanischen Mitarbeitern verfasst wurde, den Anlageriesen Blackrock, seine Stimmmacht auszunutzen. Er forderte eine Untersuchung darüber, wie der Asset-Manager Einfluss auf die Klimaschutzpläne von Unternehmen nimmt.

Neben Blackrock knüpften sich die Politiker gleich auch die beiden US-Finanzhäuser State Street und Vanguard vor. «Jede dieser Gesellschaften nutzt stolz das Stimmrecht, das sie durch das Geld ihrer Investoren erhalten, um liberale soziale Ziele zu fördern, die als ESG und DEI (Diversität, Gleichberechtigung und Integration) bekannt sind», heisst es im Report unter anderem.

Irrelevant für Anlegerinnen und Anleger

So monieren die Autoren: «Diese einst gutartig klingenden Konzepte sind politische Bewegungen, die sich von der finanziellen Leistung abkoppeln und, vielleicht nicht zufällig, auch in den Chefetagen der Unternehmen beliebt sind, wo Manager ‹Erfolg› in Angelegenheiten behaupten können, die für die Rendite der Anleger irrelevant sind».

Aufgrund solcher und ähnlicher Vorfälle sah sich Blackrock auch schon veranlasst, Gegensteuer zu geben, um seinen guten Ruf in Sachen Klimaschutz zu verteidigen und gleichzeitig beispielsweise seine Investitionen in Energieunternehmen hervorzuheben. So richtete Blackrock unlängst eine Webseite mit genau diesem Ziel ein. Unter anderem heisst es da in fetten Lettern: «Wir boykottieren die Energiewirtschaft NICHT».

ESG-Aktivisten fordern Finks Kopf

Solche Feststellungen wiederum scheinen am anderen Ende des Spektrums nicht besonders gut anzukommen. In Grossbritannien ging vergangene Woche der aktivistische Aktionär Bluebell Capital Partners an die Öffentlichkeit und forderte Fink zum Rücktritt auf.

Bluebell wirft dem Blackrock-Gründer vor, dass das Unternehmen Finks weithin publizierten Nachhaltigkeitsverpflichtungen nicht nachgekommen sei, unter anderem weil es mehrfach seine Positionen zu Kohle-Investitionen geändert habe.

Der Aktivist Bluebell hatte zuvor schon das Schweizer Luxusunternehmen Richemont im Visier. Im vergangenen Jahr führte er eine erfolgreiche Kampagne gegen den Lebensmittelmulti Danone, der zur Absetzung des Vorsitzenden führte, ebenfalls wegen Nachhaltigkeitsbedenken.

Grosse Investorinnen und Investoren ebenfalls unzufrieden

Während Bluebell ein verhältnismässig kleiner Aktionär von Blackrock ist, sind weitaus grössere Finanzakteure ebenfalls unzufrieden. So erklärte etwa im September der Rechnungsprüfer des Bundesstaates New York, er prüfe den Abzug milliardenhoher Anlagegelder, weil der Vermögensverwalter nicht genug tue, um Unternehmen zur Reduzierung ihrer Emissionen zu bewegen.

Blackrock ist der grösste Vermögensverwalter für drei Pensionsfonds der Stadt New York und verwaltete per Ende August rund 43 Milliarden Dollar. Diese drei Fonds haben sich das Ziel gesetzt, bis 2040 ein Netto-Null-Portfolio zu erreichen.

Die Krux für ESG-Befürworter: Blackrock ist unter anderem auch der mit Abstand grösste institutionelle Investor in fossilen Brennstoffe und hält mehr als 130 Milliarden Dollar in Aktien und Anleihen der grössten Öl- und Gasunternehmen. Auch im Kohleberich hat das Unternehmen Dutzende Milliarden investiert.

Herber Rückschlag für Klimaschutz

Für Blackrock-Chef Fink wird die Debatte rund um den Klimaschutz zunehmend ungemütlicher, da die Anlagepolitik von allen Seiten unter Beschuss gerät. Vor diesem Hintergrund bleibt zu hoffen, dass Blackrock einen längeren Atmen hat als einer seiner schärfsten Konkurrenten – und somit nicht dem Beispiel des Fondsriesen Vanguard folgt.

Mit einem verwalteten Vermögen von 7,1 Milliarden Dollar und mehr als 30 Millionen Kunden ist Vanguard nach Blackrock der zweitgrösste Vermögensverwalter weltweit. Die Gruppe erklärte vergangene Woche ihren Austritt aus der Initiative Net Zero Asset Managers.

Deren Mitglieder haben sich verpflichtet, bis 2050 netto keine Kohlenstoffemissionen zu verursachen. Mit seinem Ausstieg lässt der Fondsgigant seine Vorreiterrolle in der wichtigsten Finanzallianz zur Bekämpfung des Klimawandels fallen.

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